Dienstag, 22. Januar 2019

Tasting Scotch Universe mit Michel Reick (Getränke-Paradies Wolf)

Obwohl ich ausgiebig in der Hamburger Tasting-Landschaft unterwegs bin, hatte ich es bisher noch nicht geschafft, eines der Tastings beim Getränke-Paradies Wolf auf der Schanze zu besuchen. Das sollte sich am vergangenen Wochenende ändern, denn der Whisky Druid Michel Reick war zu Gast. Im Gepäck hatte er sechs Abfüllungen aus seiner Scotch Universe-Reihe. Scotch Universe zeichnet sich dadurch aus, dass zwar keine Destillerie auf der Flasche genannt ist, man aber anhand des Codes nachvollziehen kann, woher der Whisky stammt und wie alt er ist. Wie genau das System funktioniert, habe ich bereits im vergangenen Herbst an dieser Stelle erläutert. Außerdem wird immer in Fassstärke und ohne Kühlfiltrierung abgefüllt. Rechtzeitig um 18:00 Uhr nahmen meine Frau, die das Ticket von mir zu Weihnachten bekommen hat, und ich also auf den Streberplätzen ganz vorn bei Michel Platz, um einen tollen Whiskyabend zu genießen.

Zunächst erläuterte uns Michel, warum er Scotch Universe gegründet hat, obwohl es ja bereits Best Dram gibt und inzwischen auch The Old Friends und Whisky Druid hinzugekommen sind. Immer mehr Destillerien geben zwar Fässer ab, verbieten aber die Nutzung des Destillerienamens auf der Flasche. Somit ist Scotch Universe eine zukunftssichere Alternative zu den bestehenden Marken. Natürlich sollten aber die Gläser nicht leer bleiben und so wurde begleitend zu den einleitenden Worten der Mercury II ausgeschenkt. Hierbei handelt es sich um einen 9yo Glen Moray aus dem First Fill Bourbon Fass, der in der Nase viel Vanille, sahniges Karamell und frisch gekochten Pudding bietet. Am Gaumen werden diese Aromen noch intensiver und werden zudem von Birne begleitet.

Das Fassmanagement spielt bei Scotch Universe eine große Rolle und es werden in aller Regel nur First Fill Fässer verwendet. Bei Bourbonfässern bevorzugt Michel Blanton´s, Jack Daniel´s und George Dickel, in letzterem liegt in Schottland noch ein Fettercairn, auf den sich Michel schon heute sehr freut. Michel kauft teilweise New Make zum Befüllen der Fässer ein, zum Teil aber auch bereits befüllte Fässer. Da er immer ganze Fässer kauft und auf Fassanteile durchweg verzichtet, kann er auch entscheiden, wann welcher Whisky umgelagert oder abgefüllt wird. Eine Ausnahme vom First Fill-Prinzip stellte der zweite Whisky des Abends dar. Ein Tormore durfte 22 Jahre im Refill Bourbonfass reifen. In der Nase wirkt er noch recht dezent mit einer Mischung aus floralen und fruchtigen Noten, am Gaumen wird es dann sehr fruchtig mit Ananas, Papaya und Mango, die mit süßer Karamellsoße übergossen wurden.

Es folgte ein Whisky, der mich schon im vergangenen Herbst auf dem Köpenicker Whiskyfest überzeugt hat, wo der Ursa Major I mit mir gemeinsam die Heimreise antreten durfte. Es handelt sich bei dieser Abfüllung um einen elf Jahre alten Westport, also einen teaspooned Glenmorangie, aus dem Marquise de Terme Rotweinfass. Grundsätzlich sorgen Rotweinfässer dafür, dass der Alkohol gut eingebunden wird. In diesem Fall kommen in der Nase neben Rotweinnoten vor allem dunkle Früchte und Rosinen zum Vorschein, am Gaumen kommen neben einer leichten Säure ausgeprägte Johannisbeernoten hinzu. Während wir den Whisky genossen, erzählte uns Michel, dass er sich schon mit Whisky beschäftigt, seit er 15 Jahre alt ist. Obwohl es schon immer sein Traum war, eine Whiskybar zu eröffnen, hat er zunächst eine Ausbildung im Bergbau absolviert. Nachdem er pflichtbewusst sein erstes Azubigehalt mit seinen Freunden an einem Wochenende auf den Kopf gehauen hat, brachte er seine Ausbildung regulär zu Ende, um sich dann aber später doch noch seinen Traum zu verwirklichen.

In Portugal hat Michel eine Bodega an der Hand, die Sherry- und Portfässer für ihn umbaut, so dass er immer eine hohe Qualität für seinen Whisky zur Verfügung hat. Als es später um Kavalan ging, den er als erster nach Deutschland importiert hat, wies er jedoch darauf hin, dass er immer noch in recht kleinen Dimensionen unterwegs ist. Wenn er in eine Bodega geht, sucht er sich zehn Fässer aus und kauft diese, Kavalan würde die komplette Bodega kaufen. Ein hervorragendes Fass hat Michel auch für den folgenden Mars I ausgewählt. Dieser neun Jahre alte Highland Park reifte in einem Valpolicella Wine Barrique, einem Amarone vom Gardasee. Auch hier sind die kräftigen 63,1% sehr gut eingebunden und man bekommt eine tolle Mischung aus roten Früchten und einer speckigen Note in die Nase. Am Gaumen wird es dann sehr süß mir roten Beeren - vorrangig Erdbeeren - sowie Karamell und Biscuit.

Der folgende elf Jahre alte Croftengea (mit bis zu 20ppm getorfter Loch Lomond) reifte im Ruby Port Fass und bietet in der Nase Rosinen, Pflaumen und leichten Rauch, der am Gaumen noch deutlich stärker zum Vorschein kommt. Außerdem kommen noch leichte Getreidenoten hinzu. Tatsächlich ist dies die einzige Abfüllung des Abends, die mir persönlich nicht besonders zugesagt hat. Das sah beim abschließenden Pegasus V wieder ganz anders aus. Auch diese Abfüllung stammt aus dem Portfass, ist mit sieben Jahren allerdings noch etwas jünger. Wie schon beim Ursa Major handelt es sich um einen Blended Malt Scotch Whisky, da es ein sogenannter Teaspooned Whisky ist. Dem Ledaig wurde also - zumindest offiziell - ein Teelöffel eines anderen Whiskys hinzugefügt. Dass es sich dabei um einen Tobermory handelt, ist freilich nicht unwahrscheinlich. In der Nase sind Beeren, Kirschen, Speck, Salz und etwas Liebstöckel zu finden, am Gaumen kommen noch Zitrusfrüchte und Ingwer hinzu.

Das offizielle Tasting war damit beendet, doch schon beim Betreten des Ladens war Michel der Lysithea A ins Auge gesprungen, der nur noch schwer erhältlich ist. Dabei handelt es sich um einen exklusiv für Deutschland abgefüllten Lagavulin 10yo aus dem PX-Fass, den wir dann im Anschluss gegen einen Obolus in Höhe von EUR 3,- probieren durften. In der Nase gab es eine fruchtige Süße mit Karamell, Vanille und etwas Speck, am Gaumen ist der Speck zunächst noch deutlich intensiver, bevor er sehr süßen Beeren und Rosinen weicht. Dabei kommt ihm ein wenig Zeit im Glas durchaus zu Gute. Damit endete der Abend dann aber tatsächlich und die Teilnehmer machten sich zufrieden auf den Heimweg. Michel hat überaus unterhaltsam durch den Abend geführt. Man merkt ihm an, dass er sich zu 100% mit der Materie identifiziert und für seine Abfüllungen brennt. Ich freue mich schon darauf, ihn Anfang Februar auf der Hansespirit in Hamburg am Stand von Whisky Südholstein erneut zu treffen.




Übersicht der verkosteten Whiskys:

Mercury II (Glen Moray), Scotch Universe, Single Malt Scotch Whisky, Speyside, 9yo, 57,8%, ca. EUR 70,-
Titania I (Tormore), Scotch Universe, Single Malt Scotch Whisky, Speyside, 22yo, 51,3%, ca. EUR 120,-
Ursa Major I (Westport = Teaspooned Glenmorangie), Scotch Universe, Blended Malt Scotch Whisky, Highlands, 12yo, 60,3%, ca. EUR 70,-
Mars I (Highland Park), Scotch Universe, Single Malt Scotch Whisky, Highlands (Islands), 9yo, 63,1%, ca. EUR 70,-
Castor II (Croftengea), Scotch Universe, Single Malt Scotch Whisky, Highlands, 11yo, 58,7%, ca. EUR 65,-
Pegasus V (Teaspooned Ledaig), Scotch Universe, Blended Malt Scotch Whisky, Highlands (Islands), 7yo, 59,4%, ca. EUR 75,-
Lysithea A (Lagavulin), Scotch Universe, Single Malt Scotch Whisky, Islay, 10yo, 58,6%, ca. EUR 100,-

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