Samstag, 10. August 2019

Besuch bei der Caol Ila Distillery mit Warehouse Tasting (im Rahmen der Schottland-Rundreise mit Villa Konthor)

Unsere Schottland-Rundreise mit der Villa Konthor führte uns auch nach Islay, wo wir auch eine Destillerie besuchten, die sonst oftmals etwas im Schatten der großen Namen der Insel steht. Dabei hat auch Caol Ila tolle Abfüllungen, die jedoch nicht so offensiv vermarktet werden. Dabei hat sicherlich fast jeder von uns schon einmal Caol Ila getrunken, eventuell jedoch ohne es genau zu wissen, denn rund 80% der Fässer werden für Johnnie Walker verwendet. Daher wird das aktuell geplante Visitor Center zukünftig auch die Johnnie Walker Experience enthalten.

Bei strömendem Regen fuhr unser Bus auf das Gelände der Destillerie, aber wem in Schottland das Wetter nicht passt, der muss ja bekanntlich nur zehn Minuten warten, bis es sich wieder ändert. So war es auch in diesem Fall und es wurde recht schnell wieder freundlicher. Unser Guide Steph teilte uns zunächst in zwei Gruppen und meine Frau und ich durften mit der ersten Gruppe auf dem direkten Wege ins Still House gehen. Allerdings fiel unser Besuch dort recht kurz aus, denn nach knapp 15 Minuten war die Tour schon vorbei. Wir erfuhren dabei noch, dass der New Make bei Caol Ila ca. 69-70% hat und - wie meist üblich - mit 63,5% in die Fässer kommt. Außerdem lernten wir, dass der allergrößte Anteil der befüllten Fässer auf dem Festland lagert, damit für Johnnie Walker immer möglichst kurzfristig darauf zugegriffen werden kann.

So kurz die Tour ausfiel, so lange war dann auch die Wartezeit auf das anschließende Warehouse Tasting, denn die Destillerie war an diesem Tage unterbesetzt und es musste zunächst eine große Lieferung angenommen werden. Ich kann aber schon einmal vorwegnehmen, dass die anschließende Whiskyauswahl in jedem Falle für die gute halbe Stunde Leerlauf entschädigen sollte. Uns erwarteten fünf ganz besondere Abfüllungen in Fassstärke, von denen zwei direkt aus den bereitstehenden Fässern stammten.

Den Start machte ein 15 Jahre alter Whisky, der ungewöhnlicherweise ungetorft ins Fass kam, wobei die Reifung in Refill Bourbon und Refill Sherry-Fässern erfolgte. Abgefüllt wurde der Caol Ila mit 59,1%. In der Nase ist der Whisky extrem süß und fruchtig, dabei bietet er exotische Früchte wie Mango, Papaya und Ananas genauso wie frischen, roten Apfel. Ein ähnliches Profil zeigt sich auch am Gaumen, allerdings sind nun deutlich mehr Würze und Pfeffer mit im Spiel. Je länger der Whisky im Glas bleibt, desto mehr setzt sich die Süße wieder durch, die nun von einer großen Portion Kokos begleitet wird. Im Abgang sind auch zunächst die scharf-würzigen Elemente dominant, die fruchtige Süße kommt erst ganz am Ende wieder durch.

Es folgte die erste der beiden Fassproben, in diesem Fall ein erst sieben Jahre alter Tropfen aus dem Refill Bourbonfass mit derzeit 60,7%. Trotz seiner Jugend war der Whisky deutlich weniger rauchig, als ich es erwartet hätte. Stattdessen standen Karamell und Vanille im Mittelpunkt des Profils, im Hintergrund waren auch leichte Fruchtaromen zu erkennen. Am Gaumen wiederholen sich diese Elemente, allerdings ist der Rauch nun deutlich stärker spürbar. Im Abgang erreicht der Rauch dann seinen Höhepunkt und wird von Schärfe und Asche begleitet. Ein paar Tropfen Wasser tun diesem Whisky ausgesprochen gut, denn sie nehmen im die Schärfe und rücken die Fruchtaromen wieder deutlich stärker ins Rampenlicht.

Bei einem besonderen Tasting in einer Islay Destillerie darf natürlich auch eine Feis Ile-Abfüllung nicht fehlen. Bei Caol Ila entschied man sich jedoch nicht für die diesjährige Abfüllung, sondern öffnete für uns noch eine der letzten Flaschen der 2018er Abfüllung. Diese reifte zehn Jahre lang in Refill Bourbon und Refill Sherry-Fässern, wurde mit 58,2% abgefüllt und ist aktuell der rauchigste Whisky im Sortiment der Destillerie. Dies ist zumindest in der Nase jedoch zunächst nicht zu auffällig, denn wieder stehen exotische Früchte im Vordergrund, diesmal in Kombination mit roten Beeren und viel Apfel. Am Gaumen kommt der Rauch dann aber sehr stark durch, verbindet sich aber sehr gut mit frischen Erdbeeren, Karamell und Pfeffer. Im Abgang geht der Rauch zugunsten des Pfeffers etwas zurück. Wenn diese beiden Elemente verflogen sind, bleiben rote Beeren noch lange hängen.

Der aktuelle Distillery Exclusive wurde im November 2018 abgefüllt und reifte in First und Refill Kentucky Bourbon sowie in California Red Wine Casks. Eine Altersangabe gibt es in diesem Fall nicht, abgefüllt wurde der Whisky mit 57,4%. Eine sehr ausgeprägte Fruchtnote mit Erdbeeren, Kirschen und roten Trauben wird in der Nase nur von relativ wenig Rauch begleitet, am Gaumen kann man zunächst eine Beeren-Asche-Mischung erschmecken. Relativ schnell gewinnt aber auch hier die Fruchtsüße wieder die Oberhand, im Hintergrund gibt es eine leichte Fruchtessig- und Zitrussäure. Der Abgang fällt wieder recht lang aus und beginnt mit Rauch, bevor sich die Früchte wieder durchsetzen. Ganz am Ende taucht die genannte Säure wieder auf. Mit etwas Wasser wird der Whisky deutlich süßer, allerdings verliert er auch seine Komplexität.

Das Finale bildete die zweite Fassprobe, die mit 23 Jahren auch der älteste Whisky des Nachmittags war. Der Whisky reifte die gesamte Zeit in einem First Fill Sherry Fass und hat derzeit 55,3%. Leider wurde uns nicht verraten, um was für ein Sherry-Fass es sich handelt, es waren sich aber viele einig, dass es sich wohl um einen Oloroso handeln dürfte. In der Nase gibt es neben viel Liebstöckl vor allem Trockenfrüchte, Erdbeeren, Kirschen und Rosinen, am Gaumen wird es dann deutlich würziger. Rauch und Asche bleiben im Hintergrund, sind aber nun etwas präsenter als in der Nase. Im langen Abgang geht es zunächst fruchtig-beerig zu, erst danach kommen Rauch und etwas Ingwer mit ins Spiel, bevor sich die Früchte am Ende doch durchsetzen. Der gesamte Abgang wird von einem leichten Zitrusaroma begleitet.


Obwohl die Führung recht kurz ausgefallen ist und es zunächst eine recht lange Wartezeit zwischen Rundgang und Tasting gab, war dieses Tasting ganz eindeutig das spannendste auf unserer Rundreise. Caol Ila hat bei mir auf jeden Fall weitere Sympathiepunkte gesammelt. Ich werde mich auf jeden Fall auch in Zukunft immer mal wieder mit Abfüllungen jenseits der Standards der Destillerie beschäftigen. Ganz offensichtlich lohnt es sich!

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