Mittwoch, 3. Februar 2021

Online-Tasting der Scotch Malt Whisky Society (SMWS) "Old & Rare" mit Knockdhu 27yo, Auchentoshan 28yo, Benriach 28yo, Tomatin 31yo und Domaine Laguille Vintage 1974

Am vergangenen Wochenende hätte eigentlich mein persönliches Messejahr starten sollen, denn am letzten Januar-Wochenende findet traditionell die Hanse Spirit in den Fischauktionshallen am Hamburger Fischmarkt statt. Da wir von einer halbwegs normalen Durchführung einer Messe aber noch weit entfernt sind und auch Tastings derzeit nicht in Präsenz stattfinden können, sorgen zumindest verschiedene Online-Tastings dafür, dass man immer mal wieder die Chance bekommt, den einen oder anderen Dram in virtueller Gemeinschaft zu genießen. Eine ganz besondere Veranstaltung dieser Art bot am Sonntag die Scotch Malt Whisky Society (SMWS) an, die unter dem Motto "Old & Rare" fünf tolle Tropfen präsentierte, von denen keiner jünger als 27 Jahre war. Mitten zwischen die Single Malts von Knockdhu, Auchentoshan, Benriach und Tomatin hat sich außerdem noch ein Armagnac von Domaine Laguille gemischt, der schon im Jahr 1974 und somit ganze sechs Jahre vor meiner Geburt ins Fass kam. Das versprach ein spannender Spätnachmittag zu werden, durch den die beiden Brand Ambassadors Peter Eichhorn und Thom Glas führten. Ich kann schon vorwegnehmen, dass dieses Versprechen definitiv eingelöst wurde.


Pünktlich um 17:00 Uhr war der Youtube-Kanal der SMWS eingeschaltet und meine Frau und ich saßen mit unseren Gläsern vor dem Fernseher. Nach einer kurzen Begrüßung durch Matthias Rech, der sich noch einmal dafür entschuldigte, dass die Verpackung der Samples beim Versand verbesserungswürdig ist, übernahm der Berliner Brand Ambassador der SMWS, Peter Eichhorn, der mit zahlreichen James Bond-Vergleichen und Anekdoten durch die Veranstaltung führte. Immer wenn die Gläser neu befüllt wurden, kam dann per Schalte der norddeutsche Brand Ambassador Thom Glas dazu, der sehr ausführlich über Sensorik sprach und natürlich auch immer wieder von seinen Erlebnissen in der Welt des Whiskys berichten konnte. Im Vordergrund sollten aber natürlich vor allem die fünf tollen Abfüllungen stehen, von denen mit einem 27 Jahre alten Knockdhu der jüngste im Bunde gleich zu Beginn verkostet wurde. Mit seinen fassstarken 44,9% war er ein wirklich toller Starter ins Tasting. In der Nase gab es süße Aromen, exotische und Zitrusfrüchte, gleichzeitig aber auch malzige Noten in Kombination mit Banane, Vanille und mit der Zeit immer stärker in den Vordergrund tretenden floralen Aromen. Die Süße kommt auch beim ersten Schluck wieder schön zum Vorschein, danach taucht dann ein Fruchtcocktail aus exotischen Früchten, Äpfeln und Zitrusfrüchten auf. Erst mit der Zeit entwickeln sich außerdem spannende Ingwer- und Eichennoten.

Die Messlatte lag also von Beginn an extrem hoch, für den folgenden Auchentoshan musste sie aber keinesfalls weiter nach unten gelegt werden. Der Sprung beim Alkoholgehalt auf nun stolze 61,1% nach 28 Jahren machte sich in der Nase bemerkbar, transportierte aber auch süßes Karamell und Shortbread. Danach tauchen nussige Aromen, Rosinen und getrocknete Datteln auf, die später noch von Gewürzen und getrockneter Orangenschale begleitet werden. Geschmacklich gibt es wieder diese tolle Süße, nun in Kombination mit gebrannten und frischen Nüssen, Leder und sogar etwas Eukalyptos. Je länger der Whisky im Glas bleibt, desto mehr Eiche, Ingwer und verschiedene Gewürze mischen sich mit ins Profil. So darf es gerne weitergehen. Bevor aber der nächste Whisky folgte, gab es einen Ausflug nach Frankreich, von wo mit einem Armagnac von Domaine Laguille aus dem Jahr 1974 der älteste Tropfen des Tastings kam. Im Nachhinein glaube ich, dass der Armagnac an anderer Stelle im Tasting hätte platziert werden sollen, denn wir gehen jetzt zurück auf 48,8%, außerdem sind die Aromen deutlich dezenter, wenn auch nicht weniger abwechslungsreich als beim Auchentoshan. Für mich wirkte der Armagnach wie ein Pflaumenbomber. Neben frischen Pflaumen und Pflaumenmus gab es in der Nase Rosinen, dunkle Trauben, Marzipan und feuchten Waldboden, am Gaumen gesellten sich zur Pflaume dann ausgeprägte Holzaromen, Möbelpolitur, minzige Noten sowie Honig und etwas Zitrus.

Beim folgenden Benriach habe ich mich zuerst sehr schwergetan, überhaupt etwas zu erschnuppern, aber die dezenten Aromen dieses 28 Jahre alten Tropfens aus einem 2nd Fill Sherry Butt brauchen ihre Zeit, um sich zu entfalten. Als erstes tauchen nach einigen Minuten leicht säuerliche Aromen auf, die dann plötzlich einer frisch ausgewickelten Tafel Tony Chocolonely mit Karamell und Salz weichen müssen. Am Gaumen tauchen dann viel Karamell, sehr viel Salz, helle Schokolade und Krokant erneut auf. Dazu kommt nun aber auch noch eine leichte Schärfe in Form von eingelegtem Pfeffer in Kombination mit stark übersüßtem schwarzen Tee. Mit der Zeit wirkt das Karamell leicht angebrannt. Definitiv ein Whisky, der entdeckt und erkundet werden möchte! Das Finale bildet dann ein 31 Jahre alter Tomatin, der ebenfalls wieder mit einem tollen Aromenmix aufwartete. Zitrusnoten, Karamell und verschiedene exotische Früchte kommen zuerst zum Vorschein, wobei die Früchte zu einem süßen Kompott verarbeitet sind. Aus diesen Früchten sticht dann die Banane am deutlichsten hervor, gleichzeitig sind ein Hauch Kakao und ein ganz leichtes Raucharoma zu erkennen. Nimmt man dann einen Schluck, hat man flambierte Banane mit viel Karamell im Mund, dazu kommen frischer Apfel und als Gegenpart etwas Rauch, kaltes Lagerfeuer und ein wenig Salz.

Dieses Tasting hat richtig Spaß gemacht! Bei den fünf präsentierten Abfüllungen waren ausschließlich spannende Tropfen dabei. Vielleicht wäre der Armagnac auf der Startposition besser aufgehoben gewesen, aber das mag sicherlich jeder etwas anders empfinden. So wirkte er für mich etwas verloren zwischen den wirklich hervorragenden Single Malts. Jeder von diesen hatte wirklich eine enorme Bandbreite an Aromen zu bieten, ohne dabei zu starke Eichenaromen mitzubringen, so dass ich kaum einen Favoriten zu benennen vermag. Der fruchtig-florale Knockdhu bleibt für mich ganz leicht hinter dem nussig-süßen Auchentoshan zurück, während die flambierte Banane mit etwas Rauch beim Tomatin ganz knapp vor dem salzig-schokoladigen Benriach lag. Ich würde mich aber bei keiner der Abfüllungen wehren, wenn man sie mir wieder ins Glas schenken würde. Gleiches gilt für meine Frau, die als Tony Chocolonely-Fan aber weniger Probleme bei der Wahl ihres Favoriten hatte. Ich hoffe sehr, dass die SMWS die aktuell nicht ganz rund laufenden Prozesse für Non-UK-Members möglichst schnell in den Griff bekommt, denn auf so tolle Abfüllungen, wie sie uns hier präsentiert wurden, möchte ich in Zukunft nur höchst ungern verzichten müssen.

Übersicht der verkosteten Whiskeys:

115.19 Venerable Vitality (Knockdhu), Single Malt Scotch Whisky, 27yo, Refill Ex-Bourbon Barrel, 44,9%, 121 Flaschen, EUR 230,-
5.73 A Midsummer Night´s Dram (Auchentoshan), Single Malt Scotch Whisky, 28yo, Refill Ex-Bourbon Hogshead, 61,1%, 166 Flaschen, EUR 265,-
A2.2 Enchanted Woodland Stroll (Domaine Laguille), Armagnac, Vintage 1974, Armagnac Barrel, 48,8%, 570 Flaschen, EUR 155,-
12.43 Desire Lines (Benriach), Single Malt Scotch Whisky, 28yo, 2nd Fill Ex-Sherry Butt, 54,8%, 387 Flaschen, EUR 290,-
11.41 Smoke, Mirrors and Honey Traps (Tomatin), Single Malt Scotch Whisky, 31yo, Refill Ex-Bourbon Hogshead, 50,8%, 251 Flaschen, EUR 325,-

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