Am ersten Wochenende im November fand im Bordershop in Puttgarden auf der Ostsee-Insel Fehmarn schon zum elften Mal das Whisky & Rum Festival statt. Vielleicht auch wegen des Brückentages in Norddeutschland war die Messe am Freitag und Samstag gefühlt noch deutlich besser besucht als bei den vorherigen Auflagen. Meine Frau und ich bezogen diesmal für das Wochenende eine Ferienwohnung, die nur wenige Gehminuten vom Bordershop entfernt lag. Neben gewohnt spannenden Masterclasses und tollen Abfüllungen an den Ständen war diesmal sogar etwas Klassenfahrt-Feeling dabei, denn noch nie waren so viele Freunde und Bekannte von uns ebenfalls vor Ort. Natürlich waren darunter auch zwei Blogger-Kollegen, so dass Ihr bei Bedarf sicherlich in Kürze auch noch die Eindrücke von Tobi (Barleymania) und Malte (Malte talks Malts) nachlesen könnt. Ich habe mir jedenfalls schon das letzte Märzwochenende des kommenden Jahres rot im Kalender markiert, wenn die zwölfte Ausgabe der Messe ansteht.
Am Stand von Altia, dem Importeur der Abfüllungen der Distell Group für Skandinavien, gab es wieder alles, was Fans von Deanston, Tobermory, Ledaig, Bunnahabhain und Bain´s begeistern kann. An diesen Stand sollte ich an diesem Wochenende immer wieder zurückkehren, denn die Dichte der spannenden Abfüllungen war hier besonders hoch. Ich ließ mir zunächst den Deanston 1997 Palo Cortado einschenken, der dann auch direkt zu meinen absoluten Messehighlights gehörte. Diesen kräftig-fruchtigen Tropfen werde ich in Kürze hier auch noch einmal gesondert vorstellen, denn eine Flasche davon durfte in mein Whiskyregal einziehen. Meine Frau entschied sich zeitgleich für den Deanston Organic Oloroso Finish. Dass es diesen Whisky überhaupt gibt, ist schon außergewöhnlich, denn man bekommt auf dem Markt kaum Oloroso-Fässer, die entsprechend zertifiziert sind, um das spätere Produkt als Organic zu kennzeichnen. Beim ersten Schluck hatte ich hier das Gefühl, dass die Eiche etwas zu präsent war, mit etwas mehr Zeit im Glas entwickelte sich aber eine tolle Fruchtigkeit als Gegenpart zur Würze. Fast hätte meine Frau es geschafft, mich auch noch zum Kauf dieser Flasche zu überreden.
Im Anschluss besuchten wir eine der kostenlosen Masterclasses, in diesem Fall die von Bruichladdich. Wenn man hört, dass der Opener des Tastings bereits der Bruichladdich 1990/27yo ist, dann hat man eine ungefähre Vorstellung davon, was alles aufgefahren wurde. Dieser 1990 destillierte Whisky ist einer der letzten Tropfen, die vor der Schließung der Destillerie ins Fass kamen. Nach 17 Jahren im Bourbonfass reifte er weitere zehn Jahre in einem Weinfass. Dies ist übrigens für Bruichladdich kein Finish, sondern eine ACE, was für Additional Cask Evolution steht. Trauben, Trockenfrüchte, rotes Fruchtkompott und etwas Würze machen diesen Whisky zu einem Erlebnis. Danach wurde es dann torfiger mit dem aktuellen Handfilled der Destillerie, einem zwölf Jahre alten Port Charlotte aus dem Rioja-Fass, der Speck, Schinken, Trauben, Schwarzbrot und Liebstöckl bot. Insgesamt lagerten im vergangenen Sommer in den Warehouses von Bruichladdich rund 280 verschiedene Fasstypen. Auch für die Zukunft ist uns also viel Abwechslung gewiss.
Weiter ging es mit den vier aktuellen Octomore-Abfüllungen. Diese Range ist entstanden, weil man mit möglichst vielen Faktoren experimentieren wollte, in diesem Fall dann also die ppm-Zahl nach oben getrieben hat. Dabei sind die jeweiligen xx.1-Varianten als Benchmark zu verstehen, denn bei diesen handelt es sich immer um reine Bourbonfassreifungen, um jederzeit einen Vergleich der Reihen anstellen zu können. Neben sehr ausgeprägten Vanillenoten gibt es beim 10.1 mit 107ppm Speck, Würze und Karamell. Beim ausschließlich für den Travel Retail vorgesehenen 10.2 (96ppm) aus dem Sauternes-Fass soll der Fasseinfluss deutlich mehr im Vordergrund stehen. Auch hier gibt es natürlich viel Speck, vor allem am Gaumen kommt aber sehr viel Fruchtsüße hinzu. Der 10.3 (114ppm) ist der Octomore of Octomore, denn das Getreide stammt von der auf Islay ansässigen Octomore Farm. Hier sind Würze und Rauch deutlich präsenter, die Süße ist bei dieser Abfüllung nur dezent vorhanden. Als Finale gab es den eigentlich erst ab Januar erhältlichen 10.4 (88ppm), der drei Jahre lang in Virgin Oak reifte. Obwohl hier die geringste ppm-Zahl auf der Flasche prangt, wirkt dieser junge Tropfen am torfigsten unter den vier Octomores. Viel Würze wird von Eiche und etwas Süße begleitet, die am Gaumen dann aber stärker zum Vorschein kommt.
Nach dem Tasting ließ ich den ersten Messetag mit einem Kavalan Solist Cask Strength Sherry Cask ausklingen, der farblich an Cola erinnerte. Tatsächlich war mir der Einfluss des Fasses hier zu stark, denn der Whisky ist fast schon überladen mit Sherry-Aromen. Etwas milder startete ich am Samstag in den zweiten Tag mit dem Bushmills Steamship Port Cask. Ein runder, würziger Whisky mit dezentem Port-Einfluss, der mir gut gefallen hat. Bei High Coast, einer Destillerie aus dem Norden Schwedens, die ich seit Jahren sehr schätze, durfte ich außerdem den neuen Berg probieren. Dieser reifte in PX-Fässern und verbindet die für High Coast typischen Eichenaromen mit einer fruchtigen Süße. Für unter EUR 40,- war dieser Whisky mein absoluter Preis-Leistungs-Sieger der Veranstaltung. Mit der Meinung war ich offenbar auch nicht allein, denn bereits zur Mitte des zweiten Tages war diese Abfüllung restlos ausverkauft, Nachschub für den Bordershop wird es aber in ca. drei Wochen geben.
Auch am Samstag wurden wieder Masterclasses angeboten. Gemeinsam mit dem inzwischen eingetroffenen Malte und seiner Freundin nahm ich am Glengoyne Tasting teil, in dem die Travel Retail Range vorgestellt wurde. Los ging es mit dem Shieldaig 8, bei dem es sich sehr wahrscheinlich um einen Tropfen aus der Tamdhu Distillery handelt, die dem Abfüller Ian Macleod gehört. Der Sherryeinfluss ist hier stark spürbar und man findet neben roten Früchten und Schokolade auch leichte Kräuternoten. Zu Ian Macleod gehört seit Kurzem übrigens auch Rosebank, wo zu Beginn des kommenden Jahres die Produktion wieder aufgenommen werden soll. Im Herbst wird dann auch das Besucherzentrum eröffnet werden. Rund 50 alte Fässer konnten mit erworben werden, so dass in Zukunft auch mit - vermutlich sehr kostspieligen - Abfüllungen aus der Zeit vor der Schließung gerechnet werden kann.
Danach gab es die drei Travel Retail Abfüllungen von Glengoyne, also den Cuartillo, den Balbaina und den PX Finish. Die ersten beiden Whiskys unterschieden sich grundsätzlich nur durch das verwendete Holz. Für den Cuartillo wurde amerikanische Eiche für 18 Monate mit Oloroso gesättigt, beim Balbaina war es europäische Eiche. Beide sind zwischen acht und zwölf Jahren alt und es wurden zu ca. 60% First Fill und zu 40% Second Fill Fässer genutzt. Überhaupt stehen gute Fässer bei Glengoyne sehr stark im Fokus, so wurden im vergangenen Jahr rund GBP 2 Mio. nur für Fässer ausgegeben. Beide Abfüllungen sind schöne Einsteiger für Sherry-Liebhaber, mir persönlich gefiel jedoch der PX Finish noch etwas besser, der viel Süße und Rosinen bot. Hierfür werden Whiskys aus europäischer und amerikanischer Eiche in einem PX-Fass vermählt und für zehn Monate gefinished. Dabei ist dieser Whisky der erste aus dieser Destillerie, der ein Finish erhalten hat, denn zuvor gab es ausschließlich Vollreifungen. Zum Abschluss wurde es dann doch noch rauchig, denn wir durften den neuen Smokehead Rum Riot probieren, der Rauch, Süße und exotische Früchte miteinander kombiniert. Welche Islay-Destillerie hinter dem Smokehead steckt, wird jedoch leider nicht verraten.
Das letzte große Highlight der Messe war dann eine 19 Jahre alte Einzelfassabfüllung von Benriach aus dem PX-Fass. Würze, Früchte und Süße sind hier sehr schön ausgewogen und machen den Whisky zu einem großen Erlebnis. Obwohl ich eigentlich keine weitere Flasche am Samstag mehr kaufen wollte, kam ich um diese tolle Abfüllung nicht herum. Damit endete dann mein spannendes Messewochenende. Am Sonntag guckten meine Frau und ich noch einmal an einigen Ständen vorbei, um unsere letzten Wertmünzen gegen Samples einzulösen. Wer übrigens in absoluter Ruhe über die Messe schlendern und viel Zeit für Gespräche mit den Ausstellern haben möchte, dem sei der Sonntag sehr ans Herz gelegt. Einige besondere Abfüllungen sind dann zwar bereits vergriffen, aber es ist auch mit Abstand der am wenigsten stark frequentierte Tag. Ich freue mich auf jeden Fall schon heute auf das Festival Ende März, für das ich mich natürlich gerne wieder auf den Weg nach Fehmarn mache.
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