Mittwoch, 27. Oktober 2021

Besuch bei der finch Whiskydestillerie in Heroldstatt

Hans-Gerhard Fink von der finch Whiskydestillerie kenne ich inzwischen durch verschiedene Messen schon seit ein paar Jahren. Da aber die Schwäbische Alb von Norddeutschland aus nicht mal eben erreichbar ist, hat sich bisher noch kein Besuch vor Ort ergeben. Auf der Rundreise durch Deutschland, die ich mit meiner Frau gemeinsam gemacht habe, haben wir nun aber endlich einmal einen Stopp in Heroldstatt eingeplant, um direkt vor Ort vorbeischauen zu können. Da gerade Silent Season ist, haben wir uns nicht die eigentliche Produktionsanlage angesehen, waren aber im Büro mit angeschlossenem Shop und in einem der sechs Warehouses. Darüber hinaus konnten wir noch einen Blick in die Zukunft werfen, denn es gibt große Pläne für einen neuen Standort mit Produktion, Büro, Shop und Tasting-Raum. Dabei haben wir heute nicht nur Hans-Gerhard getroffen, sondern auch meinen Blogger-Kollegen Jürgen Reif von Talking About Whisky und seine Frau, mit denen wir gemeinsam vor Ort waren. Sein Bericht ist bereits vor einigen Tagen online gegangen.


Wir trafen uns mit Hans-Gerhard in seinen Büro-Räumen direkt über der Volksbank in Heroldstatt. Dort sollen die Räumlichkeiten aber nicht dauerhaft bleiben, darauf gehe ich aber gerne später noch genauer ein. Zunächst setzten wir uns ins Auto und machten uns auf die knapp zwei Kilometer kurze Fahrt zu einem der sechs Warehouses, in denen aktuell insgesamt rund 5.000 Fässer lagern. Dieses befindet sich in einer Halle auf einem alten Militärgelände, das zunächst bis zum ersten Weltkrieg für die Ausbildung von Kavallerie-Pferden genutzt wurde. Später wurden hier Panzer und Fahrzeuge vom Roten Kreuz instandgehalten, erst vor wenigen Jahren wurde das Gelände dann von der Gemeinde gekauft. Heute liegen hier viele Bourbon- und Weinfässer, aber auch diverse andere Fassarten. Dazu gehören auch zahlreiche Fässer aus der allerersten Charge des Rye-Whiskeys von Jack Daniel´s, die inzwischen seit gut drei Jahren das Destillat von finch enthalten.

Wir starteten aber zunächst einmal mit einem Schluck aus einem PX-Fass. Dieser Whisky hatte die in meinen Augen für finch typische Würze, gleichzeitig aber auch fruchtige Noten und eine schöne Süße. Das gerade schon erwähnte Rye-Fass hat überraschend viele Roggen-Aromen auf den Whisky übertragen, gleichzeitig gibt es aber auch viel Würze und etwas Süße. Besonders gut gefallen hat mir allerdings das abschließende Port-Fass, das bereits geschätzte sechs Jahre mit dem Whisky belegt ist. Hier gab es zu den würzigen Aromen eine sehr spannende Fruchtigkeit, also eine Kombination, die mir sehr zusagt. Allein dieser Blick in das eine Warehouse hat schon gezeigt, dass mehr als ausreichend Nachschub in sehr hoher Qualität für die Zukunft vorhanden ist. Dabei wird es sicherlich das eine oder andere Fass geben, dass auch länger reifen darf, so dass man sich auch auf ältere Whiskys von finch freuen darf.

Der Angels Share variiert übrigens je nach Fasslager bei finch. In dem von uns besuchten Lager liegt er bei ca. drei bis vier Prozent, es gibt aber auch ein Lager, in dem Fässer direkt unter dem Dach lagern, hier kann der jährliche Verlust auch auf den doppelten Wert ansteigen. Direkt neben dem beschriebenen Militärgelände liegt außerdem eine alte Scheune, für die Hans-Georg gerade Kaufverhandlungen führt. Wenn alles wie geplant läuft, dann wird hier in Zukunft nicht nur die Verwaltung der Destillerie angesiedelt sein, sondern auch die eigentliche Destillerie wird hier untergebracht werden. Außerdem werden Räumlichkeiten für einen Shop und einen Tasting-Raum geschaffen. Für die Eröffnung gibt es einen sportlichen Zeitplan, denn schon Ende 2022 soll es hier losgehen. Bereits heute gibt es direkt vor diesem Gebäude einen sogenannten Regiomat, also einen Automaten, an dem man u.a. Whisky, Bier und Wein bekommen kann. Das wird bereits heute gut angenommen, zukünftig wird es durch einen ausgebauten Radwanderweg und Stellplätze für Wohnmobile sicherlich noch weitere potenzielle Kunden geben.

Anschließend ging es zurück zum aktuellen Verwaltungsstandort, wo wir noch den einen oder anderen Schluck aus der der aktuellen Range probieren konnten. Diese hat gerade ein kleines Facelifting bekommen und folgt jetzt auch einem Farbschema. Die Labels mit dem blauen Streifen gehören zur Standard-Range und sollen in dieser Form dauerhaft verfügbar sein. Die grünen Streifen stehen für verschiedene Batches, wobei wir den aktuellen Barrique R probieren konnten, der komplett in Rotweinfässern reifte. Diese Abfüllung hat mir neben dem Emmer und dem ersten zehnjährigen Whisky besonders gut gefallen. Der rote Streifen schließlich steht für Abfüllungen in Fassstärke, während der goldene Streifen für Besonderheiten wie den genannten zehnjährigen Whisky steht. Außerdem gibt es aktuell noch eine Reifung im Madeira-Fass, die für Hans-Gerhard eine ganz besondere Bedeutung hat, denn nach einem gesundheitlichen Tief hat er unter anderem auf der Insel Madeira wieder zu alter Stärke gefunden und dort den Madeira-Wein für sich entdeckt. Dementsprechend hat er inzwischen auch Fässer von dort im Einsatz.

Mir und meiner Frau hat der Abend bei finch sehr viel Spaß gemacht, obwohl es uns als Norddeutschen manchmal schwergefallen ist, wenn Hans-Gerhard und Jürgen etwas stärker in ihren regionalen Dialekt verfallen sind. Wir hatten tolle Fassproben und fertige Abfüllungen im Glas und freuen uns darauf, vielleicht demnächst auch einmal die neuen Räumlichkeiten in der alten Scheune besuchen zu können. Für meine Frau ist vermutlich besonders die Verbindung zur Drogerie Müller in Erinnerung geblieben, denn Hans-Gerhard kauft regelmäßig Rotweinfässer von einem Weingut auf Mallorca. Diese werden von Müller, die täglich mit dem LKW nach Mallorca fahren, um die dortige Filiale zu beliefern, und eigentlich leer wieder zurückfahren würden, mitgebracht. Somit entsteht eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Da Hans-Georg mir abschließend noch ein paar Samples mit auf den Weg gegeben hat und ich natürlich auch noch einen kleinen Einkauf tätigen musste, werde ich einen Teil der derzeitigen Range in den nächsten Wochen noch einmal ausführlich vorstellen. Bis dahin sage ich aber erst einmal ganz herzlich Danke an Hans-Georg für die Zeit und die vielen Infos!

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