Sonntag, 21. Juli 2019

Besuch bei The Macallan Distillery (im Rahmen der Schottland-Rundreise mit Villa Konthor)

Hobbit-Hügel, Disneyland, Heimat der Teletubbies - die neue Destillerie von The Macallan hat schon viele Spitznamen bekommen. Mir haben die neueren Abfüllungen von Macallan in der Regel nicht gefallen, zumindest aber habe ich sie als zu teuer wahrgenommen. Trotzdem war ich sehr gespannt darauf, die neu erbauten Anlagen von Macallan besichtigen zu können, schließlich unterscheiden sie sich schon rein äußerlich ganz deutlich von allen anderen Destillerien. Im Rahmen der Schottland-Rundreise mit Villa Konthor hatte ich nun die Möglichkeit dazu. Da immer nur maximal zwölf Besucher (eigentlich nur zehn, für uns gab es eine großzügige Ausnahme) auf einer Tour dabei sein können und zwischen zwei Touren immer mindestens 45 Minuten liegen müssen, hatten wir bei einer Gruppengröße von 37 Leuten ausreichend Aufenthalt bei Macallan.

Da die offizielle Einfahrt bei unserer Ankunft noch geschlossen war, fuhren wir mit unserem Bus durch die Lieferanteneinfahrt und hatten so schon einen ersten Blick auf die unzähligen Warehouses auf dem Gelände, von denen auch gerade wieder einige neue erbaut werden. Die Gebäude wirkten jedoch recht steril, erst im direkten Umfeld der Hügel standen die traditionellen Warehouses, von denen wir leider keines von innen gesehen haben. Beim Eingang ins Visitor Center standen gleich vier Mitarbeiter in Uniform Spalier und begrüßten uns. Direkt gegenüber befindet sich der Empfang, der eher an ein 5-Sterne-Hotel erinnert als an eine Destillerie. Wir entschieden uns für die zweite der insgesamt vier Gruppen und hatten somit zunächst etwas Zeit, uns die sehr imposante Ausstellung alter Flaschen und den Shop anzusehen.

Pünktlich um 11:30 Uhr begrüßte uns dann unser Guide Lucy, die uns mit (übertriebener?) Freundlichkeit durch die Anlagen führte. Die Anlagen unter den Dächern der Hügel sind wirklich sehr imposant und die insgesamt 36 Stills geben ein beeindruckendes Bild ab. Auffällig ist, dass innerhalb der Produktion nirgendwo Menschen zu sehen sind. Mir ist durchaus bewusst, dass auch viele andere Destillerien größtenteils von Computern gesteuert werden, hier war es aber besonders auffällig. Außerdem ist neben 21 Washbacks auch die größte Mash Tun mit einem Fassungsvermögen von 17t zu sehen. Direkt gegenüber befindet sich ein großes Loch, in das bei Bedarf eine zweite, identische Mash Tun eingebaut werden könnte, so dass die gesamte Destillerie auf der anderen Seite noch einmal gespiegelt werden könnte. Entsprechende Pläne sind wohl in den Schubladen bereits vorhanden.

Insgesamt werden heute rund 11 Millionen Liter Alkohol produziert, womit die Kapazitäten noch nicht vollständig ausgeschöpft sind. Um besonders hochwertige und milde Tropfen zu produzieren, wird der Middle Cut sehr eng gefasst, so dass nur der Alkohol mit 68% bis zu 72% genutzt wird. Noch wichtiger sind bei Macallan jedoch die Fässer, für die man extra einen Wood Manager beschäftigt. Es werden für die Lagerung ausschließlich Fässer verwendet, die aus Bäumen produziert werden, die vorher vom Wood Manager ausgewählt wurden. Hierfür werden in Auktionen amerikanische Eichen und europäische Eichen aus dem Norden Portugals, dem Norden Spaniens und aus Gallizien gekauft. Vorher überzeugt man sich jedoch anhand einer Probe ausführlich von der Qualität des Holzes. Die Fässer werden dann im Auftrag von Macallan aus dem Holz gebaut und in den USA mit Bourbon oder in Spanien für 18 Monate mit Sherry belegt, bevor sie den Weg in die Destillerie antreten.

Neben diesem interessanten Fassmanagement hat Macallan auch die löbliche Philosophie, dass kein einziger Tropfen, der die Destillerie verlässt, gefärbt wird. Mir persönlich wäre es tatsächlich lieber, man würde den Whisky nicht in zu vielen Fällen mit dem Mindestmaß von nur 40% abfüllen, eine Färbung wäre mir grundsätzlich egal. Aber natürlich ist es mehr als verständlich, dass man sich hier nach dem Markt richtet. Damit ist natürlich die Brücke zum abschließenden Tasting geschlagen, in dem es drei Tropfen (in diesem Falle nicht im übertragenden Sinne, sondern wortwörtlich) zu probieren gab. Den Beginn machte der New Make, der besonders sparsam ausgeschenkt wurde. Dieser hat mir mit seiner fruchtigen Süße und seiner Leichtigkeit sehr gut gefallen. Man sieht also, dass auch in den neuen Produktionsanlagen eine sehr hohe Qualität produziert wird.

Schade ist nur, was in einigen Fällen daraus gemacht wird. Der Triple Cask 12yo, der bis vor einiger Zeit noch unter dem Namen Fine Oak zu haben war, hat weder mir noch meiner Frau wirklich zugesagt. Der Whisky bietet Vanille und Karamell, dabei aber auch sehr viel Eiche. Kaum einer der Teilnehmer unserer Reise war von dieser Abfüllung überzeugt. Anders war es bei der Edition No. 4, die mit 48,4% abgefüllt wurde. Hier gab es deutlich mehr Kraft durch den erhöhten Alkoholgehalt, der Macallan durchaus sehr gut steht, sowie schöne Rosinen und Trockenfrüchte. Dass man für diesen Whisky jedoch GBP 190,- auf die Theke legen muss, führt das Preis-Leistungs-Verhältnis ad absurdum.

Wie hat es mir also in den Hobbit-Hügeln insgesamt gefallen? Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich dort ab der ersten Minute unwohl gefühlt. Beim Betreten der Hügel fühlt man sich eher an ein Luxus-Hotel erinnert, das zwar mal ganz nett sein kann, bei dem man aber genau weiß, dass die Leute einfach nur ihren Job machen und für ihre übertriebene Freundlichkeit bezahlt werden. Die Führung war mit den vielen Stationen, Effekten und Filmchen wirklich toll und professionell gemacht, aber auch hier fehlte mir die Leidenschaft für das Produkt. Für mich hat die Destillerie weder Herz noch Seele. Man hat sich auf Basis einer sicherlich eindrucksvollen Vergangenheit einen protzigen Prunk-Tempel gebaut, der eigentlich nur zeigt, wie einfach es ist, den Leuten das Geld mit inzwischen leider nur noch mittelmäßigen Abfüllungen aus der Tasche zu ziehen. Vielleicht bin ich zu sehr Whisky-Romantiker, aber das hat mit der in anderen Destillerien spürbaren Leidenschaft nichts mehr zu tun. Hinzu kommt, dass sowohl der Shop wie auch die Bar völlig überzogene Preise aufrufen. Ein Glencairn-Glas für GBP 10,- oder ein Dram vom Macallan Lumina mit in Schottland üblichen 2,5cl für GBP 11,- (Flaschenpreis vor Ort knapp GBP 100,-) sind schlichtweg zu teuer.


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