Samstag, 3. September 2022

Messebericht Köpenicker Whiskyfest Tag 1 (inkl. Hinch Irish Whiskey Tasting)

Das erste Wochenende im September ist für uns immer fest für einen Besuch in Köpenick eingeplant, denn dann findet regelmäßig das Köpenicker Whiskyfest in der Freiheit 15 direkt an der Müggelspree statt. Wie eigentlich immer in den vergangenen Jahren hat auch das Wetter wieder hervorragend mitgespielt, denn es war am ersten Messetag nicht zu heiß, gleichzeitig war es aber auch zumeist sonnig. Lediglich unser Stammhotel, das Penta Hotel in Köpenick, konnten wir diesmal nicht beziehen. Wenn gleichzeitig IFA in Berlin ist und der FC Bayern zum Auswärtsspiel zu Union kommt, dann werden die Betten knapp oder mindestens teuer. Zum Glück haben wir mit dem Hotel Alter Markt aber eine gute Alternative gefunden, die deutlich besser ist, als es die Online-Bewertungen erahnen lassen. Außerdem ist man von dort aus tatsächlich in nur drei bis vier Minuten am Messegelände. Pünktlich um 16:00 Uhr wurden dann die Tore geöffnet. Leider wurden dann an der Tageskasse stolze EUR 18,- statt der EUR 15,- aus dem Online-Verkauf aufgerufen. Kleiner Tipp also für alle Besucher, die am Samstag noch zur Messe wollen: Kauft die Tickets vorab online, dann habt Ihr vielleicht schon das Geld für den ersten Dram gespart. Der Online-Preis für den zweiten Messetag beträgt EUR 18,-.


Eigentlich sollte unser erster Weg uns zu Schlumberger und damit vorrangig zu Bastian Denkler von Penderyn führen. Das klappte auch, aber leider waren die neuen Icons of Wales-Abfüllungen noch nicht da. Hier werde ich mich also noch ein wenig gedulden müssen, trotzdem hat es auch so Spaß gemacht, mal wieder ein paar Worte mit Bastian wechseln zu können. Zumindest schnuppern konnten wir am New Make der neuen Schwester-Destillerie von Penderyn, die vor kurzer Zeit den Betrieb aufgenommen hat und rauchige Whiskys produzieren soll. Der Rauch kommt hier sehr schön durch, gleichzeitig bleibt das Destillat enorm fruchtig. Da können wir uns in einigen Jahren sicherlich auf tolle Tropfen freuen. Am Stand von Scandlines wurde dann aber endlich auch unser Glas eingeweiht. Meine Frau entschied sich für einen Glen Garioch 1999/2018 Wine Cask Matured. Das Fass hat hier ganze Arbeit geleistet und dem Whisky viele Wein-Einflüsse mit auf den Weg gegeben, so dass er fruchtig-süß ist, ohne dabei an Würze zu verlieren. Für mich gab es ein Teeling Single PX Sherry Cask mit viel Karamell und süßen, roten Früchten. Später kehrten wir noch einmal zurück, um den Bain´s aus Südafrika mit Shiraz Finish zu probieren. Die kräftigen 62,8% erschienen uns für den Messestart einfach etwas zu intensiv, tatsächlich schob der Alkohol aber gar nicht so sehr. Mit seinen fruchtigen und süßen Aromen war dieser Whisky mein persönliches Highlight des ersten Tages, und das bei einem Dram-Preis von nur EUR 2,-. Leider werden die Flaschen nur direkt im Bordershop verkauft, aber da werde ich allerspätestens zum nächsten Whisky Festival im November wieder hinfahren. Ich bin mir sehr sicher, dass dann eine der Literflaschen zum sehr günstigen Preis von EUR 54,- bei mir einziehen wird.

Am Stand von Dramfool entschied ich mich dann für einen Bruichladdich, der mit dem Archives Label exklusiv für den Whiskybase Shop abgefüllt wurde. Ich bin ja ein bekennender Laddie-Fan, diese Abfüllung hat mich aber nicht so richtig aus den Socken gehauen. Sehr dezent in der Nase, außer Karamell und leichten Kräutern auch nicht viele Aromen am Gaumen. Das war mir in Summe deutlich zu eindimensional. Etwas später hatte ich hier noch einen Dramfool High Parkland (damit auch wirklich niemand die Destillerie auf den Orkneys errät) aus einem Oloroso-Fass, das zuvor von Caol Ila genutzt wurde. Diese Abfüllung hat mich mit rauchigen Aromen, fruchtiger Süße und dezenter Würze dann wiederum sehr begeistert. Mit über 60% ist aber auch dieser Whisky eher ein Rausschmeißer als ein Starter für die Messe. Davor habe ich auch Cadenheads Berlin schon einen kurzen Besuch abgestattet, wo ich mir einen 15 Jahre alten Irish Whiskey aus der Whisky Shop-Reihe einschenken ließ. Dieser Tropfen aus dem Bourbon Hogshead wurde vom Mailänder Shop ausgewählt und bietet im Grunde genau das, was man sich von einem fassstarken Iren aus dem Bourbonfass erhofft, nämlich eine runde, milde Süße mit einer schönen Cremigkeit. Am zweiten Messetag werde ich mich definitiv noch etwas ausführlicher mit Cadenheads beschäftigen, denn wie immer gibt es hier mehr spannende Abfüllungen, als man an einem Tag probieren kann.

Ebenfalls nicht fehlen darf ein Besuch beim Whiskyhort, der wie schon in den vergangenen Jahren vom Whisky Druiden Michel Reick unterstützt wurde. Meine Frau bekam hier einen Probierschluck von Michels Fass aus dem Strathearn Private Cask Club, einem Virgin French Charred Cask, das vorrangig Honig und Karamell bot, aber auch eine leichte Fruchtigkeit mitbringt. Für mich gab es zeitgleich einen Glen Garioch aus dem Amarone Barrel, der unter dem Best Dram Label abgefüllt wurde. Nach einem fruchtigen Start kommen hier Nüsse und ein Bündel Gewürze zum Vorschein, bevor es in den trockenen Abgang geht. Ebenfalls probieren musste ich unbedingt das Starward French Oak Red Wine Einzelfass, das exklusiv für den Whiskyhort und Flickenschild in Itzehoe abgefüllt wurde. Tatsächlich kommt der Rotwein hier gar nicht so deutlich durch, wie ich es schon bei anderen Starwards erlebt habe, trotzdem ist das ein wirklich spannender Whisky, den es sich absolut zu probieren lohnt, wenn man die schweren Fruchtaromen und die Würze von Rotweinfassreifungen mag. Am zweiten Messetag wird es hier übrigens auch noch ein Tasting mit vier Exklusivabfüllungen vom Whiskyhort geben. Darauf freue ich mich schon sehr, denn unter anderem ist der brandneue Tomatin, ebenfalls gemeinsam mit Flickenschild abgefüllt, dabei, bei dem schon im Laufe der letzten Woche mein Bestellfinger immer wieder leicht gezuckt hat.

Abgerundet wurde der erste Messetag durch ein Hinch-Tasting mit Schlumberger Drambassador Ronan, der schon seit über 30 Jahren in der irischen Whiskeywelt arbeitet. Die Destillerie destilliert bereits eigenen Spirit, dieser ist aber erst rund 22 Monate alt, so dass man aktuell noch auf Whiskey von anderen Brennereien wie vorrangig Bushmills, Great Northern und Cooleys zurückgreift. Für die Grain-Anteile wird das auch in Zukunft so bleiben, dann Hinch ist eine reine Malt Destillerie. Mit ersten eigenen Abfüllungen ist voraussichtlich 2024/2025 zu rechnen. Im Tasting starteten wir mit dem Hinch Small Batch, der einen Malt-Anteil von 25% hat. In der Nase erinnert der Whiskey mit seinen jugendlichen Noten, Kräutern und Wacholder fast an einen Gin, am Gaumen wird es dann mit Zuckerwatte, Karamell und Vanille deutlich angenehmer. Auf Basis des Small Batch ist auch der Craft & Cask entstanden. Während der Small Batch jedoch vier Jahre lang im Bourbonfass reift, wird für den Craft & Cask der Whisky nach drei Jahren entnommen und die Whitewater Brewery befüllt das Fass für zwölf Wochen mit einem kräftigen Imperial Stout, bevor dann der Whiskey für weitere zwölf Monate wieder einziehen darf. Das sorgt in der Nase für Kräuter und Schokolade sowie dünnen Kaffee und eine leichte Fruchtigkeit. Am Gaumen entwickelt sich die Schokolade von heller Milchschokolade hin zu dunklem Kakao, gleichzeitig bekommt der Kaffee eine große Ladung Zucker ab. Nur noch rund 100 Flaschen sind auf dem deutschen Markt erhältlich, danach wird es diese Abfüllung in dieser Form nicht mehr geben. Es sind aber schon neue Kooperationen mit Whitewater und anderen Brauereien geplant.

Mein persönliches Highlight im Tasting war der 12 Jahre alte Whiskey mit einjährigem Amarone Finish, wobei der Grain-Anteil hier sogar stolze 19 Jahre alt ist. Ist der Tropfen in der Nase zunächst noch sehr dezent mit leichten Fruchtnoten und etwas Süße, nimmt er am Gaumen richtig Fahrt auf. Rote Trauben, Kirschen und dunkle Beeren mischen sich mit würzigen Noten und einem leichten Nussaroma. Der abschließende Peated Whiskey sollte dann ein Blick in die Zukunft der Destillerie sein, denn das wird der Stil sein, den Hinch produzieren möchte. Zwar soll typisch irisch dreifach destilliert werden, aber man will den schottischen Einfluss beibehalten und mit rauchigem Malz brennen. Dafür spricht auch, dass man sich einen Master Distiller ins Boot geholt hat, der rund zehn Jahre lang für verschiedene Brennereien aus dem Diageo-Konzern gearbeitet hat. Der Whiskey bietet am Gaumen dann dreckig-rauchige Aromen, die fast schon an den Kuhstall eines Ledaigs erinnern. Dazu gesellt sich eine süße Mischung aus Karamell und Vanille. Am Gaumen kommen dann noch grasige Aromen hinzu, der Kuhstall tritt ebenfalls noch etwas stärker in den Vordergrund.

So ging dann der erste Messetag für uns gegen 21:30 Uhr zu Ende. Mir hat es wieder sehr gut gefallen in Köpenick, wenn auch die Musik teilweise etwas zu laut für meinen Geschmack war. Was mir nicht gefällt, ist die Entwicklung, dass die Drams an den Ständen immer teurer werden. Ich empfinde einen Dram-Preis von 10% des Flaschenpreises für eine Whiskymesse als zu teuer. Es sollte doch hier darum gehen, neue Tropfen zu probieren und zu entdecken, um dann am Ende vielleicht auch noch eine Flasche mit nach Hause zu nehmen. Zumindest ist das meine Interpretation einer Messe. Wenn ich aber für einen Dram aus einer EUR 100,--Flasche EUR 10,- zahlen soll, dann sind das schon fast Kneipenpreise, dafür brauche ich dann keine Messe, für die ich auch noch einen sehr hohen Eintritt zahlen muss. Trotzdem gibt es auch in Köpenick genügend Stände mit sehr fairen Preisen, diese werde ich auch am zweiten Tag sehr gerne (wieder) besuchen. Ich freue mich auf jeden Fall auf einen zweiten Tag mit spannenden Drams und netten Gesprächen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen