Nach zwei Übernachtungen in Rüdenau ging es für meine Frau und mich weiter Richtung Oberhausen. Die gut 300km lange Strecke haben wir uns aber in kleine Teilstücke eingeteilt, denn meine Frau wollte gerne noch einen Stopp im Outlet-Park in Montabaur einlegen, der letztlich aber abgesehen vom Kauf von etwas Schokolade ohne Erfolg blieb. Ich hatte mir auf der Route die Brennerei Höhler ausgesucht, die u.a. den Whesskey produziert, den ich bis dahin ehrlicherweise noch nie im Glas hatte. Als Norddeutscher bin ich davon ausgegangen, dass man die 20km von der Autobahnabfahrt in wenigen Minuten hinter sich bringen kann. Wir sind es einfach nicht gewohnt, dass es so viele Kurven und vor allem Hügel gibt. So hat es dann doch etwas länger gedauert, aber der Besuch hat sich absolut gelohnt. Ich kann schon einmal vorwegnehmen, dass ich jedem, der sich für Whisky oder allgemein Spirituosen interessiert, den Weg bergauf nach Aarbergen empfehlen kann.
Dienstag, 29. September 2020
Besuch bei der Brennerei Höhler (Whesskey)
Kurz nach uns traf dann auch Holger Langschied ein, der als Brand Ambassador für die Brennerei Höhler unterwegs ist, aber auch Marken wie Glenfiddich oder Balvenie in Deutschland vertritt. Seit über 25 Jahren beschäftigt er sich mit Whisky, so dass Maren ihn extra zusätzlich eingeladen hat, um uns noch mehr Hintergrundwissen liefern zu können. Bevor wir richtig loslegen konnten schenkte uns Holger erst einmal einen New Make ein, der aus Cara Aroma und Münchner Malz bestand. Die Malze sind deswegen besonders erwähnenswert, weil hier immer wieder experimentiert und durchgetauscht wird. So entsteht zwar kein echter Destilleriecharakter, aber man hat immer wieder neue Aromen und Mischungen, mit denen man spielen kann. Das hat bei einer kleinen Destillerie natürlich besonders viel Charme, weil dadurch trotz der kleinen Produktionsmenge die Bandbreite enorm groß wird.
Charme ist ohnehin das richtige Stichwort, wenn man über die Brennerei Höhler spricht. Nicht nur versprühen Maren und Holger eine ganze Menge davon, auch gleich der erste Eindruck beim Betreten des Hofes ist extrem sympathisch. Man kann direkt in die hemdsärmlichen Produktionsanlagen gucken, auf dem Hof steht ein deutlich in die Jahre gekommener Bully und auf dem Fensterbrett sitzt eine Katze. Hier möchte ich am liebsten gleich den Rest meines Urlaubs verbringen, vor allem bei einem Blick auf die Preisschilder der angebotenen Produkte. Man sieht sich eben noch immer als Dorfbrennerei und hat dementsprechend die Preise niedrig gehalten. Ich persönlich habe das Gefühl, dass man durchaus ein paar Euro aufschlagen könnte, freue mich aber über die günstigen Preise, die vor allem vom aktuell im Urlaub weilenden Senior-Chef verteidigt werden.
Auch die Produktionsanlage ruft bei mir sofort wieder den Begriff "Charme" hervor, denn es ist einfach schön zu sehen, dass hier noch alles absolut handwerklich gefertigt wird. Damit will ich nicht sagen, dass automatisierte Produktionslinien keine guten Ergebnisse erzielen, ganz das Gegenteil ist der Fall, aber die traditionelle Produktion mit von Holz beheiztem Ofen wirkt einfach so unglaublich sympathisch, dass es fast schade ist, dass die Produktionsmengen so klein sind. Wer aber morgens erst einmal darauf warten muss, dass die Holzscheite eine vernünftige Hitze entwickeln, muss eben etwas mehr Zeit mitbringen als diejenigen, die vollautomatisiert produzieren können. Man kann mit einem Brenndurchlauf bei der Brennerei Höhler ungefähr ein Viertel eines vorrangig verwendeten 220l-Fasses befüllen. Das würde bei voller und auf Verschleiß der Anlage ausgerichteten Produktion über sechs Tage in der Woche eine Befüllung von rund vier Fässern bedeuten, wovon man aber deutlich entfernt ist.
Überhaupt setzt man beim Whesskey auf immer wieder neue Geschmackserlebnisse, denn es werden jede Menge verschiedener Fässer verwendet. Die rund 250 aktuell befüllten Fässer, die sowohl in Größe wie auch in Art der Vorbelegung variieren, werden im kommenden Monat in ein neues Lager umziehen, was dann auch endlich einmal eine ausführliche Inventur nach sich ziehen wird. Weder Maren noch Holger waren sich sicher, dass nicht irgendwo ein spannendes Fass vergessen wurde, dass man dann hierbei entdecken könnte. Für die Zukunft schwört man aber natürlich Treue zur Excel-Liste, obwohl ich mir als Whisky Nerd natürlich mal ein wirklich vergessenes Fass mit der genau passenden Vorbelegung wünschen würde.
Besonders bei der Brennerei Höhler ist auch, dass in vielen Fällen nicht aus der Maische gebrannt wird, sondern direkt die Würze verwendet wird. Welcher Teil des Brandes dann schließlich verwendet wird, entscheidet keine Maschine, sondern Finger, Auge und Nase der Mannschaft. So kann auch beim Vor- und Nachlauf so variiert werden, dass man unterschiedliche New Makes erhält. Vor der Befüllung der Fässer wird jedoch immer auf 65% verdünnt. Es gab aber auch schon Abfüllungen, die nach einigen Reifejahren sogar einen höheren Alkoholwert aufweisen konnten, wie es zum Beispiel beim Oat Whisky der Fall war. In der Regel wird ein Fass aber noch einmal aufgeteilt in meist zwei Abfüllchargen, die jeweils einmal in Fass- und in Trinkstärke erfolgen.
Wie berichtet konnte ich nur an einigen wenigen Abfüllungen nippen, da aber auch einige Raritäten dabei waren, wollte ich mir diese nicht entgehen lassen. Ein drei Jahre alter Single Malt aus dem Chestnut Cask hat mir richtig gut gefallen mit seiner Mischung aus Würze, Schokolade und Nussigkeit. Auch der Hessische Rye-Malt und der Rye in Cask Strength wussten zu überzeugen, aber auch hier gab es jeweils nur ein Tröpfchen für mich. Da jedoch alle drei Abfüllungen bereits ausverkauft sind, kann ich hierauf leider nicht mehr genauer eingehen. Außerdem gab es noch ein Pröbchen von einem aus besonders stark gerösteten und damit sehr zuckerarmen Malz gebranntem Whisky. Dieser hat mich sehr an Schwarzbrot oder vielleicht sogar wenig gesüßten Lebkuchen erinnert. Meine Frau hat zusätzlich noch eine Portion Honig wahrgenommen.
Losgelöst vom Whisky musste ich natürlich wieder eine kleine Flasche Haselnussbrand mitnehmen, die ich vorab nicht probiert habe. Darüber hinaus standen noch so spannende Sachen wie ein Karottenbrand oder ein Tonkabohnen-Nougat-Likör im Regal. Die Taschen waren auf jeden Fall beim Verlassen der Brennerei deutlich mehr befüllt, als ich es mir ursprünglich vorgenommen hatte. Das bedeutet aber auch, dass es an dieser Stelle in Zukunft noch öfter etwas über den Whesskey zu lesen geben wird. Mein ganz herzlicher Dank geht auf jeden Fall an Maren, die so spontan Zeit für uns hatte, und dann auch noch Holger zusätzlich eingeladen hat, um uns noch mehr Hintergrundwissen mitzugeben. Beide haben übrigens gerade Ihre aufgrund der Vorbildung verkürzte Ausbildung zum Brenner gestartet, für die ich ganz intensiv die Daumen drücke. Ich habe keine Zweifel, dass Ihr das mit Bravour meistert, um uns in Zukunft noch mehr tolle Tropfen zu bescheren.
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