Mittwoch, 15. Juni 2022

Besuch bei der Stauning Destillerie (Dänemark)

Für unseren diesjährigen Sommerurlaub haben meine Frau und ich uns für einen Trip nach Dänemark entschieden. Uns gefällt einfach die Nähe zum Meer, die Weite des Landes und die Freundlichkeit der Menschen im Land unserer nördlichen Nachbarn. Gleichzeitig gibt es hier aber auch noch einige Destillerien, die wir gerne einmal besuchen wollten. So hatte ich mit Alex Munch, einem der Gründer von Stauning Whisky an der dänischen Westküste, schon direkt nach Buchung unserer Wohnung Kontakt aufgenommen und einen Termin für einen Besuch vor Ort vereinbart. Am späten Vormittag machten wir uns also auf den Weg ins knapp 50km von unserer Wohnung entfernte Skjerne und nach einem kleinen Snack im Ort dann weiter in den Ortsteil Stauning, der der Destillerie auch ihren Namen verliehen hat. Schon von der Straße aus wirkt die Destillerie sehr beeindruckend mit dem schwarzen Gebäudekomplex, in dem sich die gesamte Produktion befindet. Im eher traditionellen ehemaligen Bauernhof nebenan, in dem sich vor der Erweiterung die Brennerei befand, sind heute Büroräume, Tastingraum und Shop zu finden. Dort erwartete uns Alex pünktlich um 13:00 Uhr und nahm sich anschließend sehr ausführlich Zeit für uns.


Den Shop, in dem auch zwei der alten Brennblasen stehen, hatten wir uns bereits angesehen, während wir auf Alex warteten, der angrenzende Tastingraum ist nur durch eine gläserne Wand vom Shop getrennt. Alex führte uns aber auch kurz hinter die Kulissen in den Raum, in dem früher Shop und Tastingbereich untergebracht waren. Außerdem sahen wir, wo es auch heute noch kleinere Materiallager gibt und wo die alte Bottlinglinie stand, als noch komplett von Hand abgefüllt wurde. Das alles hat sich natürlich geändert, als DIAGEO ins Unternehmen eingestiegen ist und die Produktionsanlagen neu gebaut und damit die Kapazität enorm gesteigert werden konnten. Dorthin führte uns Alex dann im nächsten Schritt. Stauning gehört zu den wenigen Destillerien, die alle Produktionsschritte vor Ort erledigen können. Das angelieferte Getreide wird auf eigenen Mälzböden gemälzt, gedarrt, eingemaischt und anschließend destilliert, der Spirit dann in Fässer gefüllt, gereift und final in Flaschen abgefüllt. Die Mälzböden, die sich gleich in der ersten Halle befinden, sind dabei besonders innovativ, denn das Getreide muss zwar mit einem Stapler in Verteilerboxen gefahren werden, anschließend erfolgt die Verteilung aber automatisch. Das gilt auch für das laufend erforderliche Wenden des Getreides während des Mälzprozesses. Hierfür hat man bei Stauning schon in der alten Anlage eine Maschine entwickelt, die das Getreide mit Gummilippen bewegt. Dieses Prinzip hat bei Besuchen in schottischen Brennereien schon für großen Neid gesorgt, zwei Destillerien außerhalb Europas haben das Prinzip mit Zustimmung von Stauning bereits kopiert.


Überhaupt merkt man immer wieder, dass zu den Gründern von Stauning auch einige Ingenieure gehören, denn technisch ist alles gut durchdacht und mit vielen Innovationen versehen. Auch die Darrböden sind so konzipiert, dass das Malz direkt in den Raum gepumpt und dort maschinell verteilt werden kann. Wenn der Trocknungsprozess abgeschlossen ist, kann das Malz dann mit der Maschine auch in Richtung der Maischebottiche befördert werden, nur ein kleiner Bodensatz muss dann noch mit dem Besen bewegt werden. Hier wird übrigens auch sehr auf Nachhaltigkeit gesetzt, denn die zwei Darrböden werden jeweils zeitversetzt für zwei Tage genutzt, die überschüssige Wärme des einen Raumes wird aber immer nach 24 Stunden in den jeweils anderen Raum transportiert, um Energie zu sparen. Für das Rauchmalz wird im Hof ein Ofen betrieben, in dem Torf aus Dänemark gemeinsam mit Heidekraut aus der Region verbrannt wird. Der Ofen bzw. die Rohrleitungen gerieten übrigens zu Beginn gleich zweimal in Brand und deshalb hat der Ofen auch schon zweimal einen neuen Standort erhalten. Inzwischen ist aber die Anlage mit einer Sprinkleranlage ausgestattet, so dass zumindest die Feuerwehr nicht mehr ausrücken muss. Während man aktuell Torf noch aus zwei dänischen Quellen bezieht, die einmal rund 40 und einmal gute 100 Kilometer entfernt liegen, prüft man derzeit zusätzlich die Option, Torf aus einer nur rund sieben Kilometer entfernten Quelle zu beziehen. Das verarbeitete Getreide stammt ohnehin aus der Region.


Im Anschluss ging es weiter zu den insgesamt acht Maischebottichen, die aber aktuell nicht alle in Betrieb sind, da die Produktionskapazitäten noch nicht voll ausgeschöpft sind. Hier findet die viertägige Fermentation statt, bevor dann der Brennvorgang in den insgesamt 24 Stills beginnen kann. Sowohl die 16 Wash Stills als auch die acht Spirit Stills sind von der Firma Abercrombie aus Schottland handgefertigt. Dabei wurde der Auftrag von Abercrombie sogar zunächst abgelehnt, denn Stauning wollte unbedingt direktbefeuerte Stills haben, bei Abercrombie war aber das dazugehörige Know-How schon vor Jahren mit den letzten Mitarbeitern, die solche Stills gebaut haben, in Rente gegangen. Nach einigen Tagen kam aber doch der erlösende Anruf, denn Abercrombie hatte seine ehemaligen Mitarbeiter, die das entsprechende Wissen noch hatten, reaktiviert. In den Räumen unter den Stills, in denen die Direktbefeuerung stattfindet, wird es übrigens bis zu 700 Grad heiß. Da kam schon das ein oder andere Mal die Idee auf, dass man dort Getreide rösten oder zumindest einmal eine Pizza backen könnte. Besonders sind auch die beiden Spirit Safes, denn so "save" sind die gar nicht. Der Schlüssel liegt direkt daneben und man kann auch aus jeder der Spirit Stills zu jedem Zeitpunkt des Brennvorgangs eine kleine Probe ziehen. Solange es keine ganz großen Abweichungen bei den Produktionsmengen pro Brennvorgang gibt, setzen die dänischen Behörden hier auf Vertrauen. Wir hatten somit die Chance noch einen kleinen Schluck vom Tail der gerade gebrannten Charge mit noch knapp 48% probieren zu können. Dieser wird für den Whisky nicht mehr verwendet, riecht und schmeckt aber immer noch sehr fruchtig, malzig und süß.

Danach ging es weiter zum letzten Gebäude, das zur Straße hin einen eingezäunten Bereich integriert hat, in dem die ausgedienten Fässer stehen. In aller Regel werden die Fässer bei Stauning nur ein einziges Mal genutzt und danach verkauft. Dieser Käfig hat auch den Sinn, dass man im Prinzip eine Mini-Destillerie-Führung innerhalb von fünf Sekunden macht, wenn man mit dem Auto vorbeifährt, denn durch Glasfronten sind auch Malting Floor, Washbacks und Stills von der Straße aus sichtbar und somit der gesamte Prozess vom Mälzen bis zum Fass. Besonders das große Fenster bei den Washbacks hat für einige Diskussionen mit dem mit Alex sehr gut befreundeten Architekten gesorgt, denn dieser wollte eigentlich komplett schwarze Fronten ohne Fenster. Als dann aus Kostengründen noch darauf verzichtet wurde, hier ein einzelnes großes Fenster zu verwenden, und dieses stattdessen in ein großes und ein kleineres aufgeteilt wurde, war die Stimmung zunächst am Boden. Aus heutiger Sicht muss man aber sagen, dass Stauning mit dieser Entscheidung alles richtig gemacht hat, denn nicht nur an dieser Stelle hat man wirklich einen hervorragenden Blick über die angrenzenden Felder. Das Schwarz der Fassade wurde trotzdem beibehalten, denn es soll das Innere des Fasses darstellen. Daher kommt das Schwarz auch in der Brennerei zum Einsatz und hat vor allem bei den Stills, der sogenannten "Kathedrale", eine imposante Wirkung.


Tatsächlich wollte man bei Stauning ursprünglich die Fassade insgesamt mit gebrauchten Fassdauben bestücken, die durchs Ausbrennen und den Gebrauch von innen schwarz geworden sind. Schnell stellte sich aber heraus, dass das ein sehr teures Vergnügen geworden wäre, so dass letztlich nur ein sehr kleiner Abschnitt in dieser Form gestaltet wurde. Ich muss aber zugeben, dass das sehr imposant aussieht! In dem Bereich, in dem die Fässer befüllt werden, stieß dann noch Stefan Baumgart zu uns. Er stammt ursprünglich aus der Nähe von Hamburg, ist aber inzwischen schon seit rund 30 Jahren in Dänemark zu Hause. Er erklärte uns, dass die Fässer bei Stauning in aller Regel über einen Broker bezogen werden, weil auf diesem Wege Reklamationen deutlich einfacher sind bzw. schlicht deutlich seltener vorkommen. Was ihn jedoch ärgert, ist, dass die Fässer aus den USA häufig in der Höhe im aufrecht stehenden Zustand um einige Zentimeter variieren. Da die Fässer bei Stauning grundsätzlich aufrecht gelagert werden, sorgt das immer wieder für Schwierigkeiten. Außerdem berichtete er über große Probleme bei der Lieferung von speziellen Fässern. So war eigentlich bereits für Dezember eine Lieferung von Maple Syrup Fässern vorgesehen, die auch heute, also im Juni, noch nicht eingetroffen ist. Bei den standardmäßig verwendeten Fässern wie Bourbon und New Oak ist der Nachschub aufgrund langfristiger Verträge aber gesichert. Das ist auch wichtig, denn bis zu 20.000 Litern kann Stefan kurzfristig zwischenlagern, danach sind die Kapazitäten in den Tanks aber erschöpft und die Produktion müsste ruhen.

Überhaupt spielen die Fässer eine große Rolle. Maple Syrup ist nur eines der Experimente, die es bei Stauning schon gab, auch andere Varianten wurden schon ausprobiert. Wer sich noch daran erinnert, was George Dickel vor ein paar Jahren ausprobiert hat, kann vielleicht erahnen, was uns auch bei Stauning noch erwartet. Es wird scharf werden... Die Fässer in einem der Warehouses zu sehen, ist aber ebenfalls sehr spannend. Alle Fässer lagern vor Ort und die zwei neuen Warehouses sind bereits so gut wie voll. In unmittelbarer Nähe lagern außerdem einige weitere Fässer, Stauning will und wird aber auch in Zukunft dabei bleiben, alle Fässer direkt bei der Destillerie zu lagern. Hierfür entstehen gerade zwei weitere neue Warehouses, durch den Zukauf eines Nachbargeländes mit einem alten Bauernhof ist außerdem ausreichend Platz für zahlreiche weitere Lagerstätten. In den Fasslagern findet man aber auch noch die eine oder andere Überraschung, denn dort verbergen sich inzwischen schon zwei geheime Bars. Die erste gibt es schon längere Zeit, sie bietet Platz für vier bis fünf Personen. Seit Kurzem gibt es aber auch noch eine zweite geheime Bar, die etwas größer ausfällt und Platz für rund 20 Personen bietet. Hier durften wir (bzw. vorrangig meine Frau) einige besondere Tropfen probieren. Gerne hätte ich hier auch etwas ausführlicher probiert, aber ich war leider noch für den sicheren Transport meiner Frau zurück zur Ferienwohnung eingeplant.

Ins Glas meiner Frau kamen unter anderem ein Single Malt mit Madeira Finish, der eine tolle Süße zu bieten hatte. Außerdem gab es einen wirklich spannenden Rye Whisky mit West Indies Rum Finish in Fassstärke. Das Schwesterfass gab es im Shop gerade als Sonderabfüllung, wobei die Hälfte des Kaufpreises an den Lions Club Ringköbing geht, der sein 50. Jubiläum feiert. Diese Abfüllung werde ich in Kürze noch einmal ausführlich hier vorstellen, denn davon gelangte am Ende eine Flasche in meinen Warenkorb. Außerdem hat meine Frau die Distillery Editions mit Maple Syrup Finish bzw. Calvados- und Oloroso-Finish in der kleinen Flasche mitgenommen, von denen ich hoffentlich auch noch einmal naschen darf. In der geheimen Bar schaute ich aber zunächst noch neidischer auf die Gläser meiner Frau, in die u.a. auch noch ein Heather Smoked Whisky und ein ungetorfter Whisky flossen, die jeweils ein Finish im seltenen Orangenlikör-Fass erhalten haben. Dabei kam übrigens kein süßer Triple Sec zum Einsatz, sondern ein trockener Cointreau. Besonders beim Whisky ohne Rauch kam dieses Finish sehr schön zur Geltung. Auch ein rauchiger Tropfen mit Finish im Mikkeler Pepper Stout Fass war extrem spannend, genauso wie ein Vermouth Finish, dass ich allerdings schon von einer Messe in Hamburg vor einigen Jahren kannte. Als kleiner Rausschmeißer diente dann noch der Devils Cut. Dieser Name wird bei Stauning ganz besonders interpretiert, denn nachdem die Fässer geleert und noch einige Tage auf dem Hof gelagert wurden, gibt das Holz in der Regel noch einmal ein paar cl frei. Diese sammelt Stefan über den Verlauf von rund 20 bis 30 Fässern. Das Ergebnis ist dann sehr süß, gleichzeitig aber auch sehr eichenlastig und vor allem im langen Abgang sehr trocken.


Als wir danach das Fasslager verließen, war der gerade noch prallgefüllte Parkplatz plötzlich komplett leer, nur unser Auto stand noch einsam da. Trotzdem hatten wir noch die Chance, kurz im Shop einzukaufen und dort eine Packung spannenden Kaffees abzuholen, die Alex dort für uns hinterlegt hatte. Ein brasilianischer Arabica wurde für 21 Tage in einem Stauning-Fass gelagert. Ich bin sehr gespannt darauf, diesen Kaffee zu Hause auszuprobieren! Mindestens genauso gespannt bin ich aber auch auf die drei Whiskys, die mit nach Hause kommen. Meiner Frau und mir hat der Nachmittag sehr viel Spaß gemacht und wir möchten uns auch hier noch einmal ganz herzlich bei Alex und Stefan dafür bedanken, dass sie sich so viel Zeit für uns genommen haben. Wir freuen uns darauf, Euch beide auf zukünftigen Veranstaltungen oder Messen mal wieder zu treffen!

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