Sonntag, 5. Mai 2024

Besuch bei der Brennerei Enghaven in Randers/Dänemark

Unseren diesjährigen Frühjahrsurlaub haben meine Frau und ich mal wieder in Dänemark verbracht. Diesmal ging es an die Ostseeküste ins wirklich sehr schöne Ebeltoft, das rund 50 Kilometer entfernt von Aarhus liegt. Natürlich habe ich mich im Vorwege damit beschäftigt, welche Destillerien man in der Region besuchen kann, bin aber vorab nur auf Sall Whisky gestoßen, wo wir natürlich ebenfalls zu Besuch waren. Hierzu folgt ein Bericht in den nächsten Tagen. Ganz kurzfristig habe ich dann aber noch die Brennerei Enghaven im zu Randers gehörenden Mellerup aufgetan. Nach einem kurzen Mail-Kontakt mit Inhaber Esben wurde der Kontakt zu Brenner Mathias hergestellt, der uns ganz spontan empfing und uns die Brennerei und das Fasslager zeigt. Dabei ging es nicht nur um tollen Whisky und Rum, sondern wir lernten auch, dass man Warnungen vor rutschigen Böden ernst nehmen sollte.


Dabei hat man bei Enghaven, übrigens ohne großartiges Vorwissen, schon im Jahr 2007 mit Apfelbrand gestartet. Da aber auch in Dänemark die Mühlen der Bürokratie langsam unterwegs sind, begann man tatsächlich erst im Jahr 2009 mit dem Brennen. Herausgekommen ist ein toller Apfelbrand, von dem auch heute noch ein paar Flaschen erhältlich sind, was auch daraus resultiert, dass Obstbrände in Dänemark nicht so gefragt sind, wie das in weiten Teilen Deutschlands der Fall ist. Trotzdem machte der Familienbetrieb munter weiter und erweiterte mit der Zeit auch immer wieder das eigene Portfolio, so dass unter anderem der für Dänemark so typische Aquavit hinzukam, genauso aber auch Gin oder Kräuterbrände. Die größte Leidenschaft besteht aber für Rum und Whisky. Nachdem Mathias vor einigen Jahren als erster und bis heute einziger Angestellter in den Betrieb kam, wurde zunächst sehr viel Rum produziert, da man eine Kooperation mit der Vertriebs- und Importgesellschaft 1423 Rum einging. Diese ist inzwischen wieder aufgelöst, so dass aktuell noch größere Mengen Rum im Bestand sind. Gegen Ende des Jahres soll deshalb auch der erste zehnjährige Rum der Brennerei auf den Markt kommen.

Für die nähere Zukunft soll der Fokus jetzt aber erst einmal auf der Whisky-Produktion liegen. Bevor Mathias aber wieder jeden Tag an der Brennblase stehen kann, muss zunächst noch ein Riss in der Blase repariert werden, nachdem vor kurzer Zeit bereits Teile der Anlage komplett erneuert wurden. Die Reparaturen sollen aber in Kürze abgeschlossen sein, so dass dann wieder gearbeitet werden kann. Sowohl für den Single Malt wie für den Single Rye könnte man übrigens theoretisch Getreide aus dem eigenen Anbau nutzen, allerdings gibt es bei Enghaven keine eigene Mälzerei, so dass zugekauft werden muss. Ziel ist es aber definitiv, wieder täglich zu brennen, um auch den Bestand an Whisky deutlich aufzustocken.

Als nächstes führte uns Mathias in eines der beiden Fasslager, das im Keller des Wohnhauses liegt. Beim Betreten warnte er uns, dass der Boden sehr rutschig sein könnte, da es feucht im Keller ist. Das musste meine Frau natürlich direkt mal verifizieren und trat beim Betreten des Lagers von der Treppe genau auf den Fleck im Raum, der besonders rutschig aussah. Das eindeutige Ergebnis war, dass Mathias die Wahrheit gesagt hatte, so dass der Beifahrersitz in unserem Auto erst einmal mit Papier ausgelegt werden musste, bevor wir weiterfahren konnten. Aber es gab natürlich auch spannende Fässer im Keller, zu denen ein Fass aus dänischer Eiche zählte, das zuletzt einen Rum der Brennerei enthielt, jetzt aber seit rund drei Jahren mit Single Malt belegt war. Trotz seiner rund 60% wirkte der Alkohol extrem gut eingebunden. Süße und tolle Fruchtaromen prägen diesen Tropfen, der auch meiner Frau trotz ihres Missgeschicks sehr gut gefiel. Das zweite Fasslager befindet sich übrigens in einem Container und in Summe lagern bei Enghaven derzeit rund 100 Fässer.

Zum Abschluss ging es dann noch ins Flaschenlager, wo wir noch einmal die Chance hatten, ein paar der Abfüllungen zu probieren. Leider musste ich mich größtenteils aufs Schnuppern beschränken, da ich noch fahren musste, aber die Produkte wussten durchaus zu überzeugen. So gab es für uns zunächst einen vier Jahre alten Single Rye aus einem Fass, das zuvor einen Brand aus Schwarzen Johannisbeeren enthielt, sowie einen gleichaltrigen Single Malt aus einem Apfelbrandfass. Beide Abfüllungen waren so spannend, dass wir jeweils eine Flasche mitgenommen haben. Sehr ansprechend war aber auch der Apfelbrand, von dem ich bereits eingangs berichetet habe, so wie ein Single Cask Rum aus einem Portfass, der noch in Kooperation mit 1423 entstanden ist. Leider gab es hiervon nur noch eine halbe Flasche, glücklicherweise bin ich aber im Verlauf des Urlaubs bei einem etwas versteckten Händler in Aarhus noch über eine Flasche gestolpert, die zudem auch noch reduziert war. Manchmal braucht man eben auch etwas Glück.

Obwohl die Brennerei sehr klein ist, hat sich der Besuch bei Enghaven absolut gelohnt. Mathias, der übrigens kein gelernter Brenner ist, sondern ursprünglich als Koch gearbeitet hat, hat sich sehr viel Zeit für uns und unsere Fragen genommen. Außerdem hat er meine Frau sehr gut mit Seife und Handtüchern versorgt. Sein Chef Esben, der als Lehrer arbeitet, hat in ihm jemanden gefunden, der mit viel Herzblut dabei ist. Und auch wenn die Fassreifungen im Beitrag zum Teil sehr experimentell klangen, gibt es auch ganz klassisch in Bourbon Cask oder frischer Eiche gereifte Tropfen, es soll aber eben auch immer Platz für Experimente bleiben. Das gefällt mir ausgesprochen gut, denn die probierten Experimente haben mir durchweg gefallen. Ich werde die Brennerei definitiv im Auge behalten und vielleicht bei meinem nächsten Besuch in der Region mal wieder vorbeischauen. Schließlich habe ich auch ein Auge auf den zehnjährigen Rum zum Jahresende geworfen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen