Sonntag, 18. November 2018

Tasting: Compass Box - Die Innovation von Tradition auf dem Bottle Market

Auch am dritten Messetag hat der Bottle Market in Bremen noch einiges zu bieten, für die Besucher natürlich vor allem den Vorteil, dass es bei weitem nicht mehr so voll ist, wie es am Messesamstag war. Aber auch in der sogenannten Tasting Corner war natürlich am Sonntag noch Betrieb. Meine Frau und ich entschieden uns diesmal für ein Tasting von Compass Box, das unter dem Motto "Die Innovation von Tradition" von Gerd Schmerschneider, Geschäftsführer vom deutschen Importeur Prineus, durchgeführt wurde. Neben der neuesten Abfüllung aus der Standard Range erwarteten uns drei limitierte Whiskys der Londoner von Compass Box, die sich auf geblendete Whiskys spezialisiert haben.


Nach einer kurzen Einführung, bei der Gerd uns erläuterte, dass die Prineus GmbH vorrangig Whiskys von kleinen, aber qualitativ gut ausgewählten Firmen importiert, ging es gleich hinein ins Reich von Compass Box. Zur Standard Range bei Compass Box gehörten bisher der Oak Cross, der Spice Tree und das Peat Monster, seit diesem Jahr zählt mit dem Spaniard nun eine vierte Abfüllung zu diesem Kreis. Dies ist der erste Whisky bei Compass Box, der extrem sherrylastig ist. Beim ersten Batch wurden 48% Whiskys verwendet, die in Sherryfässern reiften, dazu kommen 25% Whiskys, die aus spanischen Rotweinfässern stammen. Die für diesen Blended Malt genutzten Fässer stammen von Glen Elgin, Clynelish, Dailuaine, Teaninich und Deanston.

John Glaser, der Inhaber von Compass Box, hat vor Jahren angefangen, Whisky in seiner eigenen Küche zu blenden. Zwangsläufig hat dies natürlich zu Auseinandersetzungen mit seiner Frau geführt, die ihn schließlich dazu bewegen konnte, sich eigene Büroräume anzumieten, um die unzähligen Sampleflaschen endlich aus der Küche zu verbannen. Zwar bringt John noch immer regelmäßig Arbeit in Form von Samples mit nach Hause, aber der Familienfrieden wurde offenbar wieder hergestellt. Der Spaniard ist übrigens dadurch entstanden, dass John eine Tour durch Südspanien machte, um sich verschiedene Bodegas anzusehen, in denen Sherry hergestellt wird. An einem Abend in einer kleinen Bar lernte er dann einen älteren Spanier kennen, der ihm allerhand über Sherry und Rotwein erzählte. Leider hat John sich keine Kontaktdaten geben lassen, das Gespräch hat aber soviel Eindruck hinterlassen, dass er nun seinen neuesten Whisky nach dem Unbekannten benannt hat.

In der Nase besticht der Spaniard zunächst durch sehr ausgeprägte Sherry- und Rotweinnoten, am Gaumen gibt es dann einen schönen Beerencocktail mit sahniger Vanille und vielen Beeren. Ein genaueres Geschmacksprofil liefere ich in Kürze gerne in einem gesonderten Beitrag auf Drams United, da ich mir nach dem Tasting eine Anbruchflasche sichern konnte. Es folgte dann die erste limitierte Abfüllung mit dem Delilah´s XXV, der bereits zweiten Abfüllung für den gleichnamigen Punkrock-Club in Chicago, die eben diesmal zum 25jährigen Jubiläum erschien. Hierbei handelt es sich um einen Blended Scotch, also einen Whisky, der auch Grain-Anteile enthält. Für diese Abfüllung wurde etwas von dem ursprünglichen Delilah´s überbehalten und mit sherry-lastigen Fässern verblendet. Dies ergab in der Nase fruchtig-süße Noten mit Karamell und Apfel, am Gaumen kommen vor allem Rosinen und Apfelstrudel mit Vanillesauce zum Vorschein.

Der Juveniles wurde für eine Weinbar in Frankreich abgefüllt und hat als besonderes Gimmick ein kleines Glöckchen im Flaschenboden, was ihn zu einem optimalen Weihnachtswhisky macht. Für die Abfüllung, die knapp 15.000 Flaschen hergegeben hat, wurden fast ausschließlich Ex-Bourbonfässer verwendet, Sherryfässer wurden hier nur marginal verwendet. Überhaupt ist das Fassmanagement für Compass Box extrem wichtig. Vorrangig werden First Fill Fässer verwendet, was aber natürlich nicht ausschließlich möglich ist. In der Nase ist der Whisky sehr süß mit Toffee, Vanille, Banane und Birne, am Gaumen ist er sehr weich und rund und wird durch Apfelmus und helle Tropenfrüchte ergänzt.

Das Finale bestritt dann die bereits sechste Edition des Flaming Heart, von dem insgesamt 15.050 Flaschen mit 48,9% abegefüllt wurden. Der Hauptmarkt für diese und alle anderen Abfüllungen von Compass Box ist übrigens nicht Europa. Die meisten Flaschen gehen in den USA über die Ladentheke. Der Flaming Heart, laut Compass Box "A Whisky like a Rock Song", basiert vorrangig auf Caol Ila und Clynelish und bietet in der Nase vor allem speckigen Rauch mit einigen exotischen Früchten im Hintergrund. Am Gaumen geht es dann deutlich süßer zu, als ich erwartet hätte. Zunächst kommen Karamell und Zuckerwatte zum Vorschein, erst wenn der Whisky den Mundraum schon verlassen hat, kommt plötzlich das tolle Raucharoma zum Vorschein. Eine Abfüllung, die mich sehr überzeugt hat!

Die Runde, die sich an diesem Sonntag zum Tasting eingefunden hat, war recht überschaubar, und auch Gerd hatte spürbar schon zwei lange Messetage in den Knochen. Trotzdem war das Tasting extrem unterhaltsam und gleichzeitig auch sehr informativ. Ich persönlich bin ein großer Fan von gut gemachten Blends. Wer aber Vorurteile hat, sollte sich einfach mal einen Compass Box einschenken lassen. Das hilft, um den Glauben in gute Blends zu gewinnen! Mein ganz herzlicher Dank geht an Gerd für diesen tollen Sonntagmittag, der statt klassischem Sonntagsbraten einfach mal vier tolle Blends bereithielt. Ich freue mich auf weitere Abfüllungen von Compass Box!



Übersicht der verkosteten Whiskys:

Compass Box - The Story of the Spaniard, Blended Malt Scotch Whisky, 43%, ca. EUR 43,-
Compass Box - Delilah´s XXV, Blended Scotch Whisky, 46%, ca. EUR 109,-
Compass Box - Juveniles, Blended Malt Scotch Whisky, 46%, ca. EUR 109,-
Compass Box - Flaming Heart 6th Edition, Blended Malt Scotch Whisky, 48,9%, ca. EUR 139,-

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