Donnerstag, 18. Oktober 2018

Eventbericht Bain´s und Deanston Tasting mit Andy Watts und Scott Martin (Hansemalt Raum für flüssige Fortbildung)


Die Nachricht, dass Chris Rickert zukünftig nicht mehr als Brand Ambassador für die SMWS tätig sein wird und wir somit nicht mehr regelmäßig zu den Outturn-Tastings bei ihm zu Gast sein werden, wirkt noch nach, da erreicht mich eine Einladung von ihm zu einem Bain´s und Deanston Tasting in seinem Raum für flüssige Fortbildung am Hamburger Fischmarkt. Relativ kurzfristig hatten sich Andy Watts von Bain´s, Head of Whisky in der Distell Group, und Scott Martin, International Brand Ambassador von Deanston, angekündigt. Für schlappe EUR 30,- standen ganze zehn Drams und kleine Snacks auf dem Programm. Dabei erwarteten uns zwei völlig unterschiedliche Stile, wie die Whiskys präsentiert wurden.

Da die James Sedgwick Distillery mit dem Bain´s Single Grain nur einen einzigen Whisky auf dem deutschen Markt hat, entschied sich Andy Watts für eine Deconstruction Masterclass, die dem Motto "From Distillation to Bottle" folgen sollte. Dementsprechend gab es zunächst den New Make, anschließend ein drei Jahre gereiftes Destillat, das in vorrangig Third und Fourth Bourbonfässern reifte, ein ebenfalls drei Jahre alter Grain, der aus First Fill Bourbonfässern stammte, sowie zum Abschluss das fertige Produkt, also der Bain´s, der nach drei Jahren in First Fill Bourbonfässern für weitere zwei Jahre in neue First Fill Bourbonfässer umgelagert wurde. Die ersten drei Proben wanderten mit 43% in unsere Gläser, der Bain´s hat 40%.

Bevor wir jedoch tatsächlich in den Genuss der mitgebrachten Produkte kamen, gab es zunächst einmal einen Abriss zur Geschichte der Destillerie sowie zum Werdegang von Andy. Eher durch Zufall ist Andy in den 80er Jahren nach Südafrika gekommen. Nachdem es mit der Karriere als Profi-Fußballer nicht geklappt hat, wurde er Profi-Cricket-Spieler. Da in seiner Heimat England jedoch nur im Sommer gespielt werden kann, heuerte er im Winterhalbjahr bei einem Club in Südafrika an. Nebenbei begann er in Teilzeit in der James Sedgwick Distillery zu jobben. Nachdem er drei Jahre zwischen England und Südafrika hin- und herwechselte, wurde sein Vertrag in England nicht mehr verlängert, so dass er sich dauerhaft in Südafrika niederließ. Nach und nach übernahm er immer mehr Aufgaben und wurde zwischen 1986 und 1989 mehrfach nach Schottland geschickt, um dort z.B. bei Glen Garioch, Auchentoshan und Bowmore das Whisky-Handwerk zu erlernen. Anschließend leitete er für 25 Jahre die Geschicke der Destillerie, bevor er vor ca. zwei Jahren zum Head of Whisky in der Distell Group wurde.

Überhaupt steht die Destillerie für Konstanz. Seit dem Jahr 1886 hat die Destillerie nur sieben verschiedene Manager gesehen. Mit Andy Scott kam im Jahr 1991 auch der Whisky in die Destillerie, nachdem er sich das nötige Know How in Schottland angeeignet hatte. Grundsätzlich wird für den Bain´s ausschließlich South African Yellow Maize verwendet. Es wird zweifach destilliert und aus den Column Stills kommt der New Make schließlich mit 94,3%. Neben dem Bain´s werden in der Destillerie noch weitere Whiskys produziert, die allerdings ausschließlich für den südafrikanischen Markt bestimmt sind. Neben Blends und Single Malts, die unter dem Label Three Ships abgefüllt werden, gibt es noch zwei eher günstige Supermarkt-Blends. Für die Zukunft dürfen wir uns aber auch auf Neuheiten unter dem Namen Bain´s freuen, so wird beispielsweise in der Vorweihnachtszeit eine 15yo Sonderabfüllung exklusiv im Travel Retail über Heinemann erhältlich sein. Nachdem bis 1991 hauptsächlich Südafrikas Nr. 1-Spirituose Brandy produziert wurde, liegt der Schwerpunkt heute auf Whisky. Daneben wird nur noch etwas Gin produziert.

Geschmacklich war mit den vier Proben die Entwicklung des Whiskys hervorragend zu erkennen. Schon beim New Make gab es neben vielen gelben Früchten wie Banane, Pfirsich und Ananas auch Lakritz und Getreide. Am Gaumen ist das Destillat erstaunlich rund, bringt aber auch eine leichte Bitterkeit mit sich. Beim Single Grain aus den Refill-Fässern, der für die Blends genutzt wird, war stark spürbar, dass kaum mehr Aromen aus dem Fass abgegeben werden konnten. Die Fruchtigkeit war fast vollständig verfolgen und ein holziges, flaches und leicht bitteres Aroma bleibt haften. Anders verhielt es sich bei dem ebenfalls dreijährigen Grain aus dem First Fill Fass. Deutlich mehr Karamell und Vanille mischt sich hier mit feinen Getreidenoten. Das Endprodukt, das noch einmal in ein weiteres First Fill Fass durfte, überzeugte dann mit noch mehr Vanille- und Karamellnoten sowie einer ausgeprägten Süße, der im Abgang eine leichte Bitterkeit entgegensteht.

Nach einer kurzen Umbaupause wurde dann der Tasting-Vollgas-Modus eingeschaltet. Scott Martin übernahm, um sechs Abfüllungen von Deanston vorzustellen und machte schnell klar, dass er neben viel Leidenschaft für Whisky auch ein augeprägtes Talent als Entertainer mitbrachte. Zum Auftakt gab es einige Fakten zur Geschichte der Destillerie, die erst 1966 in einer alten Baumwollfabrik eröffnet wurde. Besonders stolz ist man darauf, dass hier noch ohne Computer in Handarbeit produziert wird, und dabei auch noch eigener Strom in einer so großen Menge erzeugt wird, dass 75% davon an den örtlichen Stromversorger verkauft werden können. Danach ging es dann los mit zwei Abfüllungen, die Scott besonders gefallen, da man hier aufgrund des sehr humanen Preises, wie Scott eindrucksvoll zeigte, einfach mal den Korken aus der Flasche ziehen und ihn sich über die Schulter werfen kann, da die Flasche gemeinsam mit Freunden gerne geleert werden darf.

Die erste dieser beiden Abfüllungen war gleichzeitig auch die einzige, die keine Altersangabe trug. Trotzdem verriet uns Scott, dass der Whisky etwas vier bis sieben Jahre alt ist. Es handelte sich dabei um den Virgin Oak, der in Bourbonfässern reifte und anschließend ein ca. sechsmonatiges Finish in ausgebrannten First Fill Eichenfässern erhielt. Neben grünen Früchten, Äpfeln und Zitrus bot dieser Whisky auch etwas Pfeffer und eine angenehme Süße. Grundsätzlich wird bei Deanston nicht kühlgefiltert und nicht gefärbt. In die Flasche kommen die Abfüllungen in der Regel mit den Distell-üblichen 46,3%. Das galt natürlich auch für den 12yo, den wir als nächstes im Glas hatten. Diese Abfüllung, die ausschließlich in Ex-Bourbonfässern reifte, bot Pfirsiche, Karamell, Orange, viel Honig und eine getreidige Vanille-Note.

Nachdem wir zwischendurch von Chris mit einem kleinen Snack in Form von Salat und einem Zwiebelkuchen, den ich als überzeugter Nicht-Zwiebel-Esser leider stehenlassen musste, versorgt wurden, ging es mit dem 15yo Organic weiter, der sehr mild und dezent daherkam. Honig, Vanille und Eiche waren hier die prägenden Aromen, am Gaumen kam noch etwas Rosine hinzu. Zwischendurch band Scott die Teilnehmer immer wieder ein, indem er Fragen stellte, Meinungen erfragte und sich den einen oder anderen Scherz mit uns erlaubte. Der nachfolgende 18yo verbrachte zunächst 16 Jahre in Refill-Bourbonfässern und erhielt danach ein zweijähriges Finish in First Fill Bourbonfässern. Diese Abfüllung kommt einmal jährlich auf den Markt und ist dem 12yo sehr ähnlich, bietet aber ein deutlich runderes und reiferes Profil, das vor allem in der Nase sogar etwas sahnig wirkte und an Creme Brulee erinnerte.

Für die beiden finalen Abfüllungen wichen wir dann von den üblichen 46,3% ab und steigerten uns auf Fassstärken. Die erste davon, nämlich der 20yo aus Oloroso-Fässern mit einer Alkoholstärke von 55,3%, ist weltweit fast vergriffen. Nur auf dem deutschen Markt tummeln sich noch rund 400 Flaschen, die auf einen Abnehmer warten. Ausgeprägte Sherrynoten verbanden sich hier ausgezeichnet mit Schokolade, Pflaume, Würze, Nüssen und Marzipan, während im Mundraum ein trockenes Gefühl zurückblieb. Schade, dass dieser Whisky etwas außerhalb meines Budgets liegt, war er doch mein absoluter Favorit des Abends. Der letzte Whisky des Abends war mit dem 14yo Spanish Oak ein Distillery Exclusive, der mit kräftigen 57,9% aus dem Fass in die Flasche kam. Die meiste Zeit verbrachte er in Bourbonfässern und erhielt dann noch ein Finish in Spanish Oak Fässern, wobei uns Scott leider nicht sagen konnte, was diese vormals enthielten. Ich persönlich würde aber eher auf Wein als auf Sherry tippen. Mit den Aromen von Vanille, Eiche, Birne und viel Würze endete der offizielle Teil des Abends.

Wieder einmal liegt ein toller Tastingabend im Raum für flüssige Fortbildung hinter uns. Da ich am darauffolgenden Morgen auf Dienstreise musste, haben meine Frau und ich uns direkt nach dem Tasting verabschiedet. Aus zuverlässiger Quelle ist mir aber zu Ohren gekommen, dass für einige andere Teilnehmer erst spät in der Nacht Feierabend war. Vielen Dank an dieser Stelle an Chris, dass er gleich zwei Experten nach Hamburg geholt und mal wieder für eine tolle Atmosphäre gesorgt hat. Ein Dank geht aber natürlich auch an Andy und Scott, die unterhaltsam und mit viel Leidenschaft durch den Abend geführt haben. Wer die Möglichkeit hat, einen der beiden live zu erleben, sollte diese unbedingt wahrnehmen!

Übersicht der verkosteten Whiskys:

Bain´s Cape Mountain Single Grain Whisky, South African Single Grain Whisky, NAS, 40%, ca. EUR 28,-
Deanston Virgin Oak, Single Malt Scotch Whisky, NAS, 46,3%, ca. EUR 25,-
Deanston 12yo, Single Malt Scotch Whisky, 12yo, 46,3%, ca. EUR 35,-
Deanston 15yo Organic, Single Malt Scotch Whisky, 15yo, 46,3%, ca. EUR 75,-
Deanston 18yo, Single Malt Scotch Whisky, 18yo, 46,3%, ca. EUR 80,-
Deanston 20yo Limited Edition Oloroso Sherry Casks, Single Malt Scotch Whisky, 20yo, 55,3%, ca. EUR 220,-
Deanston 14yo Spanish Oak Distillery Exclusive, Single Malt Scotch Whisky, 14yo, 57,9%, ca. EUR 110,-

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