Donnerstag, 12. September 2024

Wandern, Whisky und Rhöner Tapas auf dem Sturmiushof (Hammelburg)

Inzwischen ist es schon eine schöne Tradition geworden, dass meine Frau und ich im September eines jeden Jahres eine Rundfahrt durch Deutschland machen. Diesmal haben wir uns Bayern und Thüringen als Schwerpunkte ausgesucht, so dass unsere Reise im Norden Bayerns in Hammelburg ihren ersten Stopp hatte. Dort bin ich eher zufällig über den Sturmiushof gestolpert, den ich tatsächlich zuvor nicht kannte. Ein genauso großer Zufall war es, dass an unserem Anreisetag ein Whisky-Event auf dem Sturmiushof stattfand, das aus einer Wanderung zum Fasslager in einem Gewölbekeller, einem sehr ausführlichen Tasting und Rhöner Tapas bestand. Unser Vermieter in Hammelburg war so freundlich, uns rechtzeitig zum Beginn der Veranstaltung um 17:00 Uhr bei guten 30 Grad im Schatten zum Sturmiushof zu fahren, der etwas außerhalb vom Hammelburger Zentrum liegt. Gemeinsam mit rund 20 anderen Whisky-Begeisterten freuten wir uns auf einen genussreichen Whisky-Abend. Ein Großteil der übrigen Gäste nutzte übrigens einen der Wohnmobil-Stellplätze direkt auf dem Sturmiushof, was natürlich optimal für den Besuch vor Ort ist, wenn man Whisky genießen möchte.


Ungefähr 20 Minuten dauert die Wanderung vom Sturmiushof zum Fasslager in einem rund 500 Jahre alten Gewölbekeller, für den der Sturmiushof die Nutzungsrechte hat. Die sehr tief stehende Sonne schien uns auf dem Weg erbarmungslos ins Gesicht, trotzdem haben alle Gäste die Wanderung unversehrt überstanden. Im Fasslager erwartete uns bereits Walter Zeitz vom Sturmiushof, der mit Gläsern für alle Gäste und einem Valinch im Gepäck mit dem Auto vorgefahren war. Rund 25 Fässer mit verschiedenen Vorbelegungen wie Sherry, Rum, Bourbon oder sogar Grappa erwarteten uns vor Ort, an denen wir ausgiebig schnuppern konnten. Aus drei Fässern, die zuvor mit Oloroso, Port und Laphroaig belegt waren, durften wir uns dann zwei aussuchen, die wir direkt vor Ort probieren konnten. Hier stellte es sich natürlich aus Vorteil heraus, dass wir zu zweit unterwegs waren, so dass wir alle drei Abfüllungen probieren konnten. Dabei gefiel uns beiden das Port-Fass mit seinen fruchtigen Noten am besten, das Laphroaig-Fass wirkte erst einmal sehr rauchig, gab mit der Zeit aber seine vanillig-süße Seite preis, während das Oloroso Cask für helle Früchte und eine ausgeprägte Trockenheit sorgte. Das war schon einmal ein sehr spannender Einstieg in den Abend.

Zurück auf dem Sturmiushof gab es beim folgenden Tasting zunächst einen ca. 4,5 Jahre alten Whisky aus dem Chateau di Fieuzal Cask, also einem französischen Rotweinfass, ins Glas. Wie bei allen Whiskys mit Ausnahme des Yankee gab es immer die Wahlmöglichkeit, ob man die Trink- oder die Fassstärke der jeweiligen Abfüllungen probieren möchte, meine Frau und ich entschieden uns dabei durchgängig für die Fassstärken. Der Chateau di Fieuzal wirkte trotz des erhöhten Alkoholgehalts in der Nase zunächst relativ dezent in der Nase, die Aromen kamen erst am Gaumen so richtig zum Vorschein, hier gab es dann aber viel Süße, Karamell und dunkelfruchtige Noten. Ein schöner Einstieg ins Tasting, das dann kurz für den warmen Teil der Rhöner Tapas unterbrochen wurde. Es gab eine tolle grobe Rhöner Bratwurst mit einem leckeren Kartoffelsalat. Die Grundlage für die zweite Runde war damit definitiv gelegt.

Hier folgte dann ein 5,5 Jahre alter Whisky aus einem Grappa Cask. In der Nase gab es hier viel Süße mit hellen Trauben, während am Gaumen eine Mischung aus cremigen und nussigen Noten auftaucht, die am Ende in Kombination mit den hellen Trauben sehr trocken wirkt. Im Abgang kommen dann noch etwas Pfeffer und Ingwer hinzu. Ich vermute, dass dieser Whisky sehr stark polarisieren könnte, meiner Frau und mir hat er jedoch so gut gefallen, dass wir uns eine Flasche mitgenommen haben. Im Anschluss folgte der zweite Teil der Rhöner Tapas, diesmal in der kalten Variante, die dann für den Rest des Abends reichen sollte. Tatsächlich war der Teller mit Leberwurst, Whisky-Schinken in zwei Variationen, Kochschinken, Whisky-Salami, Leberkäse, weiteren Wurstsorten und leckerem Käse so gut gefüllt, dass wir auch am kommenden Abend noch gut von den Resten mit den ebenfalls übriggebliebenen Brötchen, die uns unsere Vermieter zur Begrüßung bereitgestellt hatten, satt geworden sind. Schade, dass man diese Leckereien auf dem Sturmiushof nicht kaufen kann.

Weiter ging es dann mit einem sechs Jahre alten Tropfen aus dem Marsala Cask, der sehr cremig und nussig daherkam. Da wir den Whisky beim Rundgang durch die kleine, aber wirklich feine Brennerei genossen, habe ich mir keine ausführlicheren Notizen dazu gemacht, er hat mir aber mit seinen fruchtig-süßen Aromen sehr gut gefallen. Im Anschluss gab es quasi als "Zwischen-Dram" eine weitere Fassprobe aus einem alten Jack Daniel´s Fass, das seit 2017 von Bunnahabhain genutzt wurde. Seit ca. 2,5 Jahren liegt nun ein Whisky vom Sturmiushof im Fass, der u.a. mit Coffee und Chocolate Malt gebrannt wurde. Das sorgt für malzige und schokoladige Noten, wobei ich mir einbilde, die für Bunnahabhain typische Schoko-Note durch das verwendete Malz noch verstärkt wahrnehmen zu können. Dazu kommt eine schöne Süße, so dass ich mich schon jetzt auf das Endergebnis freue, auf das ich aber vermutlich noch mindestens 18 Monate werde warten müssen, denn unter vier Jahren möchte Walter grundsätzlich keinen Whisky abfüllen.

Danach kam dann der Yankee ins Glas, bei dem man sich schon denken kann, dass es sich um die Rhöner Version eines Bourbons handelt. Tatsächlich darf Walter seinen Whisky nicht Bourbon nennen, weil der Begriff geschützt ist. Er hat sich daher im Gegenzug den Begriff Yankee für seinen "Bourbon" schützen lassen. Dieser Schutz gilt noch bis 2029, kann aber noch einmal verlängert werden. Der Whisky ist bereits 7,5 Jahre alt und überzeugt mit süßen Noten und Malzaromen, dies jedoch ohne die Klebstoffnoten, die ein Bourbon oftmals hat. Dazu kommen Vanille, Karamell und vanillige Noten. Der folgende Rye ist sogar noch ein halbes Jahr älter als der Yankee und reifte im Esskastanienfass. Hier gibt es nussige Aromen, die aber sehr schön mit Birnen und Roggenbrot kombiniert werden. Insgesamt ist der Whisky überraschend fruchtig, bietet aber auch eine tolle Honigsüße.

Den offiziellen Abschluss bildete dann ein Single Malt mit Rauch-, Röst- und Karamalz, der im Bourbon und im Laphroaig Cask gereift ist. Hier hat meine Frau ausnahmsweise die Trinkstärke gewählt, bei der das rauchige Fass deutlich stärker zum Vorschein kam als bei der Fassstärke. Die Röstnoten wiederum sind bei der Fassstärke sehr schön erkennbar, dazu kommen Schokolade und Kaffee. Mit einem Stückchen Schokolade ergänzen sich die Aromen perfekt. Als Zugabe konnte man dann noch aus dem restlichen Sortiment der Brennerei wählen, wobei meine Frau zunächst für den Eierlikör auf Basis eines Single Malts aus dem Bourbon und Laphroaig Cask, den Walter als "Männer-Eierlikör" bezeichnete, denn es gibt hier zunächst die typische Eierlikör-Süße, bevor dann der Whisky noch einen deutlichen Auftritt hat.

Da ich mich nicht entscheiden konnte zwischen den beiden zur Verfügung stehenden Mystic-Abfüllungen, durfte ich von beiden einen kleinen Schluck probieren. Dabei gab es zunächst einen Single Malt mit Birnenbrand-Finish, dann noch einen Rye mit Finish im Zwetschgenbrand-Fass. Letzteres hat mich mit seinem Mix aus brotigen Noten, Schokolade und Früchten so überzeugt, dass auch davon eine Flasche mit nach Hause musste. Insgesamt hatten wir einen richtig tollen Abend auf dem Sturmiushof. Die Hitze hat allen Beteiligten ein wenig zugesetzt, aber trotzdem haben wir die verschiedenen Whiskys sehr genossen. Walter war am Ende sogar noch so freundlich, uns zu unserer gut vier Kilometer entfernten Ferienwohnung zurückzufahren. Dafür und für den tollen Abend insgesamt möchte ich mich ganz herzlich bei Doris und Walter bedanken. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht und wir kommen sehr gerne wieder!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen