Sonntag, 13. Januar 2019

Interview mit Kay Hoffmann (Dithmarscher Whisky)

Heute gibt es keinen Whisky ins Glas, heute wird ausnahmsweise nur darüber geredet. In Dithmarschen entsteht seit einiger Zeit direkt hinterm Deich der Dithmarscher Whisky, den Kay Hoffmann und Norbert Hötten ins Leben gerufen haben. Im Jahr 2021 kommt das erste Batch nach rund vier Jahren im Fass auf den Markt, aber bereits heute kann man sich per Zertifikat eine der ersten Flaschen sichern. Ich wollte mehr über dieses spannende Projekt aus meiner Heimat erfahren und habe deshalb Kay Hoffmann um ein Interview gebeten. Darüber, dass er sofort zugesagt hat, habe ich mich sehr gefreut!

Drams United: Mit Dithmarschen verbinden die Menschen eher Kohl und im Zweifel den größten Marktplatz Deutschlands in meiner Heimatstadt Heide. Whisky ist nicht das Erste, was einem in den Sinn kommt. Was verbindet Euch persönlich mit Whisky, so dass Ihr einen eigenen Whisky auf den Markt bringen wolltet?

Kay Hoffmann: Haha, allerdings! Aber nicht zu vernachlässigen sind da natürlich auch noch eine ganze Menge von Nordsee-Küsten-Kilometern zwischen Eider und Elbe, wegen welcher Dithmarschen wohl auch bei so vielen Besuchern und Urlaubern beliebt ist. Was uns beide mit Whisky verbindet, ist die Leidenschaft und unsere Liebe zu diesem Getränk, welchem wir privat seit vielen Jahren huldigen. Aber auch beruflich ist das bei uns schon lange ein Thema, bei mir als Gastronom und Veranstalter, bei Norbert als Einzelhändler mit der größten Whisky-Auswahl an der Westküste. Immer, wenn ich bei meinen Besuchen in der Heimat am Meer war, habe ich mich gefragt, warum eigentlich niemand unsere klimatischen Bedingungen nutzt, um einen schönen Coastal-Malt zu machen. Alleine vier Projekte stürzen sich mittlerweile auf Sylt, aber die ganze Küstenlinie von da oben bis Bremen ist gänzlich unbeackert. Da habe ich irgendwann entschieden, dass ich meine Kontakte nutzen möchte, um diese Idee selber in die Tat umzusetzen. In Norbert habe ich dann schnell den passenden Partner für dieses Projekt gefunden.


Drams United: Whisky aus Schottland ist sehr vielfältig. Jede Region hat seine Eigenheiten. Dithmarschen wird mit seiner Nähe zur Nordsee und Eurem Fasslager in Nähe des Deiches vermutlich eher maritime Noten ins Fass zaubern. Gibt es eine Region, an der Ihr Euch orientieren wollt und was glaubt Ihr, in welche Richtung sich der Dithmarscher Whisky entwickeln wird?


Kay Hoffmann: Naja, das Ziel haben wir uns ja bereits auf die Fahnen geschrieben. Ein waschechter Coastal Malt soll es werden. Unsere schottischen Vorbilder sind dementsprechend natürlich in der Küstenregion und auf den Inseln zu finden und nach den letzten Fassproben - nach 18 Monaten - sind wir uns mittlerweile auch recht sicher, dass sich die Sache ganz schön in diese Richtung entwickelt.


Drams United: Woher stammt die Gerste für den Dithmarscher Whisky? Setzt Ihr auf regionale Produkte oder kauft Ihr im Mutterland des Whiskys ein?


Kay Hoffmann: Ein großer Teil der deutschen Brauereien und Brennereien arbeitet ja mit unterschiedlichen Gersten-Malzen, die von Malzfabriken oder Manufakturen wie z.B. Weyermann kommen. Regionalität spielt da dann weniger eine Rolle als die Komposition der unterschiedlichen Sorten, welche für die Mash Bill verwendet werden. Wir sind ja Bonder und keine Brenner, insofern haben wir die Destillate mit denen wir bei unseren Rezepturen arbeiten, auch nicht nach der Herkunft der Gerste, sondern nach ihrem Charakter und ihrer Qualität ausgewählt.


Drams United: Auch Dithmarschen bietet ja einiges an Torf. War es eine Option für Euch, Dithmarscher Torf zu nutzen, um Eure eigene Gerste für den Dithmarscher Whisky zu trocknen?


Kay Hoffmann: Das wäre natürlich eine schöne Idee, aber der absolute Großteil der deutschen Torfmoore steht ja aus guten ökologischen Gründen mittlerweile unter Schutz. Ich glaube deswegen auch nicht, dass es überhaupt möglich wäre, mit Dithmarscher Torf zu arbeiten.


Drams United: Woher stammen Eure Fässer? Sherry-Fässer sind sehr rar und teuer, Bourbonfässer werden auch nicht verschenkt. Kauft Ihr Fässer auf dem internationalen Markt ein oder nutzt Ihr regionale Hölzer.


Kay Hoffmann: Wir beziehen unsere Fässer von einem großen deutschen Fasshändler und einer kleinen Küferei. Das Thema Sherry Casks haben wir bei unserer Auswahl für den Dithmarscher Whisky von vornherein ausgeblendet. Der Markt ist ja aufgrund der großen Nachfrage nach Whiskys aus Sherry Casks oder eben Finishings aus solchen Fässern völlig überlaufen. Das hat teilweise absurde Züge angenommen. So werden teilweise auch fragwürdige Qualitäten für sehr kurze Zeiten in Fässern gelagert, um diese hinterher dem Markt als "frisch entleerte Sherry-Fässer" zur Verfügung zu stellen - zu Preisen, zu denen es früher mal ECHTE Fässer gab. Wenn man sich mal eingehend mit älteren schottischen Abfüllungen beschäftigt, kann man sehr schön den Unterschied zu einigen heutigen Produkten erkennen. Soll natürlich nicht heißen, dass nicht auch heutige Abfüllungen toll sein können und natürlich sind auch heute noch tolle "historische" Fässer von tollen Bodegen auf dem Markt - der Preis ist jedoch für unsere kleine Auflage gar nicht darstellbar. Hinzu kommt noch, dass wir uns im Zusammenspiel mit unseren Destillaten einen Ausbau in eine etwas frischere und knackigere Richtung überlegt haben, welche den Charakter unserer Region zusammen mit dem Impact vom Meer schön unterstreichen soll. Ganz klassisch spielen bei uns, genau wie bei den meisten unserer schottischen Vorbilder, Ex-Bourbon-Fässer die erste Geige. Wir verwenden hier die Fässer von zwei verschiedenen Sorten, die unterschiedliche Charakteristiken haben, und so unterschiedliche Nuancen in unseren Whisky bringen. Diese bilden die breite Basis des Dithmarscher Whiskys. Abgesehen davon arbeiten wir mit unterschiedlichen Wiederbelegungen und auch einigen neuen Hölzern, welche in der Komposition final dann quasi als "Gewürze" funktionieren sollen. Unsere genau Fassphilosophie behalten wir aber erstmal noch für uns...


Drams United: Losgelöst vom Dithmarscher Whisky, was sind Eure eigenen Vorlieben? Steht Ihr mehr auf torfige Islay-Whiskys oder seid Ihr geschmackstechnisch in der Speyside zu Hause?


Kay Hoffmann: Ach, das kann man gar nicht so sagen. Es gibt aus allen Regionen tolle Whiskys, die uns begeistern und nicht nur aus Schottland. Bei den ganzen World Whiskys gibt es auch eine ganze Menge zu entdecken. Wer da mit Scheuklappen unterwegs ist und immer nur die reine schottische Lehre predigt, der verpasst ja eine ganze Menge. Dennoch feiere ich persönlich abgesehen davon gerade die Renaissance des Torfrauches in der Speyside ab. Vor vielen Jahrzehnten war der dort ja wohl recht verbreitet und hat sich dann irgendwann weitestgehend aus der Region verabschiedet. Im allgemeinen Torf-Boom gibt es nun natürlich auch dort und in den anderen Regionen wieder Häuser, welche sich mit dem Thema beschäftigen. Das gelingt, finde ich, gerade in der Verschmelzung mit den Speysider-Tugenden sehr schön. Benromach ist ein tolles Beispiel. Von der Besichtigung in diesem Sommer habe ich uns für den Club z.B. gerade eine Distillery Only-Abfüllung mitgebracht, die ist ein echter Hammer!


Drams United: Die Idee, vorab Zertifikate für die späteren Abfüllungen zu verkaufen, ist innovativ. Viele kleinere Destillerien verdienen ihr Geld zunächst mit Gin. War das für Euch auch eine Option und warum habt Ihr Euch letztlich dagegen entschieden?


Kay Hoffmann: Ja klar, die Fackel des Gins leuchtet seit ein paar Jahren recht hell und das Getränk ist in kurzer Zeit abgegangen wie eine Rakete. Das war natürlich für viele Startups eine willkommene Gelegenheit, rasch etwas Geld zu verdienen. Wirklich gelingen tut das aber seit längerer Zeit auch nicht mehr vielen. Der Markt ist, denke ich, mittlerweile übersättigt und ich traue dem Gin auf diesem hohen Durchsatz-Niveau auch keine Längerfristigkeit zu. Man wird sehen. Um ehrlich zu sein, muss ich aber auch sagen, dass es einfach nicht mein Getränk ist. Ich habe einiges probiert und erkenne bei einzelnen Produkten auch die handwerkliche Qualität, aber irgendwie begeistert mich das alles nicht. Deswegen war das für uns wahrscheinlich auch nie eine Option.


Drams United: Die ersten Fässer sollen eine Reifezeit von rund vier Jahren erhalten. Wenn Ihr einfach mal zehn Jahre in die Zukunft schaut, glaubt Ihr, dass es irgendwann einen zehn Jahre alten Dithmarscher Whisky geben wird? Oder sind Klima, Lagerort und im Zweifel auch finanzielle Resourcen dafür ungeeignet?


Kay Hoffmann: Der Dithmarscher wird in einzelnen Batches erscheinen, welche immer gute 4 Jahre Reifezeit bekommen. Abgesehen davon lagert aber auch jetzt schon einiges für ältere Abfüllungen und sonstige Releases wie z.B. Fassstärke oder Pure Peated bei uns am Deich. Damit das funktioniert, haben wir jedes Batch auf 850 Flaschen limitiert. Ein knappes Drittel eines jeden Ansatzes bleibt als Alterungsrücklage zur Reife bei uns im Fasslager liegen. Mal schauen, wie sich das in den nächsten Jahren alles so entwickelt, aber ich glaube fest daran, dass wir Euch auch irgendwann einen tollen zehnjährigen Dithmarscher Whisky präsentieren können, am liebsten in einem öffentlichen Warehouse mit Shop und Café an Deich - wir haben noch einiges vor...

Drams United: Dann freue ich mich darauf, dort zu Euren ersten Gästen zu gehören. Vielen Dank für Deine Zeit und die Antworten auf meine Fragen.


Kay Hoffmann: Sehr gerne und wir danken Dir...

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