Dass Jakob und Andreas von der Thy Whisky Distillery in Dänemark zu einem Virtual Tasting laden, ist nicht mehr ganz neu. In diesem Oktober gab es allerdings zum ersten Mal ein Tasting, das in englischer statt in dänischer Sprache stattfand, so dass natürlich ein deutlich breiteres Publikum außerhalb Dänemarks angesprochen werden konnte, wo Thy vor allem auch in Deutschland zukünftig mehr Fuß fassen möchte. Teil des Online Tastings waren sieben unterschiedliche Dram, wobei es eine bunte Mischung vom aktuellen Spelt Rye über vier der letzten Releases bis hin zu zwei Fassproben gab. Um noch einen besseres Gefühl für das Grundprodukt zu bekommen, wurden außerdem drei kleine Tütchen mit Malzproben mitgeliefert. Natürlich gab es zwischendurch auch immer mal wieder Einblicke in die Destillerie. Da ich diese aber vor einigen Wochen nach meinem Besuch vor Ort hier auf Drams United ausführlich vorgestellt habe, konzentriere ich mich heute etwas mehr auf die sieben Drams und das aktuelle Cask Share Programm für Deutschland.
Sonntag, 23. Oktober 2022
Thy Whisky Virtual Tasting Oktober 2022
Den Start in den Abend machte der Spelt Rye, der nach drei Jahren in neuer Eiche mit 47,9% in die Flasche kommt. Hergestellt wird dieser Whisky aus 10% Dinkel-, 50% Roggen- und 40% Gerstenmalz. In der Nase stehen zunächst einmal Vanille und Roggenbrot im Vordergrund, danach kommen würzige Aromen zum Vorschein, die von etwas Haselnuss begleitet werden. Am Gaumen steht dann der Roggen noch mehr im Mittelpunkt des Geschehens, dabei bleibt der Whisky mild, so dass die dezenteren Aromen wie Vanille, Honig und ein floraler Einschlag gut erkennbar bleiben. Danach ging es mit der bis zu diesem Abend noch aktuellsten Abfüllung von Thy weiter, nämlich dem No. 18 Kornmod aus Heritage Imperial Gerstenmalz und einer Reifung in Spelt Rye- sowie Bourbonfässern. Auch dieser Whisky ist drei Jahre alt, diesmal gibt es einen Alkoholgehalt von 47,3%. Die verwendete Getreidesorte ist eine alte dänische Sorte aus den 1910er und 1920er Jahren mit einem nicht zu intensiven Charakter. Zuerst war es nur eine lose Idee, diese alte Sorte wieder aufs Feld zu bringen, relativ schnell hat man aber gemerkt, dass dadurch ganz andere Aromen im Whisky erzeugt werden als bei moderner Gerste. So gibt es am Gaumen sehr viel Honig, gleichzeitig aber auch dezente Getreidenoten und einen leicht milchigen Eindruck. Ähnlich geht es am Gaumen zu, wobei hier der Roggen aus der vorherigen Fassbelegung noch einmal durchkommt, während gleichzeitig Pfeffer mit der Zeit intensiver wird und sich bis in den Abgang hineinzieht.
Die Philosophie bei Thy ist übrigens, dass nur dann etwas abgefüllt wird, wenn der Whisky einen passenden Reifegrad erreicht hat, weswegen es statt einer Core Range auch nur Limited Bottlings gibt. Dazu gehört auch der No. 15 Fjordboen, der aus Pale Malt hergestellt ist und drei Jahre lang in Bourbon und Oloroso Fässern reifte. Neben der Süße aus dem Bourbonfass gibt es hier rote Früchte, ein deutliches Weinaroma und Liebstöckel, gleichzeitig aber auch eine sehr präsente Salzigkeit. Am Gaumen wird es dann sogar noch fruchtiger mit vielen roten Beeren und Rosinen, nur ganz dezent taucht auch eine Getreidenote auf. Danach folgte das erste von zwei Cask Samples für den Abend, das auch ein Vorgeschmack auf das Cask Share Programm sein sollte, denn die Kombination aus über Buchenholz getrocknetem Malz und einem Bourbon Cask gibt es auch für die Teilnehmer in Hamburg, Mönchengladbach und Berlin. Nach drei Jahren weist das Cask Sample No. 269 noch 61% auf. In der Nase sorgt das für Vanille und Honig, dahinter kommt dann speckiger Rauch in Kombination mit einer leichten Kräuternote. Am Gaumen ist der Whisky ausgesprochen ölig und cremig und startet auch hier wieder mit viel Vanille und Honig, bevor sich der Rauch über die anderen Aromen legt. Erst etwas später kommen Pfirsiche und Aprikosen hinzu.
Auch beim folgenden Dram handelte es sich um ein Cask Sample, diesmal aus dem Fass 781, das mit New Make aus Odyssey Barley, Cara und Pale Malt befüllt wurde, wobei der stark geröstete Caramalt-Anteil besonders hoch ist. Hier gibt es nach drei Jahren im Bourbon Cask fassstarke 59,6%, die weiterhin Vanille und Honig transportieren, welche nun aber ganz deutlich hinter Nuss, Kakao, Kaffee mit Milch und Nougat zurücktreten. Am Gaumen werden die Kakao- und Nougatnoten sogar noch intensiver, dahinter verbirgt sich nun aber auch eine leichte Säure in Kombination mit dezenter Frucht und dunklem Karamell. Danach kommt wieder eine der bereits veröffentlichten Abfüllungen ins Glas. Der No. 17 Stovt besteht aus einem Mix aus Odyssey Barley, Pale, Cara und beechwood smoked Malt und ist gereift in Bourbon und Oloroso Casks. Da Jakob und Andreas das bio-zertifizierte Bier der nahen Thisted Brauerei sehr mögen, ist man hier eine Kooperation eingegangen und lagert den Whisky für vier Monate in Fässern, die zuvor das Stout von Thisted enthalten haben. Das sorgt für dunkle Malz- und Karamellaromen sowie einen ganz leichten Rauch. Dazu gesellen sich etwas Lakritze und eine dezente Honigsüße Am Gaumen tritt der Honig mehr in den Vordergrund, dazu kommen dann noch Vanille und gebrannte Mandeln, ohne die Aromen aus der Nase komplett zu verdrängen.
Das Finale bildete dann ein Whisky, der erst im direkten Anschluss an des Tasting über den Online-Shop der Brennerei bestellt werden konnte. Der No. 19 aus Cara und Pale Malt hat bereits fünf Jahre in einem alten PX Sherry Butt verbracht. Hierbei handelt es sich ausdrücklich nicht um ein Seasoned Cask, sondern ein echtes, rund 80 Jahre lang benutztes Sherry-Fass. Dieses Fass war damals eines der ersten, die Thy bekommen hat. Es ist nicht leicht, an so ein Fass heranzukommen, entsprechend hoch war damals der Preis. Wie hoch dieser tatsächlich war, wurde nicht verraten, aber Jakob und Andreas wollten das Fass unbedingt haben, so dass der Preis damals zweitrangig war. Gelohnt hat sich der Kauf allemal, denn der Whisky aus diesem Fass hat mir mit seinen fassstarken 59,1% ausgesprochen gut gefallen. In der Nase gab es sehr viele Rosinen, Karamell und Kräuter. Außerdem gibt es eine sirupartige Süße in Kombination mit hochwertigem Balsamico. Am Gaumen wird es dann zunächst sogar noch etwas süßer mit vielen Rosinen, roten Trockenfrüchten und Waldhonig. Dahinter verbergen sich eine leichte Orangensäure und ein dezentes Kakaoaroma. Leider habe ich abends nicht mehr zugeschlagen, denn als ich mich am nächsten Morgen zum Kauf durchgerungen hatte, war der Whisky leider schon ausverkauft.
Insgesamt hat der Abend gezeigt, was für eine tolle Qualität Thy auch bei jungen Whiskys bereits liefern kann. Dabei entspricht es auch der Philosophie der Brennerei, dass möglichst auf Seasoned Casks verzichtet wird und vor allem bei Sherry Casks darauf geachtet wird, dass diese möglichst zwanzig Jahre lang mit Sherry belegt waren. Um die Brennerei insgesamt bekannter zu machen, werden auch Fässer an renommierte unabhängige Abfüller wie Berry Bros. oder die SMWS abgegeben. Die erste Abfüllung der SMWS wird mit der Nummer 153.1 Anfang Februar zum Whisky Festival in Vejle erscheinen. Außerdem wird das spannende Cask Share Programm in Deutschland etabliert, wo neben den bereits beschriebenen Bourbon Casks mit beechwood smoked New Make auch PX Casks mit nicht-rauchigem New Make aus Pale Malt für Dortmund und Hamburg live während des Tastings befüllt wurden. Ich habe bereits im Sommer zugeschlagen und einen Anteil von sechs Litern für rund EUR 600,- gekauft. Darin enthalten sind dann alle weiteren Kosten bis zum Bottling und Versand zum Empfänger sowie ein jährliches Tasting in der jeweiligen Patenstadt, in meinem Fall also in Hamburg. Über den Fortschritt des Projektes werde ich auch in Zukunft regelmäßig hier und in der neu gegründeten Facebook Gruppe Thy Whisky Society Germany berichten.
Ich wurde freundlicherweise kostenlos zu diesem Virtual Tasting eingeladen.
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