Sonntag, 30. Oktober 2022

Besuch bei der Gutsbrennerei Geuting (J.B.G. Münsterländer Whisky)

Als meine Frau und ich uns auf den Weg von Lüttich in Richtung Norden machten, war der letzte Abschnitt unserer diesjährigen Reise eingeläutet. Nach einem kurzen und relativ kostspieligen Zwischenhalt im Outlet Park Roermond ging es weiter nach Isselburg in der Nähe von Bocholt. Hier wird nicht nur jährlich das Sommerhaus der Stars aufgezeichnet, von hier stammt auch der J.B.G. Münsterländer Whisky aus der Gutsbrennerei Geuting. Die Inhaber Stefanie und Magnus Geuting haben meine Frau und ich in diesem Jahr beim Festival des deutschen Whiskys auf Burg Scharfenstein kennengelernt. Ich fand es sehr spannend, dass hier ein Whisky produziert wird, der aus Richtung einer traditionellen Kornbrennerei kommt, in der auch die Brennanlagen für den Korn für die Produktion von Whisky verwendet werden. Das hat mich umso neugieriger auf einen Besuch im westlichen Münsterland nahe der niederländischen Grenze gemacht. Wir haben uns jedenfalls sehr darüber gefreut, dass es mit einem Besuch in Bocholt geklappt hat.


Da wir bereits im Hotel sehr gut gefrühstückt hatten, haben wir Kaffee und Croissants etwas nach hinten geschoben und Magnus führte uns direkt in die Brennerei. Schon seit 1837 wird hier Korn produziert und natürlich liegt auch heute noch der Schwerpunkt auf dem Korn, der nach wie vor ein Verkaufsschlager in der Region ist, der aber auch zu diversen anderen Produkten wie verschiedenen Likören und anderen Spirituosen weiterverarbeitet wird. Wichtig zu wissen ist dabei, dass es sich bei der Gutsbrennerei Geuting um eine landwirtschaftliche Produktion handelt, so dass die benötigten Rohstoffe auch auf eigenen Feldern angebaut werden. Das führt auch dazu, dass während des Sommers der Schwerpunkt auf dem Anbau und der späteren Ernte der Rohstoffe auf den Feldern liegen muss und die Produktion der verschiedenen Spirituosen vorrangig von November bis Februar stattfindet. In der Zwischenzeit muss kalkuliert werden, welche Alkoholmenge produziert werden muss, um über das Gesamtjahr ausreichend Grundgerüst für die verschiedenen Produkte zu haben.

Beim Whisky gibt es jedoch einen kleinen Unterschied, denn zwar wird bei der Gutsbrennerei Geuting auch Gerste angebaut, dies aber in so kleiner Menge, dass es schwer ist, einen Mälzer zu finden, der innerhalb der Region die Gerste zu Gerstenmalz verarbeitet. Da es weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll wäre, die Gerste über eine sehr lange Strecke zu transportieren, wird die geerntete Gerste an einen Mälzer verkauft, von dem man anschließend das Gerstenmalz für den Whisky wieder einkauft. So kann man zwar nicht garantieren, dass die Gerste auch wirklich vom eigenen Hof kommt, aber da die Qualität der Gerste in der Region insgesamt sehr hoch ist, hat dies keinen direkten Einfluss auf die Produktion des Whiskys. Für die Zukunft wird es eventuell einen neuen Mälzer in der Region geben, der die Herkunft der Gerste genau zuordnen kann, wann dies jedoch genau der Fall sein wird und ob die Qualität dann stimmen wird, ist heute noch nicht absehbar.

Wer außerdem Whisky auf einer Kornbrennanlage mit einer Kolonne brennen möchte, muss natürlich einige Besonderheiten beachten. Beim Korn liegt der Fokus darauf, dass besonders sauber und mit einem finalen Alkoholwert von gut 96% gebrannt wird. Dieser Brand wird dann auf 32% für den Korn bzw. 38% für den Doppelkorn heruntergesetzt, es gibt aber neben dem klassischen Korn auch fassgelagerte Varianten mit einem Alter von 10 Jahren. Beim Whisky muss es aber etwas "dreckiger" zugehen, außerdem darf nur auf maximal 94,8% gebrannt werden, so dass der Brennvorgang hier deutlich schneller vonstatten geht. Wenn beim Korn um 07:00 Uhr am Morgen begonnen wird, dann zieht sich der Brennvorgang bis in den Nachmittag hinein, beim Whisky ist aber bereits am späten Vormittag das gewünschte Ergebnis erreicht.

Unterschiede gibt es letztlich auch in der Fasslagerung, denn beim Korn geht es vorrangig darum, das im Brand sehr präsente Getreide über einen längeren Zeitraum erkennbar zu machen. Daher werden für den fassgelagerten Korn eher weniger aktive Fässer genutzt, die letztlich zwar zu einem höheren Reifegrad führen, das grundsätzliche Destillat aber geschmacklich eher unterstützen. Beim Whisky soll das Fass etwas mehr Einfluss auf den New Make nehmen. Ein Blick ins Fasslager hat uns verraten, dass hier bereits heute tolle Tropfen lagern, die auf ihre Abfüllung warten. Da die Whisky-Nerds auf den verschiedenen Messen, auf denen Magnus und Stefanie vertreten sind, in der Vergangenheit nach Whiskys in Fassstärke verlangt haben, wird es vermutlich im kommenden Frühjahr auch die erste fassstarke Einzelfassabfüllung aus einen PX-Fass geben.

Gerade ganz frisch auf dem Markt ist das neueste Batch des Münsterländer Single Grain Whiskys, der aus den beiden Fässern 108 und 109 vermählt wurde. Dieser sieben Jahre alte Whisky reifte ausschließlich in frischer amerikanischer Eiche und präsentiert sich deutlich fruchtiger und runder als sein ein Jahr jüngerer Vorgänger. Ich werde diesen Whisky in den nächsten Wochen hier noch einmal ganz ausführlich vorstellen, denn eine Flasche dieser Abfüllung landete im Anschluss an unseren Besuch in meinem Rucksack. Da wir die übrigen Whiskys und auch den fassgelagerten Korn bereits von der Messe auf Burg Scharfenstein kannten, probierte meine Frau noch die beiden Sahne-Liköre, die auf Whisky-Basis entstehen. Die Varianten Schokolade und Salted Caramel präsentieren sich hier deutlich weniger süß als die Produkte anderer Hersteller, trotzdem bleibt natürlich ein sahnig-süßer Likör. Meine Frau war von beiden Varianten sehr begeistert, entschied sich aber letztlich für Salted Caramel als unseren traditionellen Sahne-Likör für das Weihnachtsfest.

Für die Herabsetzung der verschiedenen Produkte auf Trinkstärke wird bei der Gutsbrennerei Geuting Grundwasser aus dem hofeigenen Brunnen verwendet. Da der Hof in der Mitte der dazugehörigen Anbauflächen liegt, kann Familie Geuting aktiv Einfluss auf die Grundwasserqualität nehmen, indem nachhaltig angebaut wird. So ist das eigene Wasser von sehr hoher Qualität, während andere Brenner der Region zum Teil deutlich stärker belastetes Wasser haben. Auf den angekündigten Single Cask Whisky in Fasstärke müssen wir übrigens auch deshalb noch etwas warten, weil noch Tuben und Etiketten hierfür fehlen. Jeder Whisky hat bei Geuting eine eigene Farbe bei Tube und Etikett, für die Fassstärke steht die Farbe noch nicht fest und das Material kann ohnehin erst dann bestellt werden, wenn auch Bedarf für andere Tuben und Etiketten besteht, denn es wird vorausschauend bestellt, um langfristig keine Engpässe zu haben. Die Mindestbestellmenge macht aber die Bestellung von den Tuben nur für die Abfüllung eines einzelnen Fasses unwirtschaftlich. Da aber bei der Produktion von Whisky ohnehin Geduld gefragt ist, soll es hier auf einige Monate nicht ankommen.

Uns hat der Besuch bei Stefanie und Magnus sehr viel Spaß gemacht und wir freuen uns über die ausführlichen Eindrücke, die wir bekommen durften. Überrascht hat mich, wie viele Führungen in der Brennerei stattfinden, denn allein an diesem Tag sollten noch drei Führungen mit insgesamt rund 60 Gästen folgen. Dabei wird eine Bandbreite von Whisky-Clubs über Landfrauen, Junggesellenabschiede bis zu Betriebsausflügen abgedeckt. Wer also auch einmal bei der Gutsbrennerei Geuting eine Tour mitmachen möchte, kann sich ab einer Gruppengröße von zehn Personen melden, wobei kleinere Gruppen nach Rücksprache ebenfalls umsetzbar sind. Wir werden uns jedoch jetzt erst einmal an unseren neuen Flaschen erfreuen und sind schon gespannt, was für Schätze uns Stefanie und Magnus beim nächsten Treffen, welches spätestens beim nächsten Festival des deutschen Whiskys Ende April auf Burg Scharfenstein ansteht, präsentieren werden.

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