Freitag, 22. November 2019

Messebericht Bottle Market Bremen 2019 Tag 2 und 3

Vor Kurzem habe ich bereits vom Freitag auf dem diesjährigen Bottle Market berichtet, heute geht es um den zweiten und dritten Messetag. Vorwegnehmen kann ich schon einmal, dass auch drei Tage auf der Messe nicht ausgereicht haben, um alles zu probieren, was mir an spannenden Abfüllungen über den Weg gelaufen ist. Am Samstag stand allerdings ein Tasting mit den Neuheiten von Compass Box auf dem Programm, am Sonntag hatten meine Frau und ich für das Sansibar-Tasting entschieden. Zunächst gab es aber an beiden Tagen ein ausgiebiges Frühstück bei der Back-Factory direkt neben unserem Hotel, was, wie wir später erfuhren, die deutlich bessere Alternative zum Hotelfrühstück war. Gut gestärkt konnten wir so an beiden Tagen direkt zur Messeöffnung auf dem Gelände sein, um die Zeit möglichst effektiv auszunutzen.

Der Samstag begann für mich am Stand von Vibrant Stills, wo ich den neuen Hyde No. 8 probieren konnte. Dieser irische Blended Whiskey hat ein Finish im Stout-Fass erhalten, welches deutliche Spuren hinterlassen hat. Während der Whiskey zunächst recht mild und süffig wirkt, kommt dann nach einigen Sekunden das Stout ganz klar zum Vorschein. Diese Kombination hat mir ausgesprochen gut gefallen, dabei ist der Tropfen mit rund EUR 30,- auch noch sehr günstig zu haben. Da meine Frau nicht sofort mit einem Whisky starten wollte, entschied sie sich zeitgleich zunächst für einen Cocktail am Stand von Kirsch Whisky. Der White & Ginger mit dem weißen Rum Clairin Communal wurde mit Ginger Beer und einem Spritzer Limette aufgefüllt. Eine schöne Alternative zum klassischen Jameson & Ginger.

Wie im vergangenen Jahr hatte Kirsch Whisky einen Doppelstand, bei dem es auf der einen Seite Rum und auf der anderen Seite Whisky gab. So hatte ich es nicht weit zu meinem nächsten Dram, denn der Cotwolds aus dem Pedro Ximenez Sherry Butt, das nach vier Jahren exklusiv für Deutschland abgefüllt wurde, hat mich schon am Vortag gereizt. Für mich war dieser Whisky mit seinen intensiven Bitterschokoladennoten eines der Highlights der Messe. Beim anschließenden Compass Box-Tasting mit Gerd Schmerschneider vom deutschen Importeur Prineus wurde es aber nicht weniger spannend, denn wir bekamen dort die komplette Myths & Legends-Reihe in die Gläser. Zum 20-jährigen Jubiläum dieses unabhängigen Abfüllers wollte Macher John Glaser nämlich mit Mythen und Legenden, die sich um Whisky ranken, aufräumen. So geht jede der drei Abfüllungen genau gegen die in vielen Köpfen verankerte Denkweise.

Die erste Legende besagt, dass Whisky aus einer einzelnen Destillerie nicht geblendet wird, was natürlich falsch ist. So wurden für den Myths & Legends I 15, 16 und vorrangig 22 Jahre alte Fässer von Balblair miteinander vermählt. Geschmacklich geht es fruchtig-frisch mit Pfirsich, Apfel, Zitrus und Getreide zu. Beim Myths & Legends II geht es darum, dass es eben keinen typischen Speyside-Whisky gibt, weil die Vielfalt in dieser Region einfach viel zu groß ist. Whiskys von Glen Elgin im Alter zwischen 16 und 23 Jahren wurden hier vermählt, um fruchtige Apfel- und Zitrusnoten mit etwas Nuss, Rosinen und frischem Blätterteig zu verbinden. Diese beiden Abfüllungen waren übrigens die beiden ersten jemals von Compass Box abgefüllten Single Malts. Der Myths & Legends III soll zeigen, dass auch bekannte Namen nicht zu schade zum Blenden sind, denn hier sind neben Glen Elgin auch ein 23 Jahre alter Highland Park und ein 15 Jahre alter Caol Ila aus dem Sherryfass verwendet worden, wobei die beiden letzteren profilunterstützende Nebendarsteller sein sollen. In der Nase gibt es tropische Früchte und Karamell, erst am Gaumen kommt ein leicht rauchiger Unterton hinzu.

Den Abschluss des Tastings stellte der No Name 2 dar, der aus Caol Ila, Talisker und Clynelish besteht. No Name heißt er übrigens, weil sein Geschmack für sich spricht. Neben Rauch und Zitrusaromen in der Nase gibt es am Gaumen auch Zuckerwatte und eine dezente Fruchtigkeit. Mein absoluter Favorit des Tastings war jedoch der Myths & Legends II, weil er für meinen Geschmack einfach die größte Bandbreite und Komplexität bot. Nach dem Tasting ereilte mich dann ein Hilferuf vom Mackmyra-Stand. Der Andrang war so groß, dass ich knappe drei Stunden unterstützend hinter dem Stand mit im Einsatz war. Zwar bin ich bereits seit Sommer auch als Brand Ambassador für Mackmyra auf Tastings unterwegs, dies war jedoch mein erster Messeeinsatz. Es war sehr spannend, das Messe-Gewusel auch einmal aus dieser Perspektive zu sehen. Auf jeden Fall hat es geholfen, besser einschätzen zu können, wie anstrengend so ein Messetag auch für die Aussteller ist.

Den Abend ließen meine Frau und ich dann gemeinsam mit Malte von Malte Talks Malts, Carina und dem inzwischen ebenfalls in Bremen angekommenen Ralf im Hotel bei leckerem Bier ausklingen. Am Sonntag war es auf der Messe dann deutlich entspannter und man hatte an den Ständen mehr Zeit für Gespräche. Nachdem Bastian am Stand von Schlumberger, der übrigens auch zwei grandiose neue Einzelfässer von Penderyn dabei hatte, die ich hier in Kürze vorstellen werde, am Samstag von einem Fettercairn von Anam na h-Alba schwärmte, musste ich diesen natürlich unbedingt probieren. Von diesem Tropfen war ich extrem begeistert, denn ich hatte noch nie einen Whisky im Glas, der so stark nach Franzbrötchen - wer es nicht kennt: eine Hamburger Spezialität aus Blätterteig mit sehr viel Zimt - und süßem Apfelmus mit Vanille und Rosinen schmeckt. Da musste natürlich eine Flasche mit nach Hause!

Bei Scoma entschied ich mich dann für die diesjährige Weihnachtsabfüllung, einen zehn Jahre alten Dufftown aus dem Madeira-Fass mit einer feinen Mischung aus Frucht und Würze. Auch dieser Whisky gefiel mir sehr gut, aber zugegebenermaßen hätte es nach dem Fettercairn jeder Tropfen schwergehabt. Auch die diesjährige Messeabfüllung, ein 20 Jahre alter Glenrothes aus einem einzelnen Sherryfass wusste sehr zu überzeugen. Trotz seines fortgeschrittenen Alters war die Eiche sehr dezent und unterstrich eher die fruchtigen und würzigen Aromen mehr, als dass diese überdeckt werden würden. Das ist definitiv ein Whisky, mit dem man sich länger beschäftigen kann und sollte. Einen weiteren tollen Fettercairn gab es dann für mich als letzten Dram vor dem Tasting beim Whisky Druiden Michel Reick. Unter dem Label Best Dram hat er einen zehn Jahre alten Fettercairn aus dem First Fill PX Cask abgefüllt. Ich bin immer wieder überrascht, wie groß die Lücke zwischen den eher langweiligen Standards und den tollen Einzelfässern dieser Destillerie ist.

Zum Abschluss des wirklich gelungenen Wochenendes folgte dann ein letztes Tasting, diesmal war Sansibar der Gastgeber. Dabei sollten die unabhängigen Abfüller aus verschiedenen Ländern vorgestellt werden, für die Sansibar als Importeur in Deutschland auftritt. Los ging es mit dem Spica 29yo von North Star Spirits, dem Label von Iain Croucher, der früher für A.D. Rattray tätig war. Der Spica ist ein Blended Whisky, der nach dem 16.-hellsten Stern am Firmament benannt ist und hauptsächlich aus Sherryfässern stammt. Süßes Karamell, Apfel und viel rote Grütze sorgen für ein cremiges Mundgefühl. Es folgte ein 20 Jahre alter Ben Nevis aus dem Hogshead vom taiwanesischen Abfüller S-Spirit Shop, deren Inhaber der größte Macallan-Sammler der Welt ist. Neben einer leicht grasigen Note gab es vor allem Vanille, Apfel, Birne, Pfirsich und Shortbread. Problematisch ist nur der happige Preis von EUR 189,-, der durch die mehrfache Versteuerung in Taiwan und Deutschland zu Stande kommt. Etwas mehr Zeit im Glas, als der Whisky im Tasting bekommen konnte, würde dem Tropfen wahrscheinlich noch einmal zusätzlich zu mehr Komplexität verhelfen.

Vom italienischen Abfüller Hidden Spirits folgte ein zehn Jahre alter Dailuaine aus dem Peated Cask, das zuvor mit Laphroaig belegt war. Während der Whisky in der Nase sehr süß wirkt mit viel Vanille und Karamell, folgt am Gaumen dann die stark ausgeprägte Medizinnote. Mir persönlich hatte das Fass hier etwas zu viel Einfluss auf den Whisky. Unter dem eigenen Label Sansibar abgefüllt war der folgende Benriach 19yo aus dem Sherryfass mit viel Rosine, Würze, Zuckerwatte, kandierten Äpfeln und etwas Speck. Dieser Whisky hat mir ausgesprochen gut gefallen. Zum Finale gab es dann noch einen Tropfen von Eldvatten aus Schweden, nämlich einen 1995er Springbank aus dem Refill-Sherryfass, den ich im letzten Jahr schon einmal probieren durfte. Während es in der Nase vorrangig Getreide und Mähdrescher gab, konnte der Whisky am Gaumen mit zusätzlich mehr Süße, roten Äpfeln und Rosinen punkten. So endete das lange Messe-Wochenende mit unzähligen tollen Tropfen und wir machten uns mit der leicht verspäteten Bahn zurück auf den Weg nach Hamburg. Schon heute ist jedoch sicher, dass meine Frau und ich auch im nächsten Jahr vom 20. bis zum 22. November wieder einen Ausflug nach Bremen unternehmen werden, denn der Bottle Market ist immer eine Reise wert!

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