Montag, 11. Juni 2018

Masterclass-Tasting bei Helgo-Heiner (Helgoland)

Endlich war es wieder so weit und ich durfte ein paar Tage auf meiner Lieblingsinsel Helgoland verbringen, die meine Frau, meine Schwägerin, ihren Freund Tobi, den viele sicherlich von seinem englischsprachigen Blog Barleymania kennen, und mich mit vier Tagen Sonne verwöhnt hat. Pflichtprogramm war natürlich wie immer ein Besuch bei Heiner im Oberland, der bereits seit über 20 Jahren ein hervorragend sortiertes Spirituosengeschäft führt. Neben dem regulären Tasting, das während der Saison immer donnerstags auf Heiners Terrasse stattfindet, konnte ich diesmal noch einen Sondertermin für eine Masterclass am darauffolgenden Samstag mit Heiner vereinbaren. Hier wurde nicht nur der Geburtstag meiner Schwägerin mit einem kleinen Ständchen gefeiert, sondern es gab auch sechs hervorragende Whiskys aus dem gehobenen Preissegment in die Gläser.

Schon im Donnerstags-Tasting gab es sechs tolle Whiskys mit dem Aureum 5, einem tollen Glenrothes von Wemyss (Fruit and Nut Bake), dem günstigen Smoke Stack, einem 26yo Cambus von Berry Bros., einem elf Jahre alten Ballechin aus dem Bordeaux-Fass aus der SFTC-Reihe und einem sieben Jahre alten Balmenach von A.D. Rattray. Der Gewinner des Abends, der traditionell von den Teilnehmern gewählt wird, war der Ballechin, von dem auch gleich eine Flasche in meinen Koffer wanderte.


Sechs ganz besondere Whiskys sollten allerdings am Samstag auf uns warten. Schon bei Heiners Vorankündigung über seine Facebook-Seite ließ uns das Wasser im Mund zusammenlaufen, als die Flaschen dann aufgereiht auf dem Tisch standen, wurden die Augen noch ein Stückchen größer. Den Auftakt machte ein 45 Jahre alter Single Grain von Invergordon, der von Alambic Classique abgefüllt wurde. Nur 124 Flaschen hat das Bourbon Barrel hergegeben, von denen noch am Abend einige den Besitzer gewechselt haben. Honig, Getreide, Shortbread, Aprikose und Toffee zeichnen den Whisky aus, der im Abgang leicht bitter und recht trocken wurde. Sicherlich hätte der Tropfen seine Vielfalt noch besser entfalten können, wenn er etwas mehr Zeit im Glas bekommen hätte.

Anschließend folgten zwei Abfüllungen von Glenrothes, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Zunächst gab es einen 19yo aus zwei Sherry Butts, die von Dun Bheagan in die Flasche gebracht wurden. Dieser sehr sherry-lastige Whisky bot einen prall gefüllten roten Fruchtkorb mit getrockneten Cranberries, Pflaumen, Kirschen und Erdbeeren sowie Kandis, am Gaumen wurde es dann etwas herber mit leichten Salz- und Lakritznoten. Danach folge ein 27yo aus dem Bourbon Hogshead von Signatory Vintage, der nun eher in die helle Fruchtrichtung tendierte. Neben Mango, Pfirsich, Ananas und Orange gab es auch Äpfel, etwas Minze und Nimm 2-Bonbons. Obwohl die beiden Whiskys in völlig unterschiedliche Richtungen gingen, waren beide auf ihre Art hervorragend.

Alambic Classique war der einzige Abfüller des Abends, der zwei Whiskys ins Rennen schicken durfte. Auch bei diesem 23yo Miltonduff ging es sehr fruchtig zu, diesmal ging es aber in Richtung reifer Äpfel und Birnen, Trauben und Bergpfirsichen. Dazu mischte sich eine tolle Mandelnote, die den Whisky sehr rund gemacht hat. Es folgte mit dem Kavalan Solist aus dem Fino Sherry-Fass die einzige Originalabfüllung des Abends, die später von den Teilnehmern zum Sieger des Tastings gewählt werden sollte. Dies war auch der einzige Whisky des Abends ohne Altersangabe, da jedoch der Angels Share in Taiwan mit bis zu 18% sehr hoch ist, kann man eher von einem jüngeren Whisky ausgehen. Mit seinen Gewürzaromen, etwas Rumrosine, Lebkuchen und Pfefferkuchen fühlte man sich schon ein wenig in die Vorweihnachtszeit versetzt.

Zum Abschluss des Abends sollte es noch einmal sehr torfig werden. Unter dem Namen Williamson füllte Whiskymax in seiner Spirit & Cask Range einen teaspooned Laphroaig ab, der zuvor zwölf Jahre im Bourbonfass verbringen durfte. Erwartungsgemäß speckig und medizinisch ging es zu, dazu gesellten sich noch einige angezündete Früchte und eine sehr auffällige Trockenheit. Wer häufiger auf Drams United unterwegs ist, wird vielleicht schon wissen, dass diese Kombination so gar nicht in mein Beuteschema passt, aber natürlich hat Laphroaig auch viele Anhänger.

Beide Abende haben extrem viel Spaß gemacht. Im ersten Tasting waren auch einige Anfänger dabei, so dass Heiner auch auf die Grundlagen der Produktion eingegangen ist. Am Samstag haben sich dann eher Liebhaber eingefunden, so dass Heiner eher über die Ereignisse der jeweiligen Jahre, in denen die Whiskys gebrannt wurden, berichtete. Auffällig dabei war, dass fast nur Jahrgänge gewählt wurden, in denen der FC Bayern Meister geworden ist. Wenn da mal nicht das Münchner Herz von Heiner an der Auswahl beteiligt war. Natürlich gab es aber auch darüber hinaus wieder Heiners persönliche Notes, die er immer sehr kompetent, unterhaltsam und treffend formuliert, und einen regen Austausch unter den Teilnehmern. Ich zähle heute schon die Tage bis zu meinem nächsten Helgoland-Trip, auf dem mich mein Weg natürlich auch wieder zu Heiner führen wird.

Übersicht der verkosteten Whiskys:

Invergordon 1973 (Alambic Classique), Single Grain Scotch Whisky, 45yo, 44,5%, ca. EUR 260,-
Glenrothes 1997 (Dun Bheagan), Single Malt Scotch Whisky, 19yo, 46%, ca. EUR 140,-
Glenrothes 1990 (Signatory Vintage), Single Malt Scotch Whisky, 27yo, 48,3%, ca. EUR 120,-
Miltonduff 1995 (Alambic Classique), Single Malt Scotch Whisky, 23yo, 48,5%, ca. EUR 145,-
Kavalan Solist Fino Sherry, Single Malt Whisky, NAS, 56,3%, ca. EUR 250,-
Williamson 2005 (Teaspooned Laphroaig), Blended Malt Scotch Whisky, 12yo, 55%, ca. EUR 140,-

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