Wer einen Aufenthalt auf Helgoland plant, sollte auf jeden Fall darauf achten, dass von Frühjahr bis Herbst immer donnerstags ein Tasting bei Heiner auf dem Oberland stattfindet, bei dem man für schlanke EUR 25,- sechs tolle Whiskys ins Glas bekommt. Auch im Winter muss man darauf nicht verzichten, allerdings ist dann der Freitag der Tastingtag. So oder so lohnt sich die Teilnahme, zumal Heiner immer wieder mit jeder Menge Fachwissen punkten kann, gleichzeitig das Tasting aber auch vom Austausch innerhalb der Teilnehmergruppe lebt. Natürlich war das Tasting bei unserem diesjährigen Helgoland-Urlaub wieder ein Pflichttermin.
Es folgte die älteste Abfüllung des Abends, nämlich ein 20 Jahre alter Clynelish aus dem Hogshead vom unabhängigen Abfüller Wemyss, der mit 46% in die Flasche gekommen ist und den Namen Chewy Pineapple Crisps erhalten hat. Clynelish heißt übersetzt "Kleiner Berg". Direkt nach der Gründung hieß die Destillerie zunächst Clynelish B, weil die direkt gegenüber liegende Brora Destillerie den Namen Clynelish A für sich beanspruchte. In der Nase gibt es hier, was der Name verspricht, nämlich sehr viel Ananas und viele weitere exotische Früchte und Karamell. Am Gaumen kommen dann zu den exotischen Früchten noch Kiwi, Zitrone und im Abgang etwas Salz hinzu.
Weiter ging es anschließend mit der ehemals kleinsten Destillerie Schottlands und einer halbwegs unabhängigen Abfüllung. Den 10jährigen Edradour bringt Signatory in sehr regelmäßigen Abständen als Einzelfassabfüllung mit 46% auf den Markt. Die heutige Abfüllung stammt aus einem Fass, dass im August 2018 abgefüllt wurde. Am Gaumen wie in der Nase gibt es sehr viel Sherry, Schokolade, sehr starken Kaffee, süße Brombeermarmelade und einige trockene Aromen. Die Liebstöckl-Noten aus der Nase sind am Gaumen nicht mehr so stark präsent. Dass die Destillerie überhaupt in unabhängige Hände gelangen konnte, liegt daran, dass Pernot Ricard im Jahr 2002 gezwungen war, die Destillerie aus kartellrechtlichen Gründen zu verkaufen. So fanden Edradour und Signatory letztlich zusammen.
Deanston bietet in der Regel sehr aromatische Whiskys, also erscheint ein 18yo Tropfen mit 49,8% und Pomerol-Finish, den der angesehene unabhängige Abfüller Chieftain´s auf den Markt gebracht hat, sehr spannend. In der Nase ist der Whisky zwar dezent, trotzdem sind Mandarinen, Aprikosen und Preiselbeeren sehr deutlich wahrnehmbar. Am Gaumen kommen dann neben Schokolade und Wein auch noch Nimm 2-Bonbons mit Orangengeschmack hinzu.
Um danach auch endlich mal die Torfliebhaber zu befriedigen, von denen es in diesem Tasting allerdings sehr wenige gab, wurde danach die fassstarke Version von Peat´s Beast ausgeschenkt. In der Nase gibt es natürlich sehr viel Torf, dazu gesellen sich aber auch süße Aromen und ein sehr süßer Apfel. Am Gaumen ist dann zunächst die Süße präsent, der Torf kommt erst mit etwas Verspätung zum Vorschein. Im Hintergrund kommen auch einige hell-fruchtige Noten durch, mit Zugabe von Wasser wird der Whisky allerdings etwas schärfer und weniger fruchtig.
Den Abschluss des Abends bildet der aktuelle Breath of Speyside vom unabhängigen Abfüller Adelphi. Gerüchteweise soll es sich dabei um einen Glenfarclas handeln, allerdings gibt es dafür verständlicherweise keine gesicherten Informationen. In der Nase gibt es neben kräftigen Sherrynoten noch verschiedene Beeren und Honig. Am Gaumen verwandelt sich der Whisky dann in süßes Marzipan, Mandeln, Rosinen und Zuckerwatte.
Der Sieger des Abends war mit knappem Vorsprung der Clynelish von Wemyss, der bereits während des Tastings ausverkauft war. Mein persönlicher Sieger war jedoch eher der Breath of Speyside von Adelphi knapp vor dem Edradour. Da meine Frau nicht so gerne torfige Abfüllungen mag, hat sie als Alternative einen Teeling in Fassstärke aus dem Sherryfass erhalten, der für sie am Ende der Sieger des Abends gewesen wäre, hätte sie auch für diese Abfüllung abstimmen dürfen. Das Tasting macht meine Entscheidung, welche Flaschen den Weg mit mir aufs Festland antreten dürfen, nicht leichter, zumal meine Frau nun auch gerne den Teeling hätte. Sicher ist aber, dass auch dieses Tasting wieder sehr viel Spaß gemacht hat. Dabei hat nicht nur der Whisky überzeugt, auch die verschiedenen Schokoladen, die Heiner zwischen den Whiskys anbietet, sind immer sehr lecker. Der Sieg in dieser Hinsicht geht für mich an Lindt mit der neuen Milchschokolade Crunchy Nougat, meine Frau war mal wieder von der weißen Raspberry and Liquorice von Fazer begeistert.
Wir freuen uns schon sehr auf die Tastings bei Heiner, die wir im nächsten Jahr besuchen können.
Übersicht der verkosteten Whiskys:
Tokinoka, Blended Whisky, NAS, Japan, 40%, ca. EUR 30,- (bei Heiner EUR 22,50)
Wemyss "Chewy Pineapple Crisps" (Clynelish), 20yo, Highlands, 46%, ca. 115,- (bei Heiner EUR 99,95)
Signatory Edradour 2008/2018 Sherry Cask, 10yo, Highlands, 46%, ca. EUR 50,- (bei Heiner EUR 39,95)
Chieftain´s Deanston 18yo Pomerol Finish, 18yo, Highlands, 49,8%, ca. 115,- (bei Heiner EUR 99,95)
Peat´s Beast Cask Strength, NAS, k.A., 52,1%, ca. EUR 35,- (bei Heiner EUR 29,95)
Adelphi Breath of Speyside 11yo, 11yo, Speyside, 58,1%, ca. EUR 83,- (bei Heiner EUR 74,50)
Die angegebenen Preise bei Heiner sind ohne Gewähr und gelten nur bei zollfreiem Einkauf direkt auf der Insel.
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