Sonntag, 29. September 2024

Besuch bei der Slyrs Destillerie am Schliersee

Die südlichste Destillerie unserer diesjährigen Rundreise durch Deutschland befindet sich in Schliersee-Neuhaus und damit nur noch rund 20 Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt. Gefreut haben meine Frau und ich uns auf ein atemberaubendes Alpenpanorama und idyllische Spaziergänge am Schliersee, schließlich waren wir insgesamt vier Tage in Neuhaus. Dummerweise hatten wir uns die schlechtesten Tage dafür ausgesucht, denn es hat fast durchgängig geregnet und war so grau, dass man die Alpen kaum sehen konnte. Wir haben natürlich trotzdem das Beste daraus gemacht, auch wenn wir für einen Vormittag mit 1,5 Grad und Schnee Mitte September noch nicht wirklich ausgestattet waren. Sehr gefreut haben wir uns aber natürlich vor allem auch auf unseren Besuch bei Slyrs, wo wir mit Destillateur und Brand Ambassador Kilian Jonscher verabredet waren.


Da es auch an unserem Besuchstag bei Slyrs reichlich Regen gab, verzichteten wir auf den Spaziergang zur Brennerei und fuhren mit einem Uber, eine Option, die ich eigentlich im tiefsten Bayern gar nicht erwartet hätte. So waren wir aber zuverlässig und schnell auf dem Hof, so dass wir vor unserer Verabredung mit Kilian noch einmal in die direkt vor der Tür befindliche Essendorfer Genussschmelzerei gehen konnten, wo es wirklich grandiose Pestos, Dips und Saucen gibt, die zum Teil auch mit Slyrs Whisky und anderen Spirituosen gemacht sind. Schon bevor wir überhaupt den Slyrs-Shop betreten hatten, war der Rucksack also bereits gut gefüllt und die Geldbörse entsprechend erleichtert. Pünktlich um 16:00 Uhr wartete dann aber Kilian auf uns und führte uns nach einer herzlichen Begrüßung erst einmal ins Kino, das auch Teil der Self-Guided Tour ist.

Dort schauten wir uns nach einer Einleitung zur Historie der Brennerei von Kilian einen kurzen und wirklich gut gemachten Image-Film an, dem man als Norddeutscher sprachlich nicht immer ganz folgen konnte, der aber sehr gut zeigt, wofür Slyrs steht, nämlich u.a. für Regionalität, Bodenständigkeit, Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit und einen langen Atem. Dabei ist Slyrs ursprünglich noch innerhalb der Lantenhammer Brennerei entstanden. Im Jahr 1999 wurde dort der erste Whisky gebrannt, der nach drei Jahren in den Verkauf kam. 2004 folgte die Gründung einer eigenen KG und drei weitere Jahre später wurde die Slyrs Whisky Destillerie gebaut. Seitdem hat sich viel getan und es ist die Zeit gekommen, um die Kapaziäten zu erweitern.

Hierfür werden die Produktionsanlagen erneuert und auf unserem Rundgang fanden wir an der Stelle, an der bis vor Kurzem noch die Brennblasen standen, nur noch eine leere Halle, in der aber sehr geschäftig gearbeitet wurde. An verschiedenen Stellen kann man auf Grafiken und Schaubildern sehen, wie die Brennerei zukünftig aussehen soll, wenn die zwei Brennblasen mit jeweils 5.000 Litern und die dritte Blase mit 6.000 Litern in Betrieb sind. Dies soll im Laufe des Jahres 2025 der Fall sein, ein genaues Datum gibt es aber noch nicht, da die Prognosen immer etwas voneinander abweichen in Abhängigkeit davon, ob man nun den Bauleiter, den Produktionsleiter oder den Geschäftsführer fragt. Notwendig ist der Umbau aber definitiv, denn bei den alten Brennblasen war das Kupfer inzwischen teilweise so dünn, dass man es fast mit der Hand hätte eindrücken können.

Grundsätzlich steht aber auch hier die Nachhaltigkeit im Vordergrund, denn so viel wie möglich soll von den alten Anlagen zum Teil auch zweckentfremdet weiterverwertet werden, damit möglichst wenig verschrottet werden muss. Produziert wurde vor dem Abbau der alten Anlagen auf Volllasst, so dass das Maximum von 90.000 Litern Alkohol pro Jahr erreicht wurde, was in etwa drei Fässern pro Tag entspricht. So sollte ein ausreichender Stock aufgebaut werden, um zum einen den Umbau zu überbrücken, zum anderen aber auch vorgesorgt zu haben, falls im Zuge des Ukraine-Krieges Einschränkungen beim Gas eintreten sollten. Die neuen Anlagen werden dafür sorgen, dass sich die Kapazität zukünftig vervierfacht, allerdings soll zumindest vorerst auf dem alten Niveau weiterproduziert werden.

Der nächste Halt war dann das erste Fasslager, das schon sehr imposant wirkt, aber auch gut in Szene gesetzt ist mit entsprechendem Design an den Wänden, passender Beleuchtung und der leicht erhöhten Bar, in die wir später noch einkehren sollten. Hier liegen rund 700 Fässer, noch einmal die gleiche Menge befindet sich im direkt nebenan liegenden Lager. Insgesamt ist Slyrs aktuell im Besitz von rund 4.200 Fässern, die an verschiedenen Orten für Whisky-Nachschub für die Zukunft sorgen sollen. In der Regel reift der Whisky bei Slyrs zwischen sechs und acht Jahren in American Oak und bekommt dann für ca. drei Jahre ein Finish in verschiedenen Fassarten, hiervon kann aber natürlich immer mal wieder abgewichen werden. Gebrannt wird der New Make zunächst auf 72%, ins Fass kommt er dann mit 55%, was sich nach mehreren Versuchen als die Stärke erwiesen hat, die sich am besten im Fass entwickelt.

Fässer können übrigens auch von Firmen oder Privatpersonen gekauft werden. Dabei ist jede klassische Variante möglich, die Philosophie der Brennerei besagt aber auch, dass man jeden Kundenwunsch möglich macht, auch wenn er - wie zum Beispiel bei einem Oloroso Cask mit Rum-Finish - eher ungewöhnlich ist. Spannende Fässer haben wir dann auch direkt im Fasslager öffnen und probieren dürfen. Richtig toll war ein Challenger Rotwein Cask, das mich mit seiner ausgeprägten Fruchtigkeit, Trauben, Beeren, einer schönen Süße und leichten Gewürzaromen richtig überzeugt hat. Ich würde diesen Whisky sofort kaufen, wenn das Fass nicht von einer großen Firma beauftragt für seine Mitarbeiter hier reifen würde. Ich denke, ein solches Projekt muss ich meinem Arbeitgeber auch einmal vorschlagen.

Auch die zweite Fassprobe hat mich absolut überzeugt, wobei Kilian uns diese blind einschenkte. Meine Frau und ich waren uns sehr schnell einig, dass es sich um ein Maple Syrup Cask handeln musste, was auch absolut richtig war. Neben dem Sirup waren hier süße Aromen genauso wie umami-Noten in Kombination mit Pfeffer und Muskat zu erkennen. Anschließend gab es noch einen Rye in Cask Strength mit ca. 65%, der eine tolle Schoko-Note zusammen mit Roggenbrot und einem floralen Einschlag bot. In der Bar verglichen wir den Tropfen dann mit der aktuellen Variante in Trinkstärke, die weniger intensiv daherkam, aber dafür mehr Zimt und hellen Kakao zu bieten hatte. In Kürze wird zusätzlich noch eine Sonderedition auf den Markt kommen, die mit einer erhöhten Trinkstärke von 48% ausgestattet sein wird. Verwendet werden hierfür 70% Roggen, 20% Weizen und 10% Gerste.

Danach bekamen wir noch einige der aktuellen Standards und auch Limited Editions ins Glas. Der neue Organic Single Malt machte dabei einen weichen und runden Anfang mit malzigen Noten, Honig und Zitrusnoten. Sehr überzeugend war auch der zwölf Jahre alte Whisky mit Marsala-Finish mit seinen fruchtig-würzigen Noten, allerdings muss man hier bei einem Preis von über EUR 200,- schon recht tief in die Tasche greifen. Der aktuelle Distillers Choice mit Moscatel Finish ist für rund die Hälfte des Preises erhältlich und war mein Favorit des Tages. Süße Aromen, verschiedene Trockenfrüchte und ein wenig Würze haben mich so überzeugt, dass unbedingt eine Flasche im Rucksack landen musste. Nur knapp dahinter landet die aktuelle Mountain Edition Wallberg, die in 1.501 Metern Höhe reift. Hier gibt es einen kleinen Anteil an Malz, das über Buchenholzrauch getrocknet wurde. Zunächst habe ich es gar nicht richtig wahrgenommen, aber nach der feinen Jubiläumsedition, die ebenfalls in die Distillers Choice-Reihe gehört und von Destillateurmeister Hans Kemenater ausgewählt wurde, kam der leicht speckige Rauch dann doch gut zum Vorschein.

Zum Abschluss gab es dann noch den Bavarian Peat, für den wie auch für alle anderen Tropfen bayrische Gerste verwendet wurde, die in diesem Fall aber über deutschem Torfrauch getrocknet wurde. Das sorgt für einen Tropfen mit einem Mix aus süßen und erdigen Noten, die von Pfeffer und Kakao begleitet werden. Beim gemütlichen Austausch in der Bar ist die Zeit dann aber so schnell vergangen, dass der Shop zwischenzeitlich bereits geschlossen hatte. Kilian gab uns aber trotzdem die Möglichkeit, uns noch ein paar Dinge auszusuchen, die wir dann auf Rechnung kaufen konnten. Im Anschluss fuhr uns Kilian dann im noch immer anhaltenden bayrischen Dauerregen zurück zu unserer Ferienwohnung. Wir hatten an diesem späten Nachmittag sehr viel Spaß und Kilian hat die Marke Slyrs und die Whiskys extrem sympathisch repräsentiert. Ich habe mich schon fast etwas geärgert, dass ich nicht auch noch die tolle Mountain Edition mitgenommen habe, aber dafür setze ich jetzt einfach mal auf den Bottle Market in Bremen, wo Kilian den Slyrs-Stand betreuen wird. Vielen Dank also noch einmal, lieber Kilian, für Deine Zeit. Wir freuen uns auf das anstehende Dinner im Whiskyplaza und den Besuch am Stand auf dem Bottle Market! 

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