Das diesjährige Feis Ile auf Islay muss leider zum zweiten Mal in Folge ohne große Besucherzahlen auskommen. In diesem Jahr hatten die Destillerien aber etwas mehr Zeit, sich auf diese Situation einzustellen, so dass ein noch deutlich umfangreicheres Online-Programm auf die Beine gestellt wurde, als dies im letzten Jahr der Fall war. Am Kilchoman Day hat die Destillerie einen ganzen Tag mit Führungen und Einblicken in alle möglichen Bereiche der Destillerie angeboten. Zum Programm gehörten aber auch drei Online Tastings mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Bereits am Nachmittag ging es um die DNA der Destillerie, am frühen Abend hieß es "Through the Ages" mit einer Reise vom New Make bis zum elften überhaupt jemals bei Kilchoman befüllten Fass aus dem Jahr 2006. Für den Abend hatte man sich dann die Experimental Casks aufgehoben mit vier Fassproben aus Cognac, Calvados, STR und Port Fässern. Und genau um dieses Tasting soll es im heutigen Beitrag gehen.
Sonntag, 6. Juni 2021
Kilchoman Online Tasting Experimental Casks - Cognac, Calvados, STR und Port (Feis Ile 2021)
Gründer und Managing Director Anthony Wills begrüßte uns gemeinsam mit seinem Sohn George. Anthony leitete damit ein, dass vor einigen Jahren Finishes immer beliebter wurden. Er hatte aber viel mehr Interesse daran, herauszufinden, wie sich sein Spirit bei einer Vollreifung in bestimmten Fässern verhält, deswegen hat er angefangen zu experimentieren, ohne genau zu wissen, welches Ergebnis ihn erwarten wird. Glücklicherweise hat inzwischen auch die SWA die Regelungen gelockert, so dass auch Fasstypen wie zum Beispiel Calvados erlaubt sind. Die heutigen Fassproben sind zum Teil noch recht jung, aber in allen Fällen zeigen sie schon eine sehr interessante Entwicklung, die uns Anthony und George gerne zeigen wollten. Bei allen vier Fassproben stammt das Malz von Port Ellen Malt, es handelt sich also um "Industrieware", keine direkt auf Islay angebaute Gerste. Mit Calvados ging es dann auch gleich los. Wie man leicht ableiten kann, ist das Fass 356/2018 gut drei Jahre alt, somit also noch recht jung und mit einem sehr hohen Alkoholgehalt von 62,1% unterwegs. Neben malzigen Noten und einer Mischung aus Rauch und frischen Heuballen gibt es hier einen knackigen, grünen Apfel in der Nase zu entdecken. Anthony denkt, dass dieser Whisky noch drei bis fünf Jahre im Fass benötigen wird, aber man kann schon jetzt die Richtung erkennen, in die er sich entwickeln wird. Am Gaumen gibt es eine überraschend stark ausgeprägte Süße mit Karamell und sehr süßem Apfel, erst im Abgang macht sich dann der Rauch stark bemerkbar und mischt sich mit einem leichten Chili-Aroma.
Nicht alle Experimente funktionieren übrigens gut. Vor einiger Zeit gab es Sauternes-Vollreifungen, die sich sehr vielversprechend entwickelt haben. Als Anthony den Fässern noch drei Monate zur Reifung geben wollte, haben sich die Fässer plötzlich völlig anders entwickelt, so dass die Fässer erst einmal liegen bleiben müssen. Überhaupt hält er helle Weine für nicht unbedingt geeignet für eine Vollreifung, hierfür bieten sich eher dunkle Weine an. Bei Sauternes funktioniert in der Regel ein Finish deutlich besser, weil man es besser steuern kann. Vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass es an diesem Abend keine Sauternes-Abfüllung gab, dafür ging es nun aber mit dem Cognac Cask 737/2016 mit einer Alkoholstärke von 58,4%. weiter. Zwei zusätzliche Jahre Reifung im Vergleich zum Calvados haben auf jeden Fall schon einmal für etwas mehr Farbe gesorgt, die Nase bietet neben rauchigen Noten auch Mandeln, Marzipan und florale Aromen. Am Gaumen geht es in eine ähnliche Richtung, hier kommen aber auch noch Pflaumen und dunkle Trauben hinzu, allerdings mit deutlich weniger Süße als beim Calvados. Anthony glaubt, dass dieser Whisky noch gut ein Jahr brauchen wird, bevor er in die Flasche kommt. Wenn es ihn heute schon gäbe, würde ich vermutlich auch jetzt schon zuschlagen, denn diese Probe gefällt mir ziemlich gut.
Besonders spannend sind für Anthony auch die Vollreifungen in Tequila- und Mezcal-Fässern, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen werden. Trotz allem nehmen die experimentellen Fässer aber nur einen kleinen Teil in den sechs Warehouses ein, denn der Schwerpunkt vor allem auch für die Core Range wird weiterhin auf Bourbon- und Sherry-Fässern liegen. Manchmal sind die Vollreifungen auch überlagert, so dass sie noch einmal in ein Bourbon Fass umziehen oder in einem Refill-Fass weiterreifen. Trotzdem werden uns auch immer wieder so spannende Fässer wie das folgende STR Cask begegnen, also ein shaved, toasted, re-charred Rotweinfass. Das Fass 207/2018 hat kräftige 61,5%, zeigt sich aber in der Nase gar nicht so wild, wie man annehmen könnte. Neben dem Rauch entdecke ich hier Pflaumen, Kirschen und dunkle Beeren sowie eine blühende Blumenwiese. Am Gaumen kommt zu den Noten aus der Nase noch eine leichte Säure hinzu, die mich an eine Mischung aus Orange und Grapefruit erinnert. Anthony wird diesen Whisky, der natürlich mit seinen drei Jahren noch recht jung ist, noch etwas länger im Fass lassen, obwohl für ihn Alter nur eine Zahl auf der Flasche ist. Er füllt seinen Whisky ab, wenn er am besten ist, nicht wenn er ein vielleicht von außen erwartetes Alter erreicht hat. STR soll übrigens in Zukunft auch Teil der Core Range werden, denn der Anteil an Fässern im Warehouse ist inzwischen recht groß und der Spirit entwickelt sich außerordentlich gut. Vermutlich müssen wir uns dafür aber noch rund zwei Jahre gedulden.
Anthony sind auch für die Zukunft Single Cask Abfüllungen wichtig, obwohl sie viel Aufwand bedeuten. So werden zum Beispiel die Labels immer von Hand nummeriert. Um aber die Abfüllung der Core Range (Machir Bay und Sanaig machen ca. 66% der Abfüllungen aus) nicht zu gefährden, gibt es inzwischen eine kleine zweite Bottling-Anlage. Mir gefällt diese Einstellung, ist aber bei den vielen experimentellen Fässern natürlich auch nachvollziehbar. Der finale Dram des Abends - zumindest für die Teilnehmer am Rechner - ist das Port Cask 480/2014 mit 57,3%. Die Nase gefällt mir hier richtig gut mit einer Mischung aus Rauch, Gras und Heu, die aber von sehr fruchtigen Noten begleitet werden. Erdbeeren, Brombeeren, Kirschen und Pflaumen sind hier zu erkennen. Am Gaumen steht dann die fruchtige Süße zunächst im Vordergrund, bevor sich Limone und Johannisbeeren ins Profil mischen und so etwas Säure ins Spiel bringen. Der Rauch kommt erst im Abgang wieder durch, mischt sich aber auch hier mit einer leichten Säure. Auch bei diesem Fass geht Anthony davon aus, dass es im Laufe der nächsten zwölf Monate abgefüllt werden könnte. Überhaupt ist er von den Portreifungen so begeistert, dass er hiervon gerne mehr Fässer füllen würde. Ich kann das absolut nachvollziehen, denn diese Fassprobe gefällt mir sehr gut.
Anthony und George schenkten sich dann zum Abschluss noch einen Dram vom diesjährigen Feis Ile Bottling ein, das ich leider nicht mitbestellt habe. Deshalb habe ich zum Abschluss zur Haggis-Schokolade gegriffen, einer dunklen Schokolade mit Gewürzen, die im Haggis verwendet werden. Fleisch ist aber natürlich nicht enthalten, denn die in Edinburgh produzierte Schokolade ist vegan. Die Pairing-Empfehlung hierfür ist der Sanaig, sie schmeckt aber auch hervorragend zum Port-Fass und notfalls natürlich auch pur. Das Tasting hat mir richtig viel Spaß gemacht und ich hätte Anthony und George noch ein paar Stunden länger zuhören können. Wer die Veranstaltungen des Tages verpasst hat, findet sowohl die Tastings wie auch alle anderen Videos noch länger auf YouTube und Facebook. Es lohnt sich wirklich, diese Chance zu einem tollen Einblick in diese sympathische Destillerie zu nutzen. Was mir auch sehr imponiert hat, war die Tatsache, dass am Ende noch Werbung für die Veranstaltungen am Folgetag bei Bunnahabhain gemacht wurde. Mein Fernweh nach Islay ist auf jeden Fall mit diesem Tag noch etwas größer geworden.
Übersicht der verkosteten Whiskys:
Kilchoman Calvados Cask 356/2018, Single Malt Scotch Whisky (Cask Sample), 3yo, 62,1%
Kilchoman Cognac Cask 737/2016, Single Malt Scotch Whisky (Cask Sample), 5yo, 58,4%
Kilchoman STR Cask 207/2018, Single Malt Scotch Whisky (Cask Sample), 3yo, 61,5%
Kilchoman Port Cask 480/2014, Single Malt Scotch Whisky (Cask Sample), 7yo, 57,3%
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