Sonntag, 26. September 2021

Besuch bei der Destillerie Kammer-Kirsch in Karlsruhe (Rothaus Whisky)

Wie schon im vergangenen Jahr haben meine Frau und ich auch für dieses Jahr eine Rundtour durch Deutschland geplant. Natürlich haben wir dabei auch wieder den einen oder anderen Destilleriebesuch eingeplant, worüber ich gerne an dieser Stelle berichten möchte. Bei unserem Halt in Karlsruhe gab es gleich das erste Highlight, als wir die Destillerie Kammer-Kirsch besuchen durften. Normalerweise gibt es hier keine regulären Führungen, aber Brennmeister Normann Oster empfing uns und zeigte uns die Produktionsanlagen und den Fasskeller, wo einige spannende Tropfen schlummern und auf ihre Abfüllung warten. Ich muss gestehen, dass ich von den Abfüllungen von Rothaus schon vorher begeistert war, aber der Besuch hat mir noch einmal gezeigt, was für eine hohe Qualität die Destillerie bieten kann. Dabei setzt man auf echte Handarbeit und ein gutes Fassmanagement.


Zunächst warfen wir gemeinsam einen Blick in den eigentlichen Produktionsraum. Man erkennt gleich, dass die Brennblasen schon etwas älter sind, aber das hat enorm viel Charme. Drei Raubrandblasen mit einem Fassungsvermögen von 600 Litern stehen offen in dem Raum, die noch beiden etwas älteren Feinbrandblasen sind aufgrund des Prinzips der Verschlussbrennerei im Käfig. Die Trennung des Herzstücks von Vor- und Nachlauf erfolgt ausschließlich über Nase und Geschmack, denn technische Hilfsmittel kommen nicht zum Einsatz. Alle Blasen sind fast ausschließlich aus Kupfer, nur bei den Raubrandblasen gibt es einige wenige Elemente aus Edelstahl. Außerdem im Raum befinden sich einige alte Brennanlagenelemente, die jedoch heute nicht mehr zum Einsatz kommen. Hier wurde in der Vergangenheit u.a. Weinbrand produziert. Auf den fünf heute noch im Einsatz befindlichen Brennblasen wird inzwischen fast ausschließlich Whisky produziert, da der Bedarf in den letzten Jahren stark gestiegen ist.

Durch das Lager, in dem die Ware der Importmarken wie Arran, Milk & Honey und GlenDronach lagert, geht es auf einen Innenhof. Von dort führt eine Treppe in einen urigen Keller, wo sich das Fasslager befindet. Was im ersten Moment wie eine Kulisse eines Horrorfilms wirkt, vor allem bei einem Blick auf den alten Aufzug, entpuppt sich dann als Paradies für Whisky-Nerds. In maximal drei Reihen übereinander lagern hier die unterschiedlichsten Fässer. Natürlich macht der Bestand an ehemaligen Bourbon-Fässern, die u.a. von Woodford und Jim Beam stammen, einen großen Anteil aus, es gibt aber auch verschiedene Weinfässer, Madeira, Banyuls, Rum oder Fässer anderer Destillerien, darunter auch Bruichladdich und Port Charlotte. Auch hier ist Handarbeit angesagt, die Fässer werden allesamt von Hand bewegt und gestapelt. In den teilweise sehr engen Gängen wird es aber vermutlich auch aus Platzgründen gar nicht möglich sein, hierfür Maschinen einzusetzen.

Der New Make wird übrigens vor dem Befüllen der Fässer auf 58% eingestellt, um die Fässer zu schonen und möglichst auch bei einer Zweitbelegung noch viele Aromen zu erhalten. Dementsprechend ergibt sich auch nach der Reifung ein relativ gemäßigter Alkoholwert. Noch wichtiger ist aber natürlich, wie der gereifte Spirit schmeckt. Bewaffnet mit einem Valinch und drei Gläsern öffnete Normann einige Fässer für uns. Den Start machte ein Chardonnay Fass, in dem seit rund vier Jahren ein Whisky ruht, der zuvor bereits ein Jahr im Bourbon-Fass verbracht hat. Und das war gleich ein echtes Highlight! Eine schöne Süße vom Bourbon-Fass ist erkennbar, dazu kommen aber auch fruchtige Aromen, die fast schon in Richtung Weingummi tendieren. Außerdem ergibt sich eine schöne Mandelnote. Wenn dieser Whisky abgefüllt wird, brauche ich davon unbedingt eine Flasche. Bis dahin habe ich mich später im Shop erst einmal mit dem aktuellen Chardonnay-Finish eingedeckt. Ich bin gespannt, ob diese Abfüllung ähnliche Aromen hervorgebracht hat.



Es folgte dann ein noch sehr junges Fass, das erst im vergangenen Jahr befüllt wurde, so dass der enthaltene Spirit noch kein Whisky ist. Das STR-Fass (Shaved, Toasted & Re-Charred) hat aber auch schon nach dieser kurzen Zeit für eine kräftige Würze mit viel Karamell gesorgt. Mein Gefühl sagt mir, dass da etwas Tolles entstehen kann. Gleiches gilt für ein altes Bruichladdich-Fass, das eigentlich schon in Vergessenheit geraten war. Normann hat es beim Aufräumen im Keller gefunden und es einfach noch einmal befüllt. Seine Befürchtung, dass dieses vermutlich schon zum dritten Mal bei Kammer-Kirsch belegte Fass keine Aromen mehr abgeben würde, hat sich nicht bewahrheitet. Tatsächlich gibt es leichte Raucharomen, gleichzeitig aber auch eine Mischung aus süßen Noten und Kräutern. Auch hier erfolgte die Belegung im vergangenen Jahr, so dass wir uns bezüglich der Abfüllung des Fasses noch gedulden müssen. Wenn man sich letztlich darauf verständigen kann, auf der Flasche die Vorbelegung bei Bruichladdich benennen zu dürfen, wird das vermutlich ein zusätzliches Kaufargument für den einen oder anderen sein.

Bevor wir uns wieder auf den Weg ins Hotel machten, durften wir noch einen Tropfen aus einem Rum-Fass probieren. Dieser hatte zwar wenig Farbe, dafür aber umso mehr Aroma. Im ersten Moment wäre ich mir blind nicht sicher gewesen, ob es ein Bourbon- oder ein Rum-Fass ist, da Karamell und Äpfel besonders hervorstechen, kurz danach entwickeln sich aber die tropischen Früchte, so dass das Geheimnis des Fasses doch recht schnell gelüftet wird. Wir hätten sicherlich noch Stunden in diesem Keller verbringen können, so viele spannende Fässer liegen hier. Aber es soll ja auch noch ein wenig Vorfreude auf kommende Abfüllungen bleiben, die ich sicherlich sehr gut im Auge behalten werde. Meiner Frau und mir hat der Nachmittag richtig viel Spaß gemacht und wir bedanken uns noch einmal ganz herzlich bei Florian Weiß, der den Kontakt hergestellt hat, und Normann Oster, der sich sehr viel Zeit für uns genommen hat. Kammer-Kirsch ist und bleibt für mich ein Musterbeispiel dafür, wie stark deutscher Whisky sein kann!

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