Mittwoch, 3. Mai 2023

Festival des deutschen Whiskys auf Burg Scharfenstein (Verband deutscher Whiskybrenner) Tag 2

Der erste Tag auf Burg Scharfenstein beim Festival des deutschen Whiskys hatte schon wahnsinnig viel zu bieten, aber bei rund 30 Ausstellern und einem umfangreichen Tasting-Programm reichen selbst eigentlich sehr großzügige zehn Messestunden bei Weitem nicht aus, um allen Ständen die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken. Ganz zu schweigen davon, dass natürlich auch die sinnvolle Aufnahmekapazität irgendwann erschöpft ist. So waren wir auch am zweiten Messetag wieder rechtzeitig zu Beginn vor Ort, um die Zeit voll ausnutzen zu können. Schließlich standen neben bereits verabredeten Besuchen an diversen Ständen auch wieder zwei spannende Tastings auf dem Programm. Am Nachmittag präsentierte Referent Hans Strenge die fünf Abfüllungen der Malts of Germany, am frühen Abend wartete noch die Nine Springs Masterclass mit Bernd Ehbrecht auf uns. Die obligatorische Thüringer Bratwurst zur zwischenzeitlichen Stärkung durfte natürlich auch am zweiten Tag nicht fehlen.


Schon beim Frühstück im Hotel saß das Messe-Team der Destillerie Betz am Nebentisch, so dass unser erstes Ziel für den zweiten Messetag schnell ausgemacht war. Schließlich hatte uns am Vortag auch der Master Blend der Brennerei im 4 Distillers Tasting schon sehr zugesagt. Am Stand ließen meine Frau und ich uns dann Probierschlücke der restlichen Range einschenken, die wirklich einiges zu bieten hatte. Der Rye ist würzig und trotzdem sehr weich mit etwas Kirsche, Orange und Schokolade. Die beiden Single Malt Trinkstärken aus Sauternes bzw. PX Cask haben uns ebenfalls sehr zugesagt, wobei das PX Cask eher für deutliche Sherry-Aromen zusammen mit Kirsche und Kakao gesorgt hat, während beim Sauternes eher hellere Früchte mit Honig und einer leichten Säure im Vordergrund standen. Zum Abschluss folgte noch das fassstarke Jamaica Rum Cask, das mit viel Süße startet, um dann Raum für helle Früchte und Honig zu lassen. Zum Ende hin sorgt der Whisky für eine angenehme Trockenheit. Sehr gut gefallen hat mir übrigens, dass man bei der Flaschengröße zwischen 0,7l, 0,35l und 0,05l wählen konnte. So sind am Ende gleich zwei Flaschen der mittleren Größe in meinem Rucksack gelandet.

Da ich weiß, dass St. Kilian auf Messen eigentlich immer ein spannendes Fass mit am Stand hat, führte uns unser Weg im Anschluss genau dorthin. Diesmal handelte es sich dabei um ein Eisbock Cask, in dem zuvor Bier der Brauerei Faust lagerte. Ich war beeindruckt, wie stark in diesem Fall der Einfluss des Biers auf den Whisky war, denn die leicht herben Hopfennoten waren sowohl in der Nase wie auch am Gaumen deutlich erkennbar. Da ich noch eine ältere Variante aus einem Eisbock Cask zu Hause habe, freue ich mich schon richtig darauf, diese beiden Tropfen parallel zu verkosten. Dies dann natürlich in Kombination mit einem Faust Eisbock. Bei der Farny Destillerie habe ich die 7,5 Jahre alte Messe Edition probiert, die genauso wie der klassische Single Malt der Brennerei sehr fruchtig daherkommt, allerdings werden die hellen Früchte hier durch eher dunkle Früchte und Trockenfrüchte ersetzt, die mit Karamell und würzigen Einflüssen kombiniert werden. In der näheren Zukunft sollen übrigens auch Abfüllungen in Fassstärke folgen. Darauf freue ich mich schon heute. Ein anderer Wunsch wurde mir am Messestand noch erfüllt. Nachdem ich jahrelang versucht habe, in Norddeutschland ein Farny Kristallweizen aufzutreiben, durfte ich zum Ende der Messe zwei Flaschen davon mit nach Hause nehmen. Eines davon habe ich inzwischen probiert und muss sagen, dass auch das Bier hervorragend ist.

Ein Halt bei Ralf Henrich, der wieder mit seinem Gilors Single Malt am Start war, ist natürlich auch immer Pflicht. Das gilt vor allem dann (aber nicht nur), wenn uns schon im Vorwege Bückware versprochen wurde. Tatsächlich hatte Ralf seine voraussichtlich kommende Abfüllung dabei, über die ich leider noch nicht zu viel erzählen darf. Ich kann aber sagen, dass es sich um eine Abfüllung handeln wird, die Einsteiger wie erfahrene Genießer gleichzeitig ansprechen wird. Im Juni wird es übrigens ein Online-Tasting mit drei bereits erhältlichen Abfüllungen und drei Fassproben der Brennerei geben. Sets hierfür sind über den Online-Shop der Brennerei erhältlich. Bevor wir dann später in unser erstes Tasting des Tages gingen, schauten wir noch bei der Brennerei Liebl mit ihrem Coillmor vorbei. Hier hat mir ein zehn Jahre alter Single Malt aus dem Spätburgunder Fass besonders gefallen, der die für Liebl aus meiner Sicht typischen Getreidenoten mit Kirschen, Beeren, Vanille und etwas Schokolade verbindet. Mit diesem Whisky werde ich mich an dieser Stelle in Kürze noch einmal ganz ausführlich beschäftigen.

Im Anschluss wartete dann schon Hans Strenge auf die Gäste des Malts of Germany Tastings. Malts of Germany wurde von fünf deutschen Brennereien ins Leben gerufen, die sich dadurch einerseits eine größere Marktbekanntschaft erhoffen, andererseits aber auch einen leichteren Zugang mit gebündelter Stärke zu ausländischen Märkten finden wollen. So wird gerade auch für das erste Batch Asien ein großer Abnehmer sein. Den Start machte der Singold aus Weißwein- und Oloroso-Fässern, der in der Nase mit Frucht, Leder viel Getreide und Orangen startet, dann am Gaumen aber würziger und trockener auftritt. Der folgende Nine Springs stammt aus dem Marsala Cask und ist extrem floral, während gleichzeitig süße Fruchtaromen erkennbar sind, wobei der Apfel klar im Vordergrund steht. Äpfel und Zitrusfrüchte sorgen für eine leichte Säure, die von Mandeln ergänzt wird. Ein spannender Whisky, aber ich muss ehrlich zugeben, dass ich von Nine Springs sonst noch interessantere Profile gewohnt bin. Beim folgenden Fading Hill, der ausschließlich in First Fill und Refill Bourbon Casks reifte, war die Begeisterung dann aber deutlich größer und besonders meine Frau hatte hier ihren Favoriten des Tastings gefunden. Ein ganz geringer Rauchmalzanteil sorgt für eine sehr dezente Rauchigkeit am Gaumen, im Vordergrund stehen aber malzige Noten, Apfel, Vanille und Vanillekipferl.

Die Sauerländer Edelbrennerei steuerte eine Abfüllung aus dem Rotweinfass bei, das seine Art der Reifung nicht verbergen kann. Viel Rotwein mischt sich mit roten Früchten, viel Süße, Johannisbeeren und roten Trauben, wobei vor allem am Gaumen die Fruchtsäure sehr präsent ist. Das Finale bildete dann ein Stonewood aus getoasteter Weißeiche und Oloroso Casks, also mehr oder weniger eine etwas leichtere Variante des Dra Doublewood, der mich im letzten Jahr so begeistert hat. Frische und getrocknete rote Früchte in Kombination mit Orange und heller Schokolade wissen absolut zu gefallen und münden in einen recht trockenen Abgang. Zur letzten Brennerei des Tastings führte uns danach auch der Weg auf der Messe, denn Gregor Schraml, den wir früher am Tag schon auf eine Bratwurst getroffen hatten, hatte zwei in Kürze erscheinende Abfüllungen im Gepäck. Der Dra Strong ist im Prinzip die fassstarke Variante des klassischen Dra, der fünf Jahre in amerikanischer Weißeiche reift. Helle Früchte, Malz und viel Vanille sind das Grundprofil dieses spannenden Whiskys. Noch besser hat mir sogar der Woaz Amarone One gefallen, der auf dem Single Wheat Woaz basiert, der mit bayrischer Weißbierhefe hergestellt wird, in diesem Fall aber noch ein 18 Monate langes Finish im Amarone Cask erhalten hat. Die malzigen Noten mit Vanille und Banane werden nun noch durch weitere Früchte und Marzipan ergänzt. Wenn diese beiden Flaschen Ende Mai auf den Markt kommen, werde ich mindestens beim Woaz zuschlagen müssen.

Zum Abschluss des langen Messewochenendes wartete dann noch eine Nine Springs Masterclass mit Bernd Ehbrecht auf uns, bei der es zwischendurch sogar noch eine kurze Dudelsack-Einlage gab. Den Start machte hier das Bourbon Cask mit einer Reifezeit von sieben Jahren in Heaven Hill Fässern. Hierbei handelt es sich nach Bernds Philosophie um die Grundlage eines jeden Whiskys. Vanille, Süße, Malz und etwas Würze stehen im Mittelpunkt dieser Abfüllung. Beim folgenden Triple Cask gibt es zusätzlich zum Bourbon Cask noch American Oak und Oloroso Casks, was dann für viel Karamell, Süße, Aprikosen, würzige Aromen und ein sehr weiches Mundgefühl gesorgt hat. Die dritte Abfüllung des Abends war eine Vollreifung im Port Cask, das zuvor sechs Monate lang mit einem Belize Rum belegt war. Süße rote Früchte in Kombination mit exotischen Früchten mischen sich mit flambierter Ananas und floralen Tönen. Ein Profil, das mir sehr gut gefällt. Gleiches gilt für die aktuelle Distillery Only Abfüllung mit Tokajer Finish aus getorftem Destillat. Rauchige Aromen mischen sich schön mit roten Früchten, wobei Erdbeeren und Kirschen im Vordergrund stehen. Tatsächlich kommt der Rauch erst am Gaumen so richtig zur Geltung, wo die Früchte sich die Bühne dann mit viel Karamell teilen müssen. Das Finale bildete dann die diesjährige Festival-Abfüllung, die eigentlich mal ein Amarone Finish hätte werden sollen. So waren jedenfalls die Fässer bestellt, geliefert wurden aber Negro Amaro Fässer, die Bernd nach einer kurzen Nachverhandlung beim Lieferanten trotzdem verwendete. Zwar handelt es sich auch hier um einen Peated Breeze, also eine getorfte Variante, aber wieder kommt der Rauch erst am Gaumen so richtig zum Vorschein. Dazu gestellen sich Kräuter, Zuckerwatte und rote Früchte, bevor es dann in den relativ trockenen und würzigen Abgang geht.

Ziel für die Zukunft bei Nine Springs soll es sein, dass man jedes Jahr eine neue neun Jahre alte Abfüllung auf den Markt bringen kann, ohne sich dabei ausschließlich auf genau dieses Alter festzulegen. Schließlich steht auch weiterhin bei Nine Springs Geschmack und Qualität im Vordergrund. Nach Abschluss der Masterclass mussten wir dann leider feststellen, dass ein Großteil der Aussteller bereits eine Stunde vor Ende der Messe verschwunden oder im Abbau begriffen war. Das fand ich etwas schade, weil ich gerne noch das eine oder andere mitgenommen hätte. Aber ein wenig kann ich natürlich auch verstehen, dass nach zwei 10-Stunden-Tagen und zum Ende hin einer doch sehr überschaubaren Gästezahl die Luft bei den Ausstellern raus war. Das Wochenende hat meiner Frau und mir jedenfalls wahnsinnig viel Spaß gemacht und wir haben uns sehr gefreut, viele bekannte Gesichter unter den Ausstellern wiederzutreffen, gleichzeitig aber auch neue Bekanntschaften zu schließen. Vermutlich wird die Messe im nächsten Jahr in den Steinwald weiterziehen, was für uns als Nordlichter noch einmal eine deutlich längere Anreise bedeuten würde. Wahrscheinlich werden wir das für ein tolles Messewochenende dann aber in Kauf nehmen, denn so viele deutsche Brenner auf einem Haufen trifft man sonst natürlich nicht.

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