Samstag, 7. September 2019

Messebericht Köpenicker Whiskyfest Tag 1 (Berlin)

Köpenick ist inzwischen zu meinem absoluten Lieblingsstadtteil von Berlin geworden. Hier gibt es nette Menschen, eine sehr schöne Altstadt zwischen Dahme und Müggelspree, in der es deutlich gemütlicher zugeht als im Rest der Stadt, und meinen zweitliebsten Bundesliga-Verein. Anfang September gibt es aber noch ein weiteres Highlight in Köpenick, denn dann öffnet das Köpenicker Whiskyfest in der Freiheit Fünfzehn seine Pforten. Auch in diesem Jahr habe ich mich wieder gemeinsam mit meiner Frau auf den Weg gemacht, um die Atmosphäre auf einer der - bei gutem Wetter - schönsten Whiskymessen Deutschlands zu erleben. Bei strahlendem Sonnenschein konnte man bis in den Abend hinein im T-Shirt über das schöne Gelände direkt am Wasser schlendern und dabei jede Menge tollen Whisky genießen.


Nach einer kurzen Orientierungsrunde über die Messe machten wir zunächst bei Robin von der Villa Konthor Station, mit dem wir im Juni schon auf Rundreise durch Schottland unterwegs waren. Bei einem Plausch zu den vergangenen und zu den im nächsten Jahr anstehenden Reisen schenkte Robin meiner Frau und mir blind etwas ein, das er nach dem von uns gewünschten Geschmacksprofil auswählte. Für mich sollte es etwas Fruchtiges aus dem Bourbonfass sein, meine Frau entschied sich natürlich für eine Sherrybombe. Letztere hielt absolut, was sie versprach. Der elfjährige Glenlivet von Signatory Vintage aus dem First Fill Sherry Hogshead, der für The Nectar abgefüllt wurde, ist ein schöner, sehr Sherry-lastiger Whisky. Mit seiner Mischung aus Süße und Würze wirkt er trotzdem nicht überladen. Für mich gab es einen sehr filigranen 43 Jahre alten Speysider, der von The Auld Alliance für die Three Rivers Bar in Tokyo abgefüllt wurde. Diesem Whisky muss man viel Zeit im Glas geben, damit er sich wirklich entwickeln kann. Belohnt wird man dann mit einem Kompott aus hellen Früchten, viel Vanille und im Abgang etwas Eiche.


Als nächstes blieben wir beim Whisky Druiden Michel Reick hängen, der sich den Stand mit Olaf Fetting vom Whiskyhort teilte. Wenn Michel seine Fässer abfüllen lässt, bleibt häufig ein Rest. Sind das unter zehn Liter, dann kommt dieser Rest in sein Living Cask, das in Schottland vor sich hinschlummert und in dem schon unzählige Tropfen vereint wurden. Wenn es aber um die zwanzig Liter sind, dann dürfen diese in einem Octave, das fünfzig Liter fasst, weiterreifen. Da sich die Abfüllungen von Scotch Universe sehr gut verkaufen und somit der Bestand an aktuellen Bottlings sehr gering ist, hat Michel kurzerhand zwei seiner Octaves abfüllen lassen. Der Winter Solstice A.1 stammt aus dem First Fill Ruby Port Octave und bietet eine schöne Mischung aus Süße, Würze und Frucht. Der Winter Solstice A.2 hat sein Finish in einem First Fill PX Octave erhalten und wirkte für mich etwas zu überladen mit der Süße des Sherrys. In den Achtzigern habe ich als Kind Hustensaft bekommen, der sehr ähnlich schmeckte. Damals war der Hustensaft das Beste am Kranksein, so dass diese Assoziation durchaus positiv ist. Beide Tropfen haben ganz knapp die neun Jahre verpasst und stammen aus einer 1821 gegründeten Destillerie in der Speyside, bei der es sich wohl um Linkwood handeln dürfte.

Es gibt aber nicht nur Stände unter freiem Himmel, sondern auch noch einige Aussteller, die ihren Stand in einer kleinen Veranstaltungshalle aufgebaut haben. Hierzu gehört auch Cadenhead´s Berlin, die wieder mit einer großen Auswahl und ausgesprochen fairen Preisen punkten konnten. Hier entschied ich mich für einen 21 Jahre alten Glenrothes aus dem Sherry Cask. Trotz seines fortgeschrittenen Alters wird der Whisky weder vom Sherry noch von zu viel Eiche dominiert. Tatsächlich ist die Mischung aus roten Trockenfrüchten, einer ausgeprägten Würze und etwas Eiche im Abgang genau richtig. Mit EUR 99,- ist die Flasche nach heutigen Maßstäben dazu auch noch sehr preiswert. Meiner Meinung nach ist die tolle Abfüllung jeden Cent davon absolut wert!

Auf der folgenden Runde über die Messe machten wir bei Slyrs Station. Hier bekam ich endlich die Gelegenheit, die neue Mountain Edition zu testen, die vier Jahre lang in 1.501 Metern Höhe in den Alpen reifte. Man wollte mit diesem Experiment herausfinden, wie sich der Hohe Temperaturunterschied zwischen Sommer und Winter in dieser Höhe auf die Reifung des Whiskys auswirkt. Herausgekommen ist ein Tropfen, der in der Nase vor allem Kräuter und florale Aromen bietet, am Gaumen dann aber überraschend süß ist. Das Experiment ist gelungen, wird aber wahrscheinlich - auch aufgrund der Vorurteile gegen deutschen Whisky - nicht jedem gefallen. Einem anderen Extrem ist der Sild ausgesetzt, denn dieser reift auf einem Schiff auf der Nordsee im Hafen von List auf Sylt. Gibt man ihm etwas Zeit im Glas, bekommt man eine schöne Mischung aus Salz, Süße und leichtem Torfrauch. Zuletzt gab es für mich noch eine Einzelfassabfüllung mit Sauternes-Finish. Nach fünf Jahren im Fass bietet dieser sehr kraftvolle Whisky eine angenehme Mischung aus Kräutern, Früchten und Süße.

Am Stand vom Leipziger Whisky Kontor entschied ich mich für einen elf Jahre alten Glen Elgin mit einem Finish im Tawny Port-Fass vom unabhängigen Abfüller Lady of the Glen. Ich gestehe, dass ich mir diesen Whisky vor allem wegen der ungewöhnlichen Farbe habe einschenken lassen. Geschmacklich wandelt er irgendwo zwischen ungewöhnlich, speziell und lecker, denn nicht nur in der Optik wirkt der Whisky wie ein trüber Fruchtsaft, auch am Gaumen denke ich an einen hochprozentigen Fruchtsaft aus allen möglichen dunkeln Früchten. Das Probieren hat sich gelohnt, eine ganze Flasche davon muss ich nicht zwingend haben. Damit war es nun Zeit für das Finale des Abends, für das wir bereits vorab ein Tasting bei Klaus Pinkernell auf der Barkasse Togo gebucht haben. Diese Entscheidung war goldrichtig, denn die Veranstaltung, bei der vier der sechs neuen Abfüllungen von Claxtons vorgestellt werden sollten, war restlos ausverkauft. Ausgelegt auf zwölf Teilnehmer waren es letztlich sogar achtzehn Gäste, die sich auf das kleine Schiff begaben. Für meine Begriffe war es damit leider etwas zu voll, so dass wir von unseren Plätzen aus Klaus zwar hören, aber nicht sehen konnten.


Das änderte jedoch nichts daran, dass es Whisky in von Claxtons gewohnt hoher Qualität ins Glas gab. Wir starteten mit einem elf Jahre alten Glen Moray aus dem Bourbonfass, der mit den für diese Reifung typischen Vanille- und Karamellaromen in Kombination mit Apfel und Birne zu überzeugen wusste. Dieser für eine Fassstärke recht leichte Whisky ist der optimale Einsteiger in ein Tasting. Mein persönliches Highlight folgte dann mit einem 23 Jahre alten Tropfen aus der Speyside Distillery, der im Sherry Butt reifen durfte. Hier bekommt man eine schöne Mischung aus roten Früchten, einer dezenten Würze und viel Karamellsüße. Es folgten noch zwei torfige Abfüllungen, wobei das Epizentrum des Torfs - die Insel Islay - jedoch ausgespart wurde. Wobei das nicht so ganz stimmt, denn der zehn Jahre alte Ardmore reifte in einem Peated Islay Cask und bot somit eine Mischung aus Torf und viel Süße, beim abschließenden zwölf Jahre alten Ledaig aus dem Hogshead stammt zumindest die Gerste aus Port Ellen auf Islay.

Danach machten wir uns langsam auf den Weg zu unserem zum Glück nur wenige Gehminuten entfernten Hotel, wo wir dann leider noch die beiden letzten Gegentore im Länderspiel gegen die Niederlande mit ansehen mussten. An diesem Wochenende soll aber der Whisky im Vordergrund stehen, so dass die Niederlage schnell wieder vergessen war. Zu groß ist die Vorfreude auf den zweiten Messetag, als dass wir uns durch ein Länderspiel die Laune vermiesen ließen. Schließlich warten auch am zweiten Tag neben bestem Wetter noch Highlights wie das Whisky & Schokolade Tasting mit der Villa Konthor.

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