Hamburgs älteste Weinkellerei befindet sich mit von Have in einem meiner liebsten Hamburger Stadtteile. Bergedorf liegt etwas ab vom Schuss, hat sich aber wahrscheinlich genau deswegen einen sehr gemütlichen Charme bewahrt. Das spiegelt sich auch im Ladengeschäft von von Have wider. Hier gibt es keine sterilen Regale, sondern man findet unter anderem eine alte Werkbank und ein rustikales Sofa. In diesem Ambiente finden in unregelmäßigen Abständen offene Tastings statt, bei denen man mit einem kleinen Heftchen ausgestattet wird, in dem alle Informationen zu den verschiedenen Abfüllungen sehr ausführlich dargestellt sind. Bei der vergangenen Ausgabe Ende Januar gab es insgesamt gleich 40 offene Flaschen, aus denen probiert werden konnte. Dabei zog sich das Angebot einmal quer durch das Sortiment, so dass es jeweils zehn verschiedene Whiskys, Rums und Gins gab. Dazu gesellten sich noch zehn Abfüllungen aus allen möglichen anderen Richtungen wie Likör, Mezcal, Vodka und Doppelkorn.
Wenig überraschend entschied sich meine Frau zum Einstieg für den Redbreast 12. Zwar war es nicht die fassstarke Variante (der Lieblingswhisky meiner Frau), aber auch mit "nur" 40% kann dieser Tropfen mit seinen ausgeprägten Sherrynoten absolut überzeugen. Ich griff hingegen zunächst zum Royal Brackla 12, der mich aber selbst als Einsteiger in den Abend nicht so recht begeistern konnte. Mit viel Vanille, Karamell und leichten Fruchtaromen wirkte er auf mich eher austauschbar. Danach folgte für mich der erste Blick über den Tellerrand mit einem wirklich spannenden Mezcal Zacate Alacrán. Eine leichte Rauchigkeit paart sich hier mit ganz vielen Zitrusaromen und einer leichten Süße. Dieser Tropfen zeigt wieder einmal auf, dass auch Mezcal extrem interessant ist und eigentlich zu Unrecht eher ein Nischendasein führt.
Auch an einen Vermouth habe ich mich mal wieder herangetraut, obwohl ich dazu eher ein gemischtes Verhältnis habe. In meiner Sturm- und Drangzeit in den 90ern gab es einen Abend, an dem ich einfach viel zu viel davon im Glas hatte, weshalb ich bei jedem Tropfen Vermouth an diesen Tag zurückdenken muss. Der La Copa Blanco von Gonzales Byass musste aber schon allein deswegen probiert werden, weil ich die Bodega in Jerez vor einiger Zeit persönlich besucht habe und von den Sherrys absolut überzeugt war. Auch dieser Vermouth hat mir gefallen, auch wenn er im Abgang einen Hauch zu trocken für meinen Geschmack war. Über den folgenden Tarquin´s British Blackberry Gin möchte ich gar nicht so viele Worte verlieren. Ich denke, wir belassen es in diesem Fall einfach dabei, dass dieser Gin an meinem persönlichen Geschmack einfach völlig vorbei geht.
Zurück also zum Whisky und damit in gewohnte Gefilde. Der Bladnoch 10 hat mir auch in der Vergangenheit schon zugesagt, allerdings finde ich ihn relativ preisintensiv. Cremig und mit viel Karamell, etwas Shortbread und leichten Fruchtaromen kommt der Tropfen daher. Es folgten dann die beiden absoluten Highlights des Abends mit dem neuen Rotspon-Doppel von Mackmyra. Schon seit einigen Jahren gibt es immer im Herbst tolle Abfüllungen der Schweden, die in Rotspon-Fässern der Weinkellerei von Have nachreifen durften. Mit dem Elbe gibt es in diesem Jahr eine nicht-rauchige Variante mit beerigen Noten, Trauben und Gewürzen. Die rauchige Variante heißt in diesem Jahr Alster und kommt mit extrem kraftvollen 61,8% daher. Die Kombination aus Torf und Frucht gefällt mir in der Regel sehr gut, wobei in diesem Fall auch noch sehr viel Würze mit ins Spiel kommt. Für beide Whiskys würde ich mir aber mehr Zeit nehmen, als man sie bei einem Tasting in der Regel hat. Sie haben es unbedingt verdient.
Danach war mein Whisky-Abend beendet, aber zum Nachtisch habe ich mir noch einen Davidoff Cognac VSOP gegönnt. Ich muss gestehen, dass ich mich mit Cognac so gar nicht auskenne, geschmacklich überzeugen konnte mich diese Abfüllung allerdings auch nicht. Die grundsätzlich interessante Mischung aus Karamell, Frucht und Vanille wurde mir persönlich zu sehr von Anis begleitet. Als Rausschmeißer gönnte ich mir dann noch den Christmas Rum von A.H. Riise, der von den Jungferninseln stammt. Ja, es ist ein Flavoured Rum, es wurden also Aromen zugesetzt. Ja, A.H. Riise spart nicht mit Zucker. Trotzdem finde ich diesen Rum im richtigen Moment extrem lecker. Er transportiert mehr weihnachtliche Aromen als so mancher Glühwein und ist am Ende sogar weniger süß als einige andere Tropfen des dänischen Abfüllers. Ich überlege ernsthaft, mir eine Flasche für die Adventszeit ins Regal zu stellen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich mein Schwiegervater darüber freuen würde, denn dieser Rum dürfte ihm als Freund süßer Rums und vor allem der Weihnachtszeit uneingeschränkt gefallen.
So verließen wir schließlich nach einem wirklich gelungenem Abend das Tasting. Zwischendurch konnten wir uns übrigens mit einer leckeren Gulaschsuppe stärken, die zwar deftig war, aber auch nicht so intensiv, als dass man von den Spirituosen nichts mehr geschmeckt hätte. Ich freue mich sehr auf kommende Veranstaltungen in diesem überaus sympathischen Laden. Wer übrigens auf der anstehenden Hansespirit unterwegs ist, kann auch dort die Gemütlichkeit des Ladens erfahren, denn von Have hat wie immer einen Stand vor Ort. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann dürfte dieser Stand wieder einmal der kreativste der gesamten Messe sein. Ich werde mich jedenfalls persönlich davon überzeugen, bis dahin schicke ich aber noch einmal ein ganz dickes Dankeschön für den tollen Abend nach Bergedorf.
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