Der erste Halt auf unserer Reise durch die nordischen Länder ist die Kyrö Distillery in Finnland. Dort wird ausschließlich 100% Rye Whisky produziert, weil Finnland einfach ein Land ist, in dem Roggen einen sehr hohen Stellenwert hat. 2016 wurde der Whisky destilliert und anschließend in einem Bourbon Barrel gereift. Dementsprechend ausgeprägt ist einerseits die Roggennote, andererseits aber auch die Einflüsse von Vanille, Karamell und sehr würzigen Elementen. Mit der Zeit entwickelt sich ein Duft, der mich fast ein wenig an Baklava erinnert mit einem Anflug von Nüssen und Pistazien. Am Gaumen taucht zunächst eine sehr ausgeprägte Süße auf, die dann aber schnell würzigen Aromen Platz machen muss. Im langen Abgang tritt der Roggen noch einmal deutlich in den Vordergrund, wird aber schön von nussigen Noten begleitet.
Danach ging es weiter nach Dänemark zu Fairy Lochan, einer Destillerie die ich sehr zu schätzen gelernt habe. Das hier vorliegende Bottling wurde sogar schon im Jahr 2014 gebrannt und reifte seitdem in einem Hogshead. Der Rauch wurde in diesem Fall nicht durch Torf erzeugt, sondern durch den Einsatz von Brennnesseln. Der Whisky wirkt einerseits sehr frisch mit Kräutern und einer Note, die in Richtung Tomate tendiert, gleichzeitig aber auch rauchig. Dabei erinnern die Raucharomen eher an ein Lagerfeuer im Garten, in dem auch Gras, Kräuter und vor allem Brennnesseln verbrannt werden. Geschmacklich geht es ganz ähnlich zu, wobei die Kräuter und Gräser hier noch stärker zum Vorschein kommen. Auch der Abgang ist wie ein Spaziergang über eine leicht lodernde Wildwiese. Das wird nicht jedem gefallen, ich finde das aber richtig gut!
In Schweden geht es zur High Coast Distillery, von der ich schon einige Tropfen hier auf Drams United vorgestellt habe. Ich freue mich sehr darüber, dass die Destillerie jetzt auch außerhalb Schwedens immer bekannter wird. Das führt natürlich auch dazu, dass die Destillerie immer weiter wächst und seit Beginn des Jahres unter Vollauslastung produziert. Der hier abgefüllte Whisky stammt mit seinem Produktionsjahr 2013 fast noch aus der Anfangszeit der Destillerie, die 2010 seinen ersten Spirit in Fässer gefüllt hat. Produziert wird gründsätzlich getorfter und ungetorfter Whisky, wobei die vorliegende Abfüllung in die zweite Kategorie gehört. In der Nase wirkt es fast so, als wäre doch etwas Rauch vorhanden, aber das mag von der Reifung im Sherry Hogshead kommen. Die Nase erinnert mich stark an den High Coast Berg, aber diese Abfüllung hier ist viel komplexer und intensiver. Sherrywürze, Kaffee, Kakao, Pflaumen, rote Früchte und Nüssen. Am Gaumen ist es eigentlich ganz ähnlich, wobei sich hier noch ein deutliches Eichenaroma mit ins Profil mischt. Außerdem sticht unter den Früchten jetzt die schwarze Johannisbeere ganz deutlich hervor und sorgt für etwas Säure im Profil.
Das Finale des Abends wird dann in Norwegen begangen, genauer gesagt auf einer kleinen Insel vor der norwegischen Küste, tatsächlich sogar nördlich des Polarkreises. Damit ist die Myken Distillery die nördlichste Whiskydestillerie der Welt. Seit 2014 wird hier Whisky produziert, das hier abgefüllte Fass stammt aus dem Jahr 2017. Die Besonderheit dabei ist aber, dass die Befüllung schon im Dezember 2016 begann mit getorftem Spirit, danach wurden über sechs Monate immer wieder kleine Mengen aus den folgenden ungetorften Produktionen hinzugefüllt. Damit ist dieses Fass ein ganz besonderes, denn die Vorgehensweise ist auch für eine kleine Destillerie wie Myken alles andere als gewöhnlich. Die Rauchnoten sind dann tatsächlich erkennbar, halten sich aber klar im Hintergrund. Darüber hinaus sind in der Nase Limetten, grüne Paprika, eine angenehme Süße und etwas, was mich an frischen Knoblauch erinnert, zu erkennen. Am Gaumen setzt es sich eigentlich genauso fort, wobei die Süße nun deutlich mehr in den Vordergrund tritt. Dazu gesellt sich aber auch frisches Gras von der Küste, leichte Kräuternoten und etwas Eiche.
In Summe gab es heute vier richtig tolle Whiskys ins Glas, die aber alle ihren eigenen Charakter hatten. Es fällt mir etwas schwer einen Favoriten zu benennen, aber ich denke, meine Begeisterung war tatsächlich beim High Coast am größten, was ich ja fast im Vorwege schon vermutet hatte. Schließlich durfte ich einfach schon so viele grandiose Abfüllungen von dort kennenlernen. Trotzdem lagen die anderen drei Tropfen nur knapp dahinter. Ich werde die Abfüllungen aus den nordischen Ländern auch weiterhin sehr genau beobachten, denn es gibt dort einfach richtig viel zu entdecken. Sicherlich sind die Preise oftmals höher als bei Abfüllungen aus Schottland oder Irland, aber man muss eben auch im Blick behalten, dass die Destillerien deutlich kleiner und dazu die Produktionsbedingungen sehr viel preisintensiver sind. Dafür ist dann aber auch die Qualität extrem hoch und das ist für mich am Ende der entscheidende Faktor!
Übersicht der verkosteten Whiskys:
Kyrö 2016/2021 (Berry Bros & Rudd), 100% Rye Whisky, Finnland, 5yo, 54,6%, EUR 200,-
Fary Lochan 2014/2021 (Berry Bros & Rudd), Single Malt Whisky, Dänemark, 7yo, 60,9%, EUR 175,-
High Coast 2013/2021 (Berry Bros & Rudd), Single Malt Whisky, Schweden, 8yo, 60,9%, EUR 180,-
Myken 2017/2021 (Berry Bros & Rudd), Single Malt Whisky, Norwegen, 4yo, 61,4%, EUR 175,-
Ich wurde freundlicherweise kostenlos von Kirsch Import zu diesem Tasting eingeladen.
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