Samstag, 1. Mai 2021

Exklusive Lesung zum Release von "A Journeyman´s Journey" mit Jim McEwan und Udo Sonntag

Am 8. April erschien die Biographie "A Journeyman´s Journey", die gemeinsam von Udo Sonntag und demjenigen, um den sich hier alles dreht - nämlich Jim McEwan - verfasst wurde. Im Mittelpunkt steht dabei natürlich seine Zeit bei Bruichladdich, einer Destillerie, der er nicht nur zum Comeback verholfen hat, sondern auch mit den ungetorften Abfüllungen unter dem Namen der Destillerie, den getorften Tropfen in Form von Port Charlotte und dem am stärksten getorften Whisky der Welt, dem Octomore, eine ganze Ära geprägt hat. Als Bruichladdich um die Jahrtausendwende die Produktion wieder aufgenommen hat, war Jim McEwan sofort Feuer und Flamme für das Projekt, heute hat die Destillerie unzählige Fans, zu denen ich mich selbst auch zähle. Zwar hat er das Zepter inzwischen weitergegeben und ist jetzt für Ardnahoe tätig, trotzdem wird sein Name für immer mit der Wiederauferstehung von Bruichladdich verbunden bleiben. Aus einem kleinen Projekt mit drei Männern und einem Hund ist ein für Islay wichtiger Arbeitgeber mit rund 60 Mitarbeitern geworden. Trotzdem ist Jim McEwan viel mehr als das. Und genau das wird in der Biographie, für die Jim die Geschichten erzählt und Udo Sonntag sie aufgeschrieben hat, gefeiert.


Im Rahmen der Buchvorstellung begrüßten uns zunächst Verlagsleiter Sebastian Grebe und Autor Udo Sonntag noch auf deutsch, um ein wenig über die Entstehung des Buches zu sprechen. Besonders wichtig war dabei der Moment, in dem Udo Jim McEwan fragte, ob er das Buch mit ihm gemeinsam schreiben möchte. Zwar war die Frage nicht "Willst Du mich heiraten?", aber "Willst Du ein Buch mit mir schreiben?" erschien Udo an jenem Abend, an dem er bei Jim nach dem Abendessen mit einem Whisky in der Hand auf der Couch saß, mindestens genauso aufregend. Glücklicherweise zögerte Jim keine Sekunde und sagte sofort zu. Das ist für uns natürlich ein Glücksfall, denn wir dürfen jetzt dieses tolle und interessante Buch in der Hand halten. Dabei soll es um die vielen kleinen, spannenden Geschichten gehen, die sich dann in Summe zur Autobiographie eines der wichtigsten Männer der jüngeren Whisky-Geschichte ergänzen. Eine dieser Geschichten las Udo dann auch vor, direkt im Anschluss wurde jedoch in die englische Sprache gewechselt, denn Jim wurde zugeschaltet.

Er begann mit dem Hinweis, dass er seit inzwischen 58 Jahren im Alkoholbusiness tätig ist und noch immer sprechen kann. Das sorgt natürlich einerseits für ein Schmunzeln, zeigt aber auch, dass offenbar in dieser Zeit der eine oder andere seiner Weggefährten falsch abgebogen ist. Sein Traum war es aber schon immer, in der Whisky-Industrie zu arbeiten, denn schon als Kind wuchs er auf Islay unausweichlich in unmittelbarer Nähe dazu auf. Sein großes Ziel, als Küfer für Bowmore zu arbeiten hatte er sich längst erfüllt, als die Frage an ihn herangetragen wurde, ob er sich vorstellen könnte, die alte Bruichladdich Destillerie wieder zum Leben zu erwecken. Er sollte dabei natürlich die Rolle des Master Distillers übernehmen. Natürlich sagte er sofort zu, was ihm dann im Nachgang noch einige Diskussionen mit seiner Frau eingebracht hat. Sie fragte ihn, ob er verrückt geworden sei, seinen tollen Job bei Bowmore aufzugeben. Seine Antwort war aber eindeutig: Ja, vielleicht war, ist und bleibt er wirklich verrückt, aber trotzdem sind wir ihm alle sehr dankbar, dass er uns Bruichladdich und damit Port Charlotte und Octomore wieder in unsere Regale und Gläser gebracht hat.

Port Charlotte war übrigens auch ein spannender Punkt in der Veranstaltung, denn ursprünglich stand auch dort eine Destillerie, deren Whisky aber so gut wie niemand auf der Insel mehr kannte. Nur ein etwas betagterer Ileach kannte den Whisky noch und Jim fragte ihn, wie der Whisky schmeckte, denn er wollte mit seiner rauchigen Variante aus der Bruichladdich Distillery möglichst nah an den ursprünglichen Port Charlotte herankommen. Der Proband sagte, er könne sich deutlich besser an den alten Port Charlotte Charakter erinnern, wenn er einen Dram in der Hand hätte. Also schenkte Jim ihm sehr großzügig ein und nachdem der Ileach ausgetrunken hatte, fragte Jim noch einmal, wie denn nun der ursprüngliche Port Charlotte geschmeckt hätte. Die Antwort war eindeutig: "It tasted good." Das war also alles, was Jim als Basis für die Neuinterpretation von Port Charlotte hatte. Meiner Meinung nach hat er das gut umgesetzt, denn auch der heute erhältliche Port Charlotte schmeckt einfach gut! Überhaupt gibt es den Port Charlotte heute nur, weil Jim das Gemeckere der Ileachs nicht mehr hören konnte, dass ein Islay-Whisky immer getorft sein muss, was bei Bruichladdich ja nicht der Fall war. Dementsprechend dürfen wir auch den kritischen und knurrigen Inselbewohnern dankbar sein, dass Bruichladdich uns heute eine solche Vielfalt bieten kann, denn ohne Port Charlotte hätte es wohl auch nie den Octomore gegeben.

Besondere Gänsehaut erzeugte auch der Moment, in dem der erste Tropfen New Make aus den Brennblasen der wiederauferstandenen Bruichladdich Distillery floss. Und das sowohl bei Jim McEwan, wenn er darüber spricht, wie auch bei mir, wenn ich ihm beim Erzählen zuhöre. Diese und viele andere Geschichten finden sich in diesem wirklich tollen Buch, das man laut Jim möglichst immer mit einem Dram in der Hand lesen sollte. Tatsächlich beneide ich Udo Sonntag sehr dafür, dass er sich all diese Geschichten live anhören durfte, um sie dann für uns aufzuschreiben. Man muss sich schon zusammenreißen, dass man nicht die ganze Nacht durchliest, weil einfach jede dieser kleinen Geschichten so unterhaltsam ist. Gibt es trotzdem einen Wermutstropfen? Ja, denn mit EUR 68,50 ist das Buch sicherlich kein Schnäppchen. Die Marketing-Idee, mit dem Preis an den Alkoholgehalt des New Makes bei Bruichladdich zu erinnern, wie er aus der Brennblase fließt, sorgt zwar für ein Schmunzeln, trotzdem bleibt der Preis sehr happig. Wer sich aber durchringt, diesen Betrag in ein Buch zu investieren, wird mit einer richtig tollen Reise durch den Werdegang von Jim McEwan belohnt. Ich persönlich könnte Jim nämlich stundenlang zuhören, aber da er mir wohl kaum so lange Geschichten erzählen wird, kann ich diese zumindest in diesem Buch immer nachlesen, wenn ich darauf Lust habe.

Ich wurde freundlicherweise vom Plassen Verlag, der mir auch eine digitale Version des Buchs zur Verfügung gestellt hat, kostenlos zu der Veranstaltung eingeladen.

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