Freitag, 25. Oktober 2019

Stauning Tasting in der Weinquelle Lühmann mit Mitgründer Alex Munch (Siek bei Hamburg)

Endlich habe ich es mal wieder geschafft, ein Tasting bei einem meiner liebsten Local Dealer, der Weinquelle Lühmann, zu besuchen. In deren Showroom in Siek bei Hamburg war diesmal die dänische Stauning Distillery zu Gast. Durch den Abend führte einer der neun Gründer Alex Munch, der zum Teil vom deutschen Master Distiller und Blender Stefan Baumgart unterstützt wurde. Dabei waren die Rollen klar verteilt. Alex erzählte in launiger Weise von der Geschichte der Destillerie von Gründung bis zum heutigen Tage, Stefan erinnerte von Zeit zu Zeit daran, dass die Gäste auch gerne zum nächsten Whisky im anspruchsvollen Lineup wechseln könnten. Sicher hätte Alex noch mehr spannende Geschichten zu erzählen gehabt, aber es muss ja auch noch etwas für ein - hoffentlich stattfindendes - nächstes Tasting in der Weinquelle bleiben. Ich kann bereits vorwegnehmen, dass ich auch bei einem weiteren Termin mit Freude wieder dabei wäre.

Im Laufe des Abends wurden wir von Alex durch die interessante Geschichte der Destillerie geführt, die im Jahr 2005 mit einer Sendung im Radio begann, in der die Herstellung von Whisky erläutert wurde. Dort hieß es, dies sei ganz einfach, es ist nur schwierig, wirklich guten Whisky zu produzieren. Daraufhin rief einer der Gründer rund 15 Freunde an, von denen acht begeistert waren. Ganz zum Leidwesen der jeweiligen Ehefrauen übrigens, die befürchteten, dass es zum einen keine gute Idee sei und die Männer zum anderen sehr, sehr viel Alkohol trinken würden. Zumindest für die absolute Anfangszeit lagen sie damit nicht ganz falsch. Unter den Gründern befanden sich u.a. ein Lehrer, ein Pilot, ein Arzt, einige Ingenieure und ein Schlachter, der auch die Räumlichkeiten für die ersten Versuche zur Verfügung stellte. Während Alex erzählte, probierten wir den Stauning Curios Peated Rye White Spirit, der mit seiner Mischung aus Kräutern, Rauch und Früchten fast an einen Mezcal erinnert. Geschmacklich kam eine leichte Bitternote hinzu.

Das Ziel bei Produktionsstart war es, einen Whisky zu erzeugen, der möglichst nah an einem Ardbeg aus dem Jahr 1977 liegen sollte. Warum es genau dieses Profil sein sollte, ist einfach erklärt. Auf einer Whiskymesse probierten sich die Gründer durch das vielfältige Angebot. Alex sagte, er hat an diesem Abend so viel getrunken, dass er zwischendurch Bier brauchte, um wieder etwas nüchterner zu werden. Kurz vor Ende der Messe kam dann besagter Ardbeg ins Glas und die Gründer waren hellauf begeistert, so dass das gewünschte Geschmacksprofil gefunden war. In die Karten spielte der Destillerie dann der Besuch von Jim Murray im Jahr 2006. Er probierte den New Make, den die Freunde in der Schlachterei produziert und übrigens damals direkt aus der Brennblase probiert hatten. Zunächst war er wenig begeistert von den nicht ganz sauberen Gläsern und der benutzten Seife und dem Parfüm der Gründer, nachdem aber alle Gerüche beseitigt waren, probierte er den New Make und sagte, er würde in einem Blind Tasting eher auf Rum tippen, weil eine tolle Fruchtigkeit vorhanden ist. Tatsächlich sagte er, das Destillat würde ihn an Ardbeg in den späten 70ern erinnern. Die Freude bei den Gründern war riesig und der Ehrgeiz geweckt. Seitdem steht Jim Murray immer wieder beratend zur Seite.

Wir bekamen dann den Stauning Malted Rye Whisky March 2019 ins Glas. Dieser bot in der Nase Früchte, Honig und Karamell, dabei aber auch eine sehr ausgeprägte Würze, leichten Rauch und Getreide. Am Gaumen kommt ein schönes Zitrusaroma hinzu. Die allererste Abfüllung von Stauning kam übrigens bereits 2010 auf den Markt. Der Spirit war damals erst zwei Jahre alt, so dass er sich noch nicht Whisky nennen durfte. Daher schrieb man kurzerhand einfach "aus der Stauning Whisky Destillerie" auf die Flasche. Das gefiel damals zwar der SWA nicht, wirklich beklagt hat sich aber auch niemand. Ein weiterer Durchbruch gelang später, nachdem man es mit viel Hartnäckigkeit ins Angebot des Restaurants noma geschafft hatte. Durch diesen Erfolg stieg die Nachfrage enorm. Ein Systemfehler hat dann bei den Bestellungen der nächsten Abfüllung dafür gesorgt, dass diese um 700 Flaschen überzeichnet war. Das hat zwar für negative Presse gesorgt, aber auch für einen noch größeren Ansturm bei der nächsten Abfüllung. Führungen in der Destillerie gibt es seit 2013, wobei rund die Hälfte der Besucher aus Deutschland kommt. Dementsprechend werden täglich zwei Führungen auf Deutsch angeboten.

Bei vielen Abfüllungen wird Virgin White Oak verwendet. Der Ursprung dafür liegt in Deutschland am Schliersee, denn nachdem die Produktion immer professioneller wurde, besuchten die Gründer andere Destillerien auf der ganzen Welt. Bei Slyrs durften sie aus einem der ersten Fässer überhaupt probieren und waren begeistert. Wir wurden nun mit dem Stauning Rye Whisky Rum Cask Finish 2016/2019 versorgt, der im Belize-Fass nachreifte. In Kürze wird es außerdem ein Barbados Rum-Finish geben. In der Nase ist der Rum gut erkennbar, ich konnte dabei vor allem exotische Früchte, Mandeln und viel Marzipan erkennen. Am Gaumen kam dann wieder die typische Würze hinzu. Produziert wird bei Stauning übrigens trotz des modernen Neubaus der Destillerie sehr traditionell. Das sorgt dafür, dass sich Besucher aus Schottland oftmals an vor Jahrzehnten dort produzierte Destillate erinnert fühlen. Genau das ist aber auch das ausdrückliche Ziel.

Im Jahr 2016 gelang ein weiterer Durchbruch. Man wollte weiter wachsen, aber die finanziellen Mittel waren begrenzt. Gleichzeitig wollte Distill Ventures bzw. Diageo unbedingt bei Stauning einsteigen. Im Nachhinein wurde die Einigung, die sich sehr lange hinzog, weil die Gründer lange so taten, als wären sie nicht interessiert und so ein immer besseres Angebot erhielten, von der Presse als der größte Wirtschaftsdeal Dänemarks in diesem Jahr gefeiert. Die für den Tag der Vertragsunterzeichnung geplante Feier fiel dann doch kleiner aus, da letztlich eine Unterschrift von Diageo fehlte. Anstoßen konnte zumindest Alex mit seiner Frau erst mit zwei Tagen Verspätung - und leider erst, nachdem er den anstehenden Elternabend in der Schule hinter sich gebracht hatte. Statt Champagner hatte seine Frau eine Flasche Asti besorgt, aber letztlich wichtig war ja nur das Ergebnis. Damit wir auch mal wieder etwas zu trinken bekamen, sprang kurz Stefan ein, der uns etwas zu aktuellen Fassexperimenten erzählte, für die u.a. Mezcal- und sogar vier Mizunara-Fässer angeschafft wurden. Wir bekamen allerdings zunächst die beiden exklusiv für Deutschland abgefüllten Varianten mit sechsmonatigem Finish im Marsala- bzw. Moscatel-Fass, die jeweils 33 Monate Vorreifung in Virgin Oak erhielten.

Der Stauning Rye Whisky Marsala Cask Finish bot in der Nase wieder viel Würze, Eiche, Getreide, Heu und Quitten, wurde dann am Gaumen aber deutlich süßer mit viel Karamell. Natürlich sind aber auch hier die würzigen Elemente weiter stark vorhanden. Beim Moscatel-Finish war ich von der Nase extrem begeistert, die Trauben und Traubenzucker bot, wobei Getreide und Würze etwas mehr im Hintergrund standen. Geschmacklich wurde die Traubensüße sehr schön durch Zitrusfrüchte ergänzt, während Würze, Eiche und in diesem Fall auch Kräuter weiter erkennbar bleiben. Nach der eigentlichen Veranstaltung durfte ich später auch noch eine Fassprobe einer Vollreifung im Portfass probieren. Diese soll zu Weihnachten abgefüllt werden, allerdings ist noch offen, ob dies in Fass- oder Trinkstärke geschehen soll. Ich würde mich sehr über die fassstarke Variante freuen, denn der Whisky gefiel mir ausgesprochen gut.

Weil man bei Stauning auf lokale Rohstoffe setzt, wird nicht nur das Getreide in Dänemark angebaut, auch das Torf stammt aus einem rund 50km entfernten Gebiet. Um eine besondere Note in den Rauch zu bekommen, wird zusätzlich Heide aus der Region verwendet. Zwar waren die Gründer von den ersten Ergebnissen nicht immer begeistert, mit der Zeit stellte sich aber heraus, dass die Heide den Whisky positiv beeinflusst. Alle Produktionsschritte in der neuen Destillerie können dabei auch von der Straße aus gesehen werden, denn man hat sich bewusst für sehr viele Fenster entschieden. Dies hat bisher auch erst zu einem einzigen Auffahrunfall auf der vorbeiführenden Straße gesorgt, in den See hinter der nächsten Kurve ist bisher noch niemand gefahren. In unsere Gläser kam nun der Kaos, der aus drei Fässern Rye, einem Fass Peated, einem Fass Heather und einem Fass Single Malt besteht. Da diese Zusammensetzung an Chaos erinnert und der Whisky in keine Schublade passt, hat er den entsprechenden Namen bekommen. Darüber hinaus gab es früher einen Premierminister in Dänemark, der ebenfalls Stauning hieß. Auf seinen Wahlplakaten verkündete er: "Wählt Stauning oder ihr bekommt Chaos!" Mit dem Kaos kann man nun also beides haben. In der Nase gibt es Getreide, Süße, Kräuter und Eiche, am Gaumen ist die Süße dann deutlich stärker ausgeprägt in Form von Honig, Apfel und Pfirsich. Die leichte Rauchnote ist hervorragend eingebunden.

Die Fassade der neuen Destillerie ist in schwarz gehalten, um an die größtenteils stark ausgebrannten Fässer zu erinnern, die von Stauning genutzt werden, um eine angenehme Karamellsüße zu erzeugen. In der Destillerie stehen Brennblasen von Abercrombie aus Schottland, die direkt beheizt werden. Da dieses Verfahren in Schottland kaum noch üblich ist, musste Abercrombie für den Einbau sogar bereits in Rente befindliche ehemalige Mitarbeiter reaktivieren, um deren Know How nutzen zu können. Nach so viel Input kam für die Gäste der letzte Dram des Abends ins Glas, nämlich der zwischen 2012 und 2014 destillierte und im vergangenen Juli abgefüllte Stauning Peated Single Malt Whisky. In der Nase gibt es einen sehr gedrungenen Rauch, den ich so noch bei keinem anderen Whisky wahrgenommen habe. Dazu gesellen sich Heu und Kräuter, bevor am Gaumen dann die süßen Noten hinzukommen. Karamell, Vanille, Banane und Pfirsich sind zu erkennen, Würze und Rauch setzen diesmal erst mit leichter Verspätung ein.

Insgesamt war es ein wirklich sehr unterhaltsamer Abend mit tollem Whisky. Alex hat seine Entertainer-Qualitäten gezeigt und zumindest ich hätte mir noch einige Stunden lang Geschichten von ihm anhören können. Daher geht mein ganz herzlicher Dank an Alex und Stefan von Stauning für das tolle Tasting. Natürlich bedanke ich mich aber auch beim Team der Weinquelle, das die Veranstaltung auf die Beine gestellt hat. Dabei wurden wir nicht nur mit Whisky versorgt, sondern bekamen vor der Veranstaltung und in der Pause wieder sehr leckeres Essen serviert. Zuletzt bedanke ich mich auch bei allen, die bis hierhin durchgehalten haben, denn mein Text ist mal wieder deutlich länger geworden als geplant. Wer in Zukunft die Möglichkeit hat, ein Stauning-Tasting zu besuchen, sollte diese unbedingt wahrnehmen. Es lohnt sich. Versprochen!

Übersicht der verkostenen Abfüllungen:

Stauning Curious Peated Rye White Spirit, 43%, ca. EUR 46,-
Stauning Malted Rye Whisky March 2019, 50%, ca. EUR 63,-
Stauning Rye Whisky Rum Cask Finish 2016/2019, 46,5%, ca. EUR 75,-
Stauning Rye Whisky Marsala Cask Finish exklusiv für Deutschland, 61,42%, ca. EUR 85,-
Stauning Rye Whisky Moscatel Cask Finish exklusiv für Deutschland, 60,72%, ca. EUR 85,-
Stauning Kaos Whisky, 47,1%, ca. EUR 77,-
Stauning Peated Single Malt Whisky (Distilled 2012-2014, bottled 07/2019), 48,4%, ca. EUR 105,-

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