Online Tasting Senft Destillerie (Simple Sample Deutschland-Tour Stopp 3)

Im Grunde machen die Jungs von Simple Sample genau das, was meine Frau und ich die letzten drei Jahre jeweils im Herbst auch gemacht haben. Sie gehen auf Deutschland-Tour und besuchen diverse spannende Brennereien. Der Unterschied ist nur, dass sie ihre Tour über das ganze Jahr verteilen und laufend sehr interessante Tastings mit Whiskys gepaart mit anderen Spirituosen aus Deutschland anbieten. Der dritte Stopp hat sie nun an den Bodensee zur Senft Destillerie geführt, von wo es im anschließenden Online-Tasting gleich sieben verschiedene Abfüllungen ins Glas gab. Neben zwei Obstbränden durften die Teilnehmer vier Whiskys und einen Rum probieren. Ich konnte aufgrund eines anderen Termins leider nicht live dabei sein, habe aber nun anhand der Aufzeichnung das Tasting, bei dem Silke Senft als Gast dabei war, im Nachgang verfolgen können.

Los geht es mit zwei Bränden der Destillerie, bevor wir dann zum Whisky kommen. Das Cöxchen ist ein Apfelbrand mit 38%, der aus einer alten Apfelsorte hergestellt wird. Die goldene Farbe lässt vermuten, dass der Brand im Fass gelagert wurde, was aber nicht der Fall ist. Stattdessen gibt es einen Fruchtauszug hinzu, der für die Farbe im Glas sorgt. Verwendet wird hierfür ausschließlich Tafelobst, also nur Früchte, die unverarbeitet zum Verzehr geeignet sind. In der Nase steht natürlich der Apfel klar im Vordergrund, wobei man sowohl frischen Apfel wie auch eingekochte Äpfel erkennt. Am Gaumen ist der Apfel deutlich intensiver und süßer, als ich es nach der etwas herberen Nase erwartet hätte. Das war definitiv schon einmal ein guter Start in den Abend. Zwar soll man keine Äpfel mit Birnen vergleichen, wir machen es aber trotzdem, denn es geht weiter mit einem Willi Frucht, also einem Brand aus der Williams Birne, die süß und fruchtig ohne Umschweife aus dem Glas strömt. Dahinter verbergen sich süßer Honig und eine leichte Säure. Auch geschmacklich gibt es hier viel Birne, die auch jetzt wieder mit Honig und Zitrussäure kombiniert wird.

Nach diesem gelungenen Start kommen nun die Whiskys an die Reihe, wobei der sieben Jahre alte Bodensee-Whisky mit Reifung in Rotwein- und Bourbonfass sowie Finish im Sherry-Fass und dezenten 42% den Start macht. Die Gerste für den Whisky stammt aus eigenem Anbau, wird aber extern gemälzt, bevor sie weiterverarbeitet wird. In der Nase steht hier vor allem Kakao im Vordergrund, dazu kommen aber auch Vanille und Karamell. Am Gaumen ist das Profil ganz ähnlich, denn auch hier gibt es wieder eine überraschend stark ausgeprägte Kakaonote, die aber ergänzt wird von Vanille, Honig, Malz und etwas Eiche im Hintergrund. Ganz leicht ist auch eine dunkle Fruchtnote zu erkennen. Danach folgt die Edition Herbert, die zunächst sechs Jahre in Bourbon- und Sherryfässern lag, bevor er ein Finish im Amarone Fass erhielt. Dieser Whisky ist dem Vater von Silke Senft gewidmet und wurde zu Ehren seines Geburtstags abgefüllt. Auch hier gibt es in der Nase wieder Kakao, allerdings nicht so stark ausgeprägt wie beim Bodensee-Whisky. Stattdessen gibt es nun dunkle Beeren, dezente Pflaumen und eine leichte Nussigkeit. Am Gaumen tauchen zunächst die dunklen Beeren wieder auf, jetzt aber mit etwas Honig gesüßt. Der Kakao hat ebenfalls wieder seinen Auftritt, bevor am Ende eine Mischung aus Ingwer und mildem Pfeffer hinzukommt.

Nach einer kurzen Pause mit filmischer Führung durch die Brennerei folgen dann noch drei weitere Abfüllungen. Bei der Edition 83 handelt es sich um eine acht Jahre alte Einzelfassabfüllung mit Vollreifung im PX Fass. Der Name der Edition stammt hier ganz einfach von der Fassnummer, denn der Whisky lagerte im Fass mit der Nummer 83. Die Nase bietet Honig und Orangen, gleichzeitig aber auch nussige Elemente und ein paar dunkle Beeren. Dahinter verbergen sich noch Tabak und wieder ein wenig Kakao. Am Gaumen tauchen die Noten grundsätzlich in dieser Form wieder auf, allerdings nun ergänzt durch etwas mehr Säure und ein Aroma, das mich an Weingummi erinnert. Es folgt die Fassstärke, die in Bezug auf die Fassreifung identisch mit dem Bodensee-Whisky ist. Die bei der Destillerie und damit auch für diese Abfüllung verwendeten Rotweinfässer stammen vorrangig aus der Region, sind aber immer sehr frisch entleert. Beim Whisky stehen nun in der Nase Honig, Vanille, Rotweinaromen und etwas rote Frucht im Vordergrund, wieder sind aber auch deutliche Kakaonoten zu erkennen. Am Gaumen gibt es eine sehr intensive Mischung aus dunklen Trauben, Vanille, Rotwein, Tabak und dunkler Schokolade.

Anders als von mir angenommen kommt für das Finale kein weiterer Whisky ins Glas, stattdessen gibt es den Bodensee-Rum mit Jamaica Wood Finish. Ursprünglich hätten hierfür die Zuckerrüben aus eigenem Anbau verwendet werden sollen, allerdings hätte das Endprodukt dann nicht Rum heißen dürfen. Aus diesem Grund wird das Zuckerrohr aus Kuba importiert, woraus dann der Bodensee-Rum entsteht. Der Rum reift dann jeweils ein Jahr im Rotwein-, Bodensee-Whisky- und Jamaica Rum-Fass. In der Nase ergibt das eine spannende Mischung aus Zimt, exotischen Früchten, Karamell, Biscuit, Mandeln und sehr viel Banane. Am Gaumen wird der Biscuit noch deutlich präsenter, aber auch die fruchtigen Aromen bleiben sehr schön erhalten. Ergänzt wird das Profil durch Honigsüße, Kokosnuss und Ananas. Damit geht ein tolles Tasting mit sieben sehr spannenden Abfüllungen zu Ende. Natürlich bin ich eigentlich beim Whisky zu Hause, aber auch die Brände und der Rum haben mir sehr zugesagt. Es fällt mir schwer, hier einen echten Favoriten aus dem Tasting zu benennen, denn auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist durchgängig ausgesprochen fair. Diese Destillerie muss man definitiv im Auge behalten!

Ich wurde freundlicherweise kostenlos zu diesem Online-Tasting eingeladen.