Zum Tag des Deutschen Whiskys, der immer am letzten Samstag im Juni begangen wird, gab es auch in diesem Jahr wieder verschiedene Veranstaltungen, wobei sich aufgrund der immer noch unsicheren Corona-Situation die wenigsten dazu entschlossen haben, ein Präsenz-Programm auf die Beine zustellen. Zum Ausgleich gab es aber natürlich gleich mehrere Online-Veranstaltungen, eine davon von der Schlitzer Destillerie, die mitten in Hessen in der namensgebenden Kleinstadt ansässig ist. Da in den etwas ländlicheren Gegenden Deutschlands das Internet noch immer nicht so gut ausgebaut ist, dass man problemlos einen Live-Stream starten kann, ging es erst mit etwas Verzögerung und einer spontan aufgezeichneten Veranstaltung los. Das war aber gar kein Problem, denn auch mit dieser leichten Verspätung sollten die fünf verschiedenen Whiskys und der Likör zum Auftakt noch immer ein guter Ritt durch die Bandbreite der Destillerie im Whiskybereich sein. Solche technischen Probleme haben bei einer kleinen Destillerie letztlich aber noch immer ihren Charme. Das gilt genauso für das ungewohnte "Sie" - nicht nur in der Ansprache der Teilnehmer des Tastings, sondern auch innerhalb des Teams der Destillerie.
Sonntag, 27. Juni 2021
Online-Tasting der Schlitzer Whisky Destillerie zum Tag des Deutschen Whiskys inkl. der Neuheit Single Grain Whisky Smoky CS (Black Edition)
Durch den Abend führte Geschäftsführer Tobias Wiedelbach, der sich aber für die Vorstellung der verschiedenenen Abfüllungen Unterstützung aus dem gesamten Destillerie-Team geholt hat. Den Anfang für das Tasting, das aus der neuen Whisky Lounge in Schlitz aufgezeichnet wurde, machte der Whisky Liqueur mit Vanille, der auf Basis des Single Grain Whiskys hergestellt wird. Traditionell wird in der Region auf Weizen-Basis gebrannt, was sich später auch noch einmal in einer Abfüllung widerspiegeln sollte, aber inzwischen macht die Destillerie natürlich auch verschiedene Brände, Geiste, Liköre, Gin, Rum und auch Whisky, der heute im Mittelpunkt stehen sollte. Der Whisky Liqueur ist schon seit 2016 im Sortiment und begeistert nicht nur weibliche Besucherinnen der Destillerie, sondern gefällt mit seinen kräftigen 32% auch den Herren, die es etwas süßer mögen. Die süße Vanille dominiert natürlich diesen Likör, aber vor allem im Geschmack ist auch der Whisky gut erkennbar. Danach folgte der vom Brennmeister Gottfried Ickler vorgestellte Single Grain Whisky, der auf Basis von Rohweizen und einem hohen Malzanteil gebrannt wird. Nach sechs Jahren im Bourbonfass wird er mit 40% abgefüllt. In der Nase ist der Whisky süß, vanillig und bietet ganz leichte Mandel- und Nussaromen. Am Gaumen wiederholt sich dieser Eindruck, nun aber noch durch etwas Pfeffer ergänzt. Durch die Lagerorte unter dem Dach und in einem flachen Warehouse wird es im Sommer sehr warm für die Fässer, im Winter hingegen recht kalt. Das sorgt für viel Bewegung im Fass und eine entsprechend schnellere Reifung.
Der aktuelle Brennmeister ist übrigens schon seit 1996 mit der Whiskyproduktion betraut, aus dieser Zeit sind allerdings keine Fässer mehr vorhanden. Die ältesten wurden mit 15 Jahren abgefüllt und sind inzwischen vollständig vergriffen. Das waren aber bei weitem nicht die ältesten Tropfen der Destillerie, denn bereits seit den frühen 80er Jahren wird hier Whisky gemacht. Unter dem Namen Glen Slitisian, mit dem sich die Scotch Whisky Association heute sicher nicht mehr anfreunden könnte, wurde bereits ein 25 Jahre alter Whisky abgefüllt. Gebrannt wird auf einer Brennblase mit aufgesetzter Kolonne auf ca. 90%. Der zweite Whisky des Abends erinnert dann an die schon angedeutete Tradition der Destillerie, denn es handelt sich um einen Single Wheat Malt mit 44,4% und einer fünfjährigen Reifung im Bourbonfass. In der Nase wirkt der Whisky floral und süß. Die anfänglichen Klebstoffaromen verfliegen mit der Zeit und machen Platz für Vanille, Karamell, helle Schokolade und Eichenwürze am Gaumen. Ein spannender Whisky, der aber nicht unbedingt mein persönlicher Favorit werden wird. Obwohl zum Teil mit weniger als 46% abgefüllt wird, setzt man übrigens durchgängig auf eine langsame Fassentleerung ohne Pumpe sowie eine schonende Filtration bei Raumtemperatur, um die Aromen der Abfüllungen möglichst gut zu erhalten.
Den Single Malt Whisky Woody habe ich vor rund einem Jahr bereits ausführlich an dieser Stelle vorgestellt, denn er wurde zum Tag des Deutschen Whiskys 2020 auf den Markt gebracht. Entstanden ist das Projekt mit transsilvanischer Virgin Oak im Jahr 2016 und schon nach zwei Jahren konnte der Young Malt beim Tag des Deutschen Whiskys die damaligen Besucher begeistern. Die kräftigen 51% bieten in der Nase dunkle Trockenfrüchte, Karamell, malzige und nussige Aromen sowie Leder und Eichenwürze. Am Gaumen wird das Karamell dann noch dunkler, dazu kommen viel Würze und Eiche sowie dunkle Schokolade. Dieser Whisky war mein persönlicher Favorit des Abends. Danach folgte die erste torfige Abfüllung des Abends, wobei bei Schlitzer nie mit getorftem Malz gearbeitet wird. Alle Torf- und Raucharomen stammen aus den verwendeten Fässern von Islay, das Malz kommt immer aus Deutschland. Beim Single Malt Peaty mit 49% gibt es in der Nase viel Süße und Karamell, was mich an Werthers Echte erinnert, dazu aber eben auch überraschend viel Rauch, Salz und Iod. Am Gaumen wiederholen sich diese Aromen, dazu kommt aber auch etwas Apfel in Kombination mit Pfeffer, bevor der nun etwas süßere Rauch sich wieder seinen Weg bahnt. Das Fass hat hier auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet.
Ähnliches gilt auch für die große Premiere des Abends. In der Black Edition sollen zukünftig jährlich besondere Fässer und Kombinationen erscheinen, wobei der Single Grain Whisky Smoky den Auftakt macht. Der Grain Whisky reifte vier Jahre lang ausschließlich im Islay-Fass und kommt in einer Auflage von 500 Flaschen mit fassstarken 57,7% daher, wobei es aber auch eine nicht limitierte Version mit 48,5% gibt. Die Nase bietet hier viel Rauch, der den dezenten Grain aber nicht völlig überdeckt. Vielmehr kommen Karamell und süße Paprika hinzu. Am Gaumen gibt es zusätzlich Lagerfeuer und geräucherte Fruchtgummis sowie sowie süß-nussige Aromen, wobei vor allem im Abgang der Rauch viel Raum einnimmt. Mit etwas Zeit im Glas wird das Karamell wieder dominanter. Der Schlitzer Whisky soll dauerhaft ein Naturprodukt bleiben, so dass sich auch einzelne Fässer und Batches immer wieder unterscheiden können. Eine dauerhaft gleichschmeckende Abfüllung in großer Menge wird es nicht geben, da es nicht der Philosophie der Destillerie entspricht. Der Abend hat mir insgesamt viel Spaß gemacht und ich fand es sehr spannend, mich mal ausführlich wieder mit dieser Destillerie zu beschäftigen. Ich werde den Whisky aus Schlitz definitiv auch in Zukunft gut im Auge behalten! Als Tipp für alle, die das Tasting noch nachträglich verfolgen möchten: Fast alle Abfüllungen des Abends gibt es im Onlineshop der Destillerie auch als 5cl-Flasche und das Tasting bleibt bei YouTube online.
Übersicht der verkosteten Whiskys:
Schlitzer Whisky Liqueur Vanille, Whisky Likör, NAS, 32%, ca. EUR 25,- (0,5l)
Schlitzer Single Grain Whisky, Single Grain Whisky, 6yo, Bourbon-Fass, 40%, ca. EUR 30,- (0,5l)
Schlitzer Single Wheat Malt Whisky, Single Grain Whisky, 5yo, Bourbon-Fass, 44,4%, EUR 35,- (0,5l)
Schlitzer Single Malt Whisky Woody, Single Malt Whisky, 4yo, Transsilvanien Virgin Oak, 51% EUR 40,- (0,5L)
Schlitzer Single Malt Whisky Peaty, Single Malt Whisky, 6yo, Bourbon-Fass (4 Jahre) + Islay-Fass (2 Jahre), 49%, EUR 50,- (0,5l)
Schlitzer Single Grain Whisky Smoky Black Edition, Single Grain Whisky, 4yo, Islay-Fass, 57,7%, EUR 60,- (0,5l)
Die Samples wurden mir freundlicherweise kostenlos von der Schlitzer Destillerie kostenlos zur Verfügung gestellt.
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