Ich nehme es gleich vorweg, die Enttäuschung des Abends befand sich schon im ersten Glas. Ein 14 Jahre alter Dalmore aus dem Jahr 1999, der von Gordon & MacPhail mit 46% abgefüllt wurde, hat keinem der Teilnehmer wirklich zugesagt. Eine ganz intensive Note von frisch gemähtem Gras steigt einem in die Nase, dazu kommt ein leichtes Fruchtaroma, das an unreifen Pfirsich erinnert. Im Geschmack sind die wenigen Fruchtnoten dann völlig verschwunden. Eine ausgeprägte Bitterkeit, Malz, Holz und Würze dominieren diesen auch im Abgang deutlich zu bitteren Whisky. Ganz klar besser wurde es beim zweiten Glas, in dem sich der einzige Blend des Abends befand. Der auf 6.000 Flaschen limitierte The Hive Batch Strength präsentiert sich honigsüß mit reifen gelben Früchten. Ein ähnliches Aroma hat man auch am Gaumen, besonders der Honig prägt den Whisky, es scheinen aber auch noch exotische Früchte wie Mango durch. Ein Whisky, der ein wirklich tolles Preis-Leistungs-Verhältnis bietet, ist er doch schon für rund EUR 37,- erhältlich.
Weiter ging es mit meinem persönlichen Highlight des Abends, das wie schon so oft aus dem Hause A.D. Rattray stammt. Ein neun Jahre alter Dailuaine aus einem Sherry Butt, das letztlich 656 Flaschen hergegeben hat. Viel Süße, Karamell, Vanille, Aprikose und rote Grütze in der Nase lassen berechtigte Vorfreude aufkommen. Im Mund kommen zur Honigsüße und den roten Früchten eine leichte Malzigkeit und, wenn man den Whisky in der Hand etwas aufgewärmt hat, auch eine ausgeprägte Kakaonote. Eine sehr spannende und vor allem schmackhafte Kombination. Danach ging es wohlschmeckend und hochprozentig mit dem As We Get It weiter, der mit schlagkräftigen 64% in die Flasche gewandert ist. Auch hier gibt es rote Früchte in der Nase, wobei besonders Himbeere und Erdbeere hervorstechen. Der hohe Alkoholgehalt erzeugt eine Schärfe im Mund, die an Pfeffer und Ingwer erinnert, dazu kommt aber auch Zuckerwatte, Erdbeere und Schokolade. Abfüller Ian Macleod verrät nicht, aus welcher Destillerie dieser Tropfen stammt, spekuliert wird jedoch auf Glengoyne.
Nachdem A.D. Rattray mit dem ersten Whisky schon sehr begeistern konnte, kam gleich noch eine zweite Abfüllung aus diesem Stall in die Gläser. Ein neun Jahre alter Pulteney präsentierte sich in der Nase mit salziger Seeluft, Vanille, Aprikose und Birne. Im Mund kommt dann noch eine ausgeprägte Ingwerschärfe hinzu, die von süßer Vanille begleitet wird. Besonders an der Zungenspitze ist man stark an einen Schaumkuss erinnert. Zum Abschluss des Abends durfte auch Wemyss noch einmal nachlegen und seinen "Stewed Fruit Relish" präsentieren, einen Craigellachie ohne Altersangabe. Die erste Nase tendiert zu Haribo Tutti Frutti, danach kommen rote Früchte, Vanille und herber Kakao hinzu. Leider waren die Früchte am Gaumen nicht mehr so präsent, lediglich einige gelbe Pflaumen waren noch zu finden. Ansonsten wird das Aroma von süßer Vanille, Karamell und einer leichten Kakaonote dominiert. Das könnte aber auch dem Umstand geschuldet sein, dass diese Abfüllung deutlich weniger Volumenprozente bietet als die vier zuvor verkosteten Vertreter.
Nachdem jeder zum Abschied noch einmal seinen Favoriten ins Glas bekam, wurden wir glücklich in den späten Hamburger Abend entlassen. Vielen Dank, lieber Norbert, für Deine Gastfreundschaft. Wir waren sicher nicht zum letzten Mal dabei.
Übersicht der verkosteten Whiskys:
Dalmore 2001/2015 (Gordon & MacPhail Connoisseurs Choice), 14yo, 46%, ca. EUR 50,-
The Hive Batch Strength Batch 1 (Wemyss), NAS, 54,5%, ca. EUR 37,-
Dailuaine 2007 (A.D. Rattray), 9yo, 57,2%, ca. EUR 55,-
As We Get It Highlands (Ian Macleod), NAS, 64%, ca. EUR 55,-
Pulteney 2007 (A.D. Rattray), 9yo, 58,4%, ca. EUR 70,-)
Craigellachie "Stewed Fruit Relish" (Wemyss), NAS, 46%, ca. EUR 62,-
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