Nachdem der erste Messetag schon einige Highlights bereithielt, waren meine Frau und ich natürlich auf den zweiten Tag auf dem Köpenicker Whiskyfest gespannt. Nach einem ausführlichem Frühstück im Hotel gab es auf ausdrücklichen Wunsch meiner Frau zumindest noch eine kurze Shopping-Tour, bevor wir uns bei einem kleinen indischen Restaurant mit wirklich ausgezeichneten Preisen und sehr leckerem Essen eine Grundlage für den anschließenden Whiskygenuss abholten. Schließlich wussten wir bereits, dass wir an gleich zwei Tastings teilnehmen würden und auch an den Ständen noch einige Abfüllungen gesehen hatten, die wir gerne noch probieren wollten.
Kurz darauf führte uns unser Weg auf die Barkasse Togo, wo Marco van den Broek von Passion Whisky uns fünf Abfüllungen von den beiden unabhängigen Abfüllern Signatory und Gordon & MacPhail vorstellte. Los ging es mit einem Strathisla von 2007 aus dem Bourbon Hogshead. Nur sehr wenige Abfüllungen von Strathisla kommen auf den Markt, da dort hauptsächlich für die Blends von Chivas Regal produziert wird. Der Whisky wirkt sehr dezent mit vanillig-blumigen Noten, die dann am Gaumen von unreifem Pfirsich begleitet werden. Auch die zweite Abfüllung stammte aus der Un-chillfiltered Collection von Signatory Vintage und kam mit 46% in die Flasche. Nach neun Jahren im First Fill Sherry Butt bot der Craigellachie Liebstöckl und viel Würze, am Gaumen dann ein sehr trockenes Rosinenaroma, das aber im Abgang auch relativ schnell wieder verschwunden war. In Zukunft wird man wohl von Craigellachie mehr hören, denn die Destillerie wurde vor einiger Zeit aufgekauft und plant nun, auch verstärkt eigene Abfüllungen auf den Markt zu bringen.
Es folgte ein Mannochmore von 1999 aus der Connoisseurs Choice-Reihe von Gordon & MacPhail, der seine gesamte 18jährige Reifezeit im Refill Sherry Butt verbringen durfte und ebenfalls mit 46% abgefüllt wurde. Auch Mannochmore hat keine eigenen Abfüllungen auf dem Markt und wird vorrangig für Blends verwendet. Noten von Rosinen, Kirschen und Brombeeren mischen sich hier mit einem herben Eichenaroma. Im Anschluss ging es dann in den fassstarken Bereich mit einem elf Jahre alten Deanston aus dem First Fill Sherry Butt, der mit kräftigen 64,6% von Signatory in der Cask Strength Collection auf den Markt gebracht wurde. Für diesen Whisky muss man sich definitiv mehr Zeit nehmen, als man in einem Tasting hat. Rosine, Schokolade und viel Sherry in der Nase entwickeln sich am Gaumen in Richtung süßer Bonbons, sehr reifer, dunkler Früchte und roter Trockenfrüchte. Mit ein wenig Wasser kommen Dominosteine zum Vorschein. Ein toller Tropfen!
Das Finale bildete ein exklusiv für Deutschland abgefüllter Caol Ila 2005/2018 aus der Reserve-Reihe von Gordon & MacPhail aus dem Bourbonfass mit 52,6%. In der Nase liefert der Whisky gegrillte Orangen, Rauch und Zitrusnoten, am Gaumen gibt es dann ein Wechselspiel zwischen fruchtigen und rauchigen Noten. Später am Abend machten wir noch einen Abstecher zu Marco an den Stand, wo ich noch einen exklusiv für Kirsch Whisky abgefüllten Glen Scotia entdeckte, den ich natürlich unbedingt noch probieren musste. Diese acht Jahre alte Fassstärke überzeugte mich mit dem typisch-dreckigen Glen Scotia-Aroma, das neben rauchigen Noten auch viel Karamell und einige exotische Früchte hervorbrachte.
Nach einer kleinen Verschnaufpause ging es dann direkt ins nächste Tasting, in dem uns Michel Reick seine spannenden Abfüllungen von Scotch Universe vorstellte. Zunächst einmal erläuterte Michel uns, wie man den Code auf der Flasche verstehen kann, da keine Destillerie angegeben wird. Die erste Zahl gibt an, wie viele Monate der Whisky im Fass war, der folgende Buchstabe erklärt, ob und wie stark der Whisky getorft ist, dann folgt eine Fasstypifizierung sowie eine Angabe, wie oft das Fass bereits gefüllt wurde. Die dann folgende vierstellige Ziffer spiegelt das Gründungsjahr der Destillerie wider und die letzte Ziffer steht für die Region. Wir starteten mit dem acht Jahre alten Pollux III aus dem First Fill Sherry Butt, einem Glenallachie, der in der Nase viel Maggi und Würze bietet, sich am Gaumen dann immer weiter in Richtung Schokolade und Kaffee entwickelt.
Bei Scotch Universe steht das ausgezeichnete Fassmanagement im Vordergrund, so dass uns Michel auf eine möglichst große Bandbreite an unterschiedlichen Fässern bieten wollte. Der Ursa Major I ist ein 14 Jahre alter Westport, also ein Tea-spooned Glenmorangie, aus dem Weinfass mit kräftigen 60,3%. Der Wein hat deutliche Spuren hinterlassen und zeigt sich sowohl in der Nase wie am Gaumen. Dazu kommen Rosinen, Würze und Trockenfrüchte, im Abgang hinterlässt der Whisky ein trockenes Mundgefühl. Danach folgte mit dem Expedition Antaris 2018 ein neun Jahre alter Aultmore aus dem First Fill Port Cask, der exklusiv für die deutschen Messen abgefüllt wurde. Nach der anfänglichen Süße kommen jede Menge roter Früchte wie Kirschen, Pflaumen und Johannisbeeren zum Vorschein. Das Fazit von Michel lautete: "Der spült jeden Islayweg!"
Seit wenigen Tagen ist mit The Old Friends außerdem eine neue Reihe auf dem Markt, aus der wir einen acht Jahre alten Ardmore aus dem First Fill Carribbean Cask probieren durften. In der Nase gibt es eine tolle Mischung aus Rum, Rauch, Rosine und Ananas, am Gaumen kommen dann Dosenpfirsiche und eine ausgeprägte Süße hinzu. Definitiv ein weiteres Highlight der Messe! Mit dem Callisto VI gab es zum Abschluss dann noch einen zehn Jahre alten Caol Ila aus dem First Fill Madeira Barrique ins Glas, bei dem Rauch und Frucht sehr schön zusammenspielen. Am Gaumen kommen dann noch helle Früchte, Karamell und Zuckerwatte hinzu. Jede der vorgestellten Abfüllungen hatte ihre besonderen Reize, es lohnt sich also definitiv, den Abfüllungen von Scotch Universe auch in Zukunft erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.
Auch der zweite Messetag bot somit wieder zahllose Highlights und ich freue mich darauf, auch im nächsten Jahr in Köpenick wieder dabei zu sein. Eine tolle Atmosphäre bei den Tastings und an den Ständen und das hervorragende Wetter haben die Veranstaltung wieder zu einem ganz besonderen Termin im Messekalender gemacht. Mit vielen neuen Bekanntschaften, interessanten Erfahrungen und deutlich weniger Geld in der Tasche, als ich eigentlich geplant hatte, ging es am späten Abend zurück ins Hotel, wo wir glücklich und kaputt sofort ins Bett fielen. Den einen oder anderen Aussteller werde ich sicherlich zwischendurch auf anderen Messen treffen, Köpenick ist aber schon mit dickem Rotstift im Kalender fürs nächste Jahr eingetragen.
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