Montag, 14. Oktober 2019

5. Helgoländer Whiskyfestival (Creag Dearg Distillery)

Bei unserem letzten Besuch auf Helgoland im September haben wir natürlich auch wieder Thomas Wüppermann besucht, der inzwischen seine Destillerie im Oberland eingerichtet hat. Wie schon in den vergangenen Jahren hat er natürlich auch wieder versucht, uns dazu zu überreden, dass wir endlich einmal am Whiskyfestival teilnehmen. In den vergangenen Jahren passte es bei mir leider mit dem Urlaub nie, aber diesmal hatte ich ohnehin zur Zeit des Festivals frei und es waren kurzfristig noch zwei Plätze mit Übernachtungsmöglichkeit zu haben. Also nutzten wir die Chance und waren diesmal mittendrin, statt das Geschehen auf der Insel nur über Bilder auf Facebook zu verfolgen. Eines vorab: Trotz der durch das stürmische Wetter bedingt etwas schwierigen Rahmenbedingungen und dadurch erzwungener Programmanpassungen sind wir sehr froh, dass wir bei dieser tollen Veranstaltung dabei waren.

Zwar ging das offizielle Festival erst am Freitag los, aber einige der Teilnehmer reisten bereits am Donnerstag nach Cuxhaven. Da eigentlich die Überfahrt nach Helgoland mit dem Feuerschiff Elbe 1 geplant war, trafen wir uns dort. Natürlich war auch hier schon die eine oder andere Flasche Whisky am Start, von denen mir ein 23 Jahre alter Tropfen aus der Speyside Distillery vom Whiskybroker besonders gut gefallen hat. Leider ist diese absolute Sherrybombe mit tollen Fruchtaromen inzwischen bereits ausverkauft. An Bord gibt es einige Kabinen, in denen man übernachten kann, und so kamen meine Frau und ich dort für die Nacht unter. Die Überfahrt am nächsten Morgen erfolgte dann mit der MS Helgoland, dem einzigen Linienschiff auf der Strecke nach Helgoland, dass auch bei stürmischen Bedingungen noch zuverlässig fährt. Das für die Überfahrt geplante Tasting wurde sicherheitshalber verschoben, denn so ruhig die Nacht im Hafen noch war, genauso schaukelig war die Überfahrt. Glücklicherweise bin ich sehr seefest, die blauen Tüten, die überall im Schiff ausliegen, waren aber bei vielen Mitreisenden ein treuer Begleiter der Fahrt. Schließlich wurde man schon zu Beginn mit den Worten begrüßt, dass man gar nicht versuchen sollte, die Toilette zu erreichen - das schaffe man eh nicht.

Gut durchgeschüttelt auf der Insel angekommen wurden wir herzlich von Wüppi begrüßt. Im Hotel Hochseeinsel, deren Frühstücksraum wir glücklicherweise während des Wochenendes oftmals als Ersatz für die in Cuxhaven gebliebene Elbe 1 nutzen durften, wurden zunächst Festival-Shirts und Zimmer verteilt. Schließlich war für viele von uns mit der Elbe 1 auch das geplante Bett am Festland geblieben. Während alle ihre Unterkünfte bezogen, kamen zur Überbrückung dann auch die Flaschen aus dem für die Überfahrt geplanten Tasting auf den Tisch. Hier hat mich ganz besonders eine zehn Jahre alte Einzelfassabfüllung aus dem Madeira-Fass von Glengoyne begeistert, die exklusiv für WhiskyMania abgefüllt wurde. Anschließend ging es auf eine Tour durch die Bunkeranlagen, wo uns die Geschichte der Insel mit seiner militärischen Bedeutung nähergebracht wurde. Es ist sehr bedrückend, in was für engen Gängen die während des Zweiten Weltkriegs rund 4.000 Helgoländer sich bei Angriffen verkriechen mussten. Man kann nur hoffen, dass solche Anlagen zukünftig nie wieder notwendig werden.

Natürlich gab es aber auch auf der Tour durch den Bunker ausreichend Whisky. Vom unabhängigen Abfüller Keeper of the Spirit gab es ein Arran-Trio. Hierfür wurde ein elf Jahre alter Whisky aus dem Bourbon Barrel für ein gutes halbes Jahr in drei First Fill Octaves umgefüllt, die zuvor Rotwein, Oloroso und PX Sherry enthielten. Ich fand es sehr spannend, wie unterschiedlich sich Whisky aus einem Fass bei verschiedenen Finishes entwickeln kann. Besonders hat mir die Rotwein-Variante gefallen, die ein tolles Fruchtaroma entwickelt hat. Lediglich die Oloroso-Version erschien mir schon fast etwas überladen, aber auch dafür gibt es sicher die richtigen Momente. Nach der Bunker-Tour ging es dann zurück ins Hotel Hochseeinsel, wo Wüppi in der Zwischenzeit Fleisch, Würstchen, Brot und Salate für uns vorbereitet hatte, damit wir gestärkt in den Abend gehen konnten, der natürlich noch weitere flüssige Highlights wie einem Wüppi-Blend direkt aus dem kleinen 5-Liter-Fass oder einem vierzehn Jahre alten Glenfarclas in Fassstärke bot. Dabei wurden wir übrigens das ganze Wochenende von einem Piper begleitet, der immer wieder für schottische Atmosphäre auf Helgoland sorgte.


Der Samstag begann mit einem leckeren Frühstück und der anschließenden Überfahrt auf die Düne, wo uns die drei Octaves aus dem Bunker vom Vortag noch einmal begegnen sollten. Nachdem der Arran im Dezember 2018 abgefüllt wurde, zog ein zehn Jahre alter Caol Ila in die Fässer ein, was jedoch nicht auf dem Label stehen darf. Auch hier fand ich die Variante aus dem Rotweinfass wirklich überragend gut, weil mir das Zusammenspiel von roten Früchten, Süße und Rauch extrem gut gefällt. Bei den beiden Sherry-Abfüllungen war der Rauch dann vor allem in der Nase kaum noch spürbar, aber alle drei Fässer haben tolle Arbeit geleistet. Direkt von der Dünenfähre ging es dann zum Leuchtturm. Dort gab es ausnahmsweise keinen Whisky, denn auf dem Leuchtturm herrscht striktes Alkoholverbot. Zugegebenermaßen waren mir viele Details bei der Führung etwas zu technisch, aber der Ausblick über die Insel und die Düne ist wirklich toll. Leider wird regulär eine Besichtigung nicht angeboten, so dass die Chance auf diese Perspektive auf Helgoland wohl nicht so schnell wiederkehrt.

Am Nachmittag hatten wir etwas Zeit, um die Whiskyläden auf Helgoland unsicher zu machen. Zumindest ein kleiner Abstecher in den Laden von Helgoheiner war natürlich Pflicht. Bei Wüppi in der Destillerie bzw. im Laden wurde zeitgleich das Fass mit der Festivalabfüllung geöffnet. Hierfür wurde der Pagan Soul, einem fünf Jahre jungen Islay-Whisky aus dem Bourbonfass vom unabhängigen Abfüller Heathen Spirits, für vier Monate in einem 50-Liter-Sherry-Fass nachgelagert, das zuvor Macallan enthielt. Jeder Teilnehmer des Festivals konnte hier mithilfe eines Valinchs seine eigene 0,5-Liter-Flasche befüllen und mit nach Hause nehmen. Wüppi war es sehr wichtig, dass jeder seine Flasche selbst abfüllt, damit sich auch beim Öffnen des Whiskys zu Hause jeder an die zehnminütige Prozedur und die dadurch entstandenen Knie- oder Rückenschmerzen erinnert. Dieser Plan wird in vielen Fällen aufgehen, denn die Haltung beim Abfüllen ist tatsächlich sehr ungewohnt. Das Finish hat dem Pagan Soul übrigens meiner Meinung nach sehr gut getan. War er in der "Vorher-Version" noch recht stark rauchig und kräftig, ist er durch den Sherry-Einfluss deutlich milder geworden und hat nun auch Fruchtaromen hinzugewonnen.


Der Weg zum Abendessen war diesmal nicht lang, denn dieses wurde in Form eines Vier-Gänge-Menüs direkt nebenan im Restaurant Störtebeker serviert. Nach einer Rinderbrühe und einem gemischten Salat wurde ein leckerer Kasselerbraten mit Sauerkraut und Kroketten aufgetischt. Den Abschluss bildete dann ein leckeres Parfait auf einem Bananenspiegel. Dazwischen fehlte es uns natürlich an nichts, denn auch hier kamen wieder tolle Tropfen in die Gläser. Auch diesmal konnten wieder die Abfüllungen von Keeper of the Spirit glänzen, denn neben einem zehn Jahre alten Einzelfass von Port Charlotte aus dem Bourbon Barrel gehörte auch die recht neue 9Y4M4D zu den Highlights des Festivals. Hierbei handelt es sich um einen Aultmore aus dem Refill Sherry Hogshead mit kräftigen 61,2%. Der Name leitet sich dabei vom Alter des Whiskys ab, der nämlich genau neun Jahre, vier Monate und vier Tage im Fass reifte. Diesen wirklich tollen Whisky werde ich in Kürze an dieser Stelle auch noch einmal im Detail vorstellen.

Wer noch nicht genug hatte, konnte dann den Abend im Hotel Hochseeinsel gemütlich bei dem Film "Scotch - A Golden Dram" ausklingen lassen. Dabei sollten natürlich auch noch die Reste der angebrochenen Flaschen genossen werden. Wer nach dem Menü noch einen Gute-Nacht-Hunger verspürte, der wurde zu fortgeschrittener Stunde noch mit Whisky-Kabanossi von Scott Gordon, der ja auch hinter Heathen Clan steckt, versorgt. Ein leckerer Snack, der genau zum richtigen Zeitpunkt kam. Am Sonntag blieb dann noch Zeit, um die inzwischen gelabelte Festival-Flasche aus Wüppis Laden abzuholen. Da wir auch mit der MS Helgoland zurückfuhren, hatten wir noch einige zusätzliche Stunden auf der Insel, die wir zumindest zum Teil auch einfach dafür genutzt haben, die wunderbare Ruhe Helgolands zu genießen. Nach dem abschließenden Gruppenfoto ging es dann aber leider schon wieder zurück aufs Festland, wo dann noch die Bahnfahrt zurück nach Hause auf uns wartete. Gegen 23:00 Uhr hatten wir es geschafft und fielen müde und glücklich ins Bett. Das Wochenende mit netten Leuten und tollem Whisky hat uns ausgesprochen viel Spaß gemacht, war aber auch anstrengend. Unser ganz herzlicher Dank geht an Wüppi, der trotz des Sturms ein tolles Programm auf die Beine gestellt hat, und alle anderen, die zum Teil sehr kurzfristig unstützend zur Seite standen. Ich hoffe sehr, dass wir auch im nächsten Jahr die Teilnahme am Festival einrichten können. Und wer nicht dabei war, aber Lust auf das Festival bekommen hat, sollte sich jährlich das zweite Wochenende im Oktober freihalten. Dann steht nämlich jeweils die Neuauflage an, für die Wüppi sich sicherlich wieder spannende Highlights wird einfallen lassen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen