Dienstag, 3. Oktober 2023

Besuch bei der Destillerie Thomas Sippel (Weisenheim am Berg)

Es ist inzwischen einige Monate her, dass ich gemeinsam mit meiner Frau eine Weinmesse in Hamburg-Altona besucht habe. Vermutlich war ich der einzige Gast dieser Messe, der ausschließlich mit Whisky im Gepäck nach Hause gegangen ist, denn auf dieser Messe habe ich Thomas Sippel zum ersten Mal persönlich treffen dürfen. Neben seinen ebenfalls tollen Weinen hat er dort auch seine Brände und natürlich auch eine Auswahl seiner Whiskys präsentiert. Später im Jahr haben wir uns dann beim Festival des deutschen Whiskys noch einmal getroffen, hatten da aber bereits vereinbart, dass wir im Rahmen unserer Rundreise durch Deutschland im Herbst bei ihm in Weisenheim vorbeischauen. Ein Termin war schnell gefunden und wir machten uns direkt im Anschluss an die Whisky Palatina auf den Weg. Bei bestem Wetter trafen wir uns vor Ort in der Brennerei und ließen später den Abend noch in der Straußenwirtschaft im Ausschank des Weinguts ausklingen.


Nach einer sehr herzlichen Begrüßung gab es einen kleinen Rundgang über das Gelände, wo wir direkt im Herzstück der Whiskyproduktion starteten. Die Brennblasen sind aktuell nicht in Betrieb, weil nach einer Reparatur demnächst noch die Abnahme durch den Zoll erfolgen muss, allerdings ist kurzfristig ohnehin nicht geplant, Whisky zu brennen, da aktuell einerseits die Weinernte noch absolut im Vordergrund steht, andererseits auch die Bestände derzeit noch groß genug sind. Knappe 200 Fässer lagern aktuell zu einem kleinen Teil direkt auf dem Gelände, zum weitaus größeren Anteil jedoch auf dem Gelände eines befreundeten Weinguts. Das heißt aber natürlich nicht, dass es zukünftig keinen Whisky mehr geben soll, ganz im Gegenteil soll der Whisky auch weiterhin ein wichtiger Anteil am Portfolio sein. Zum Einsatz kommen Brennblasen von Arnold Holstein, die ein Fassungsvermögen von 350 Litern für den Rohbrand und 150 Litern für den Feinbrand haben.

Wenn man über das Gelände geht, dann entdeckt man natürlich auch immer mal wieder etwas Neues, was aktuell noch nicht auf dem Markt ist. Meine Frau und ich können mit Gin auch nach diversen Versuchen wenig anfangen, aber natürlich ist Gin ein Produkt, das am Markt stark nachgefragt wird. Thomas Sippel hat bereits diverse Gins im Programm, zukünftig wird aber noch ein Hanf-Gin hinzukommen, der gerade vorbereitet wird. Auch in Bezug auf Whisky werden uns bald zwei Neuheiten erwarten, bei denen ich hier aber noch nicht spoilern möchte. Ich bin mir aber sicher, dass beide aus unterschiedlichen Gründen auch in meinem Whiskyregal landen werden, obwohl ich keinen der Whiskys probieren konnte.

Bevor wir in den wirklich stilvollen und gemütlichen Verkostungsraum gingen, warfen wir noch einen Blick in den Bereich, in dem die Weine hergestellt werden. Hierfür beschäftigt Thomas einen Winzermeister, dem er größtenteils freie Hand lässt und in den er größtes Vertrauen hat. Überhaupt scheint das kleine Team eine eingeschworene Gemeinschaft zu sein, in der sich jeder auf den anderen verlassen kann und in dem jeder seine Stärken einbringt. Das gilt nicht nur für Ernte, Produktion und Vertrieb, sondern auch für Buchführung und Haushalt. Das bedeutet natürlich auch, dass Thomas seine Eltern noch ins Geschäft einbindet. Und das nicht, weil es wirtschaftlich unbedingt erforderlich ist, sondern weil sie gerne noch mitarbeiten möchten. So schneidet seine Mutter regelmäßig unter anderem auch Zutaten für die Flammkuchen klein, die in der Straußenwirtschaft angeboten werden.

Nach so viel Input musste es aber natürlich auch noch etwas ins Glas geben. Wir starteten mit zwei trockenen Weißweinen in Form des Kalkmergel Riesling 2022 und des Pinot & Co. 2022, die zunächst einmal mit einem schicken, geradlinigen Design überzeugen, aber auch geschmacklich wirklich toll sind. Ich bin zugegebenermaßen kein besonders ausgeprägter Weinkenner, aber in erster Linie gilt hier ja wie beim Whisky "schmeckt" oder "schmeckt nicht" und beide Weine gehören definitiv in die erste Kategorie. Anschließend öffnete Thomas die Tür zum kleinen Fasskeller, der direkt am Verkostungsraum liegt. Hier stehen nicht nur verschiedene Whiskys aus der ganzen Welt, sondern auch alle bisherigen Abfüllungen von Palatinatus und natürlich einige Fässer. Dabei ist ein Fass ganz besonders, da es einen Glasdeckel hat und von innen beleuchtet ist, so dass man den aktuellen Füllstand sehen und so den Angels Share beobachten kann. Tatsächlich hat das im Jahr 2020 befüllte Fass überraschend wenig Inhalt verloren und Thomas sagte uns auch, dass er mit den vom Zoll angenommenen 4% Verlust pro Jahr gut hinkommt.

Wenn man aber erstmal einige Fässer gesehen hat, dann möchte man natürlich auch den Inhalt probieren. Thomas hatte uns gleich zu Beginn ein paar Gläser verschiedener Abfüllungen eingeschenkt, damit sie etwas Luft bekommen können. Tatsächlich haben sich die Whiskys dann auch im Laufe des Abends immer noch weiterentwickelt. So probierten wir die beiden trinkstarken Abfüllungen aus American Oak bzw. German Oak, wobei besonders letztere immer mehr zu einer echten Karamellbombe wurde. Dass das Riesling Cask ein absolutes Highlight ist, wussten wir bereits, denn diesen Whisky hatten wir damals bereits in Altona gekauft. Auch im Zusammenspiel mit dem Riesling, der zuvor im Fass lag, macht der Whisky richtig viel Spaß! Madeira Cask und Muskateller Cask hatten wir ebenfalls schon vorher probiert, beide haben meiner Frau und mir auch diesmal wieder sehr gefallen.

Da ich aber sehr gerne Whiskys aus Rotweinfässern mag, war ich sehr gespannt auf den neuen Tropfen aus dem Merlot Cask, zu dem ich auch noch den passenden Wein probieren konnte. Man erkennt den Wein tatsächlich im Whisky ganz gut wieder, ohne dass der Wein den Whisky überlagert. Dies gilt übrigens für alle Abfülltungen von Thomas, aber gerade beim Rotwein ist das Risiko immer recht hoch, dass das Fass zu viele Noten oder zu viele Tannine abgibt. Allerdings muss man dem Whisky Zeit im Glas geben, denn erst wenn der erste Muff verflogen ist, wird auch die Nase genauso toll wie der Eindruck am Gaumen. Ein weiteres Highlight war außerdem der Paltarmor, ein Blend aus Fässern von drei verschiedenen Brennereien in der Pfalz, nämlich von Thomas Sippel, Bernhard Höning (Taranis) und Ralf Hauer (Saillt Mor). Diesen Whisky werde ich in Kürze aber noch einmal ganz ausführlich an dieser Stelle vorstellen.

Zum Abschluss des Abends lud Thomas meine Frau und mich noch auf einen Wein (bzw. eine Traubensaftschorle für meine Frau) und einen Flammkuchen ein. Aus der Karte konnten wir aus über 20 verschiedenen Varianten wählen, anschließend wurden die Flammkuchen in der Küche von Thomas´ Schwester sowie seiner Frau frisch zubereitet. Meine Frau entschied sich für einen Belag mit Kürbis, Kürbiskernen, Feta und Speck, für mich gab es Feigen, Ziegenkäse und Feigenlikör. Beide Varianten waren absolut lecker und würde ich in der Pfalz wohnen, wäre ich sicherlich während des Öffnungszeitraums der Straußenwirtschaft von Ende August bis Ende Oktober Stammgast. Schließlich bekommt man zusätzlich zu einer leckeren Mahlzeit auch noch verschiedene Weine zum fairen Kurs.

Schon auf dem Fußweg zurück zu unserem Hotel überlegten meine Frau und ich, wie viele Flaschen wir noch im Auto unterbringen können, wenn wir am nächsten Morgen zum Shoppen zu Thomas zurückkehren würden. Letztlich mussten wir realistisch bleiben und haben uns stark eingeschränkt, aber wir wissen ja, wo es jederzeit Nachschub gibt. Schließlich kann man alle Produkte auch im Online-Shop kaufen. Ich möchte mich auf jeden Fall an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Thomas bedanken, denn er hat sich sehr viel Zeit für uns genommen und wir hatten die Gelegenheit, viele tolle Produkte zu probieren, die sich nicht nur auf Whisky beschränkt haben. Vielleicht schaffen wir es ja tatsächlich zum Tag des deutschen Whiskys im kommenden Jahr, denn das Programm, das Thomas an diesem Tag auf die Beine stellen möchte, hat es in sich. Aber auch hier möchte ich noch nicht zu viel verraten...

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