Dienstag, 25. Oktober 2022

Besuch bei der Owl Distillery (Belgian Owl) in Fexhe-le-Haut-Clocher bei Lüttich

Eigentlich waren meine Frau und ich ja zum dritten Mal auf Deutschland-Tour, um diverse Destillerien zu besuchen. In diesem Herbst haben wir uns aber dazu entschlossen, auch mal über die Grenzen Deutschlands hinaus zu schauen und haben uns deshalb auch zwei Ziele im Ausland ausgesucht. So hat es uns zunächst nach Fexhe-le-Haut-Clocher verschlagen. Bis heute kann ich mir diesen Ortsnamen nicht merken, aber er liegt im westlichen Speckgürtel Lüttichs und beheimatet die Owl Distillery. Belgian Owl war mir zwar namentlich schon bekannt, einen Whisky von dort hatte ich bis zum Besuch vor Ort aber noch nicht im Glas. Dementsprechend groß war die Vorfreude auf die Tour durch die Destillerie mit anschließendem Tasting. Um was für eine Eule es bei der Brennerei geht und in welcher Form Jim McEwan, Glen Grant und Elijah Craig mit der Destillerie zu tun haben, konnten wir im Laufe des Spätnachmittags von unserm Tour-Guide erfahren.


Wir starteten unsere Tour im Innenhof der Brennerei, die ursprünglich ein Nonnenkloster beherbergte und anschließend lange Zeit als Bauernhof Verwendung fand. Im Jahr 2004 hat dann Belgian Owl mit der Whiskyproduktion gestartet. Bei einem kleinen Spaziergang zu einem der Felder, auf denen die Gerste angebaut wird, erfuhren wir, wie viel Wert die Brennerei auf Nachhaltigkeit legt. So wird auf den Feldern nur alle vier Jahre Gerste angebaut, in den Jahren dazwischen finden sich auf den Feldern zum Beispiel Erbsen oder Kartoffeln, um Monokultur zu vermeiden. Außerdem müssen sich alle Bauern dazu verpflichten, auf den Einsatz von chemischen Mitteln zum Düngen und zur Schädlingsbekämpfung zu verzichten. Dies hat aber auch noch einen zweiten Hintergrund, denn das verwendete Wasser stammt ausschließlich aus dem Grundwasser aus einem Brunnen unter der Destillerie. Dementsprechend ist es natürlich im Interesse der Brennerei, dass das Grundwasser nicht belastet wird. Außerdem gibt es über die Sommermonate rund um die Felder Wildblumenwiesen, um Hummeln und Bienen ein gutes Umfeld zu bieten. Hierfür standen bis vor einigen Wochen auch noch zwölf Bienenstöcke auf dem Gelände.

Zurück in der Brennerei gab es dann einige grundlegende Informationen zur Herstellung von Whisky. Dabei konnten wir uns die Mühle, die aus den riesigen Silos auf dem Hof mit Malz befüllt wird, und die Maische-Bottiche ansehen. Die Fermentationszeit bei Belgian Owl beträgt 72 Stunden und gebrannt wird anschließend auf 68 bis 72 Prozent, die dann auch unverdünnt ins Fass wandern. So erreicht man beim fassstarken Whisky teilweise einen Alkoholgehalt von bis zu 74%. Danach ging es dann zu den beiden beeindruckenden und aus Rothes stammenden Brennblasen, die schon eine etwas längere Geschichte haben. Sie sind die einzigen beiden Brennblasen ihrer Art, die außerhalb von Schottland zum Einsatz kommen. Bis vor einigen Jahren standen sie nämlich noch bei der Schwesterdestillerie von Glen Grant, der Lost Distillery Caperdonich.

Wie bekommt man nun also seine Hände an so besondere Brennblasen? Dafür ist natürlich ein sehr guter Draht nach Schottland hilfreich, in diesem Fall führt dieser Draht zu Jim McEwan, dem ehemaligen Master Blender von Bowmore und Bruichladdich. Er hat vor langer Zeit den Whisky von Belgian Owl probiert und war begeistert. Gleichzeitig hat er aber angeboten, beratend und unterstützend für die zukünftige Produktion zur Seite zu stehen. Unter anderem war er der Meinung, dass andere Brennblasen hermüssen. Als dann Glen Grant und Caperdonich an LVMH verkauft wurden und Caperdonich in diesem Zuge geschlossen werden sollte, rief Jim in der Brennerei an und bot die überschüssigen Brennblasen an. Ohne zu Zögern griff man in Belgien zu, allerdings hat es noch einige Zeit gedauert, bis die Brennblasen installiert werden konnten. Zerlegt in fünf Teile kamen sie per Schiff und anschließend LKW nach Fexhe-le-Haut-Clocher und wurden dort von vier mitgereisten Spezialisten aus Schottland wieder aufgebaut.

Zu über 90% reift der auf den Brennblasen produzierte New Make übrigens in Bourbon Fässern, die ausschließlich von Elijah Craig in Kentucky stammen. Außerdem werden die Fässer grundsätzlich nur einmalig verwendet, da bei Belgian Owl nur First Fill Fässer zum Einsatz kommen sollen. Hierfür legt die Brennerei rund EUR 1.000,- pro Fass auf den Tisch. Aktuell liegen hier rund 900 Fässern, im Laufe der kommenden Jahre soll der Bestand aber auch durch die Anlage eines neuen Warehouses auf rund 6.000 Fässer anwachsen. Den Reifeprozess zu verfolgen ist in Belgien gesetzlich jedoch deutlich schwieriger als in Deutschland, denn das Warehouse ist vom Zoll versiegelt und es gibt hierfür nur zwei Schlüssel. Einer liegt beim Zoll, der zweite Schlüssel ist im Besitz des Master Distillers. Nur gemeinsam darf das Siegel am Schloss gebrochen und die Tür geöffnet werden, so dass jedes Mal, wenn Fassproben genommen werden sollen, jemand vom Zoll vom glücklicherweise nur wenige Kilometer entfernten Büro am Flughafen kommen muss.

Spannend ist auch, wie viel Wertschätzung es für die Mitarbeiter gibt. Jeder Mitarbeiter der Brennerei ist auf großen Bildern in den Gebäuden verewigt, so hängt zum Beispiel direkt neben den Brennblasen über dem Spirit Safe ein Bild vom Master Distiller. Wert wird auch darauf gelegt, dass die Mitarbeiter ausschließlich in der Region im Umkreis von zehn Kilometern um die Brennerei wohnen. Das liegt einerseits daran, dass Arbeitsplätze für die Menschen in der Region geschaffen werden sollen, andererseits hat es aber auch den praktischen Grund, dass bei Notfällen in der Brennerei immer innerhalb weniger Minuten jemand vor Ort sein kann.

Natürlich wurde auch erläutert, woher der Name Belgian Owl stammt. Tatsächlich gibt es hierfür zwei Erklärungen, wobei vermutlich erstere die ursprüngliche Idee war. Die Eule begleitet in der griechischen Mythologie die Göttin der Weisheit Athene. Somit steht die Eule für Wissen und Weisheit, was übertragen auf die Herstellung von Whisky bedeutet, dass man auch durch den Austausch mit anderen Brennern über viel Wissen verfügt und gleichzeitig die Weisheit hat, wie ein Whisky ins Fass kommt und wann und wie er abgefüllt werden sollte. Die zweite Erklärung ist darauf zurückzuführen, dass in der Brennerei eine Eule gesundgepflegt wurde, die sich den Flügel gebrochen hatte. Als sie wieder bei Kräften und geheilt war, hätte sie die Brennerei verlassen können, lebt aber seitdem unter dem Dach und ist somit ebenfalls Wahrzeichen von Belgian Owl.

Nach so viel Input musste natürlich auch das Produkt probiert werden. Wir bekamen im Rahmen der Tour zunächst den fruchtigen New Make ins Glas, der vor allem viel Birne und Apfel lieferte. Danach gab es dann die 36 Monate alte Abfüllung, die viel Vanille und Karamell bot, aber auch über den Status eines sehr guten Einstiegswhiskys aus meiner Sicht nicht hinauskommt, weil es ihm einfach an Komplexität fehlte. Das war beim folgenden Single Cask, das 47 Monate im First Fill Bourbon Cask verbrachte, anders. Unser Guide sagte uns, dass wir verstehen würden, warum dieser Whisky als Single Cask abgefüllt wurde, wenn wir probiert haben. Das kann ich nur bestätigen, denn trotz der Verdünnung auf 46% hat der Whisky enorm viel Kraft, Intensität und Aroma, wobei auch hier natürlich wieder Vanille, Karamell und helle Früchte im Vordergrund stehen.

Damit war die offizielle Tour beendet, wir hatten aber noch die Möglichkeit, im Shop bzw. an der Bar die Drams in Ruhe auszutrinken und uns auch noch andere Abfüllungen einschenken zu lassen. So gab es für uns noch zwei Abfüllungen mit PX-Einfluss, wobei ersterer nach vier Jahren im Bourbon-Fass ein nur 17-tägiges Finish im PX-Fass erhalten hat. Die zweite Abfüllung Abfüllung durfte 27 Tage im PX-Fass liegen und kam danach noch einmal zurück ins Bourbon Fass. Trotz der kurzen Phase im PX-Fass haben beide enorme dunkle Früchte mit auf den Weg bekommen. Besonders spannend fand ich aber die fassstarke Abfüllung, die aktuell mit kräftigen 73,8% und im schickem neuen Flaschendesign daherkommt. Dieser Whisky ist wirklich sehr intensiv, wobei der extrem hohe Alkoholgehalt am Gaumen zunächst gar nicht so sehr spürbar ist, wie ich es erwartet hätte. Natürlich ist das aber immer noch ein hochalkoholisches Getränk und ein Whisky mit 46% wirkt nach dem Genuss eines Drams eher wässrig, so dass die Fassstärke sinnvollerweise einen Abend beenden sollte.

Ich kann abschließend den Besuch der Brennerei jedem empfehlen, der einmal in der Gegend um Lüttich unterwegs ist. Ich fand es sehr spannend, die Hintergründe zur Brennerei zu erfahren und den Belgian Owl zu probieren. Meiner Frau und mir hat die Tour sehr viel Spaß gemacht und wir werden die Entwicklung der Brennerei sicherlich weiterhin verfolgen.

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