Dienstag, 22. September 2020

Besuch bei der Hausbrauerei Altstadthof und Ayrer´s inkl. Felsenkeller (Nürnberg)

Endlich Urlaub! Aber wohin soll man in der aktuellen Zeit fahren? Auf eine Flugreise habe ich derzeit keine Lust, eine Kreuzfahrt ohne Aufenthalte in den Häfen reizt mich auch nicht. Weder möchte ich mich und damit meine Freunde, Familie und Arbeitskollegen einem Infektionsrisiko aussetzen, noch möchte ich selber auf engem Raum ein potentielles Risiko für andere darstellen. Also setze ich mich in mein Auto und mache mich auf eine Tour durch Deutschland mit vier verschiedenen Halts, bei denen ich selbst darauf achten kann, die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Der erste Stopp für meine Frau und mich heißt Nürnberg mit einer wirklich bezaubernden Altstadt. Dort gibt es aber nicht nur Rostbratwurst und Lebkuchen, es gibt auch spannende Geschichte in den Gängen der Felsenkeller unter der Altstadt und tolles Bier sowie Ayrer´s Whisky in der Hausbrauerei Altstadthof.



Der Schwerpunkt der Tour durch die Felsenkeller sollte gemäß dem Motto "Rotes Bier in tiefen Kellern" auf der Geschichte des Bieres in Nürnberg liegen. Pünktlich um 17:30 Uhr wurden wir gemeinsam mit einem zweiten Paar für eine Tour mit einer offensichtlich sehr überschaubaren Gruppe im Brauhaus abgeholt. Direkt hinter dem Albrecht Dürer Denkmal ging es dann in die Felsenkeller. Dass der Zugang mitten auf dem Platz lag, hat seinen Grund, denn er wurde während des zweiten Weltkriegs angelegt. Sollten die umliegenden Häuser in Schutt und Asche gelegt werden, was im späteren Verlauf des Krieges ja leider tatsächlich geschah, so sollte der Zugang zu den Kellern, die als Schutzbunker genutzt wurden, weiterhin sichergestellt sein. Außerdem wurden zu dieser Zeit diverse weitere Zugänge zu und Verbindungen zwischen den Kellern geschaffen. Damit hat man verhindert, dass während der schlimmen Angriffe im Jahr 1945 so viele Menschen den Tod fanden wie zwei Jahre zuvor im Hamburg, wo es weniger gute Zugänge zu den Schutzbunkern gab.


Man hat also schon beim Zugang zu den einst eigentlich ganz anders genutzten Gängen gemerkt, dass man die Geschichte beim Besuch der Felsenkeller einfach nicht ausblenden kann. Dabei wurden diese schon im Mittelalter sehr intensiv von den Brauern genutzt. Im Jahr 1380 wurde erlassen, dass jeder, der Bier oder Wein ausschenkt, einen Keller von ca. 15qm erhalten sollte. Später musste man - ähnlich wie an einer heutigen Tankstelle - ein Schild im Außenbereich anbringen, das Auskunft gibt, welche Biere zu welchem Preis angeboten werden. Außerdem gab es bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts ein Nürnberger Gerstengebot, das dem über 200 Jahre später erlassenen Reinheitsgebot sehr nahe kommt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts lag dann der Pro-Kopf-Konsum von Bier bei rund 500 Litern pro Jahr. Das war natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass bereits zwei Jahre alte Kinder Biersuppe oder in Bier gestipptes Brot bekommen haben. Schließlich war Bier in dieser Zeit deutlich sauberer und hygienischer als Wasser.


Natürlich gab es noch weitere historische Details zu den Felsenkellern, die von der Eisbeschaffung über Lagerung von Bier bis zu dem technologischen Fortschritt beim Brauen geschuldeten Verkauf der Keller, um dort eingelegte Gurken zu lagern, reichen. Ein Besuch dort lohnt sich auf jeden Fall, wer jedoch in Shirt und kurzer Hose unterwegs ist, sollte sich eine Jacke mitnehmen, denn auch im Sommer steigt die Temperatúr nie über 14 Grad, während es im Winter bis auf ca. 8 Grad heruntergeht. Zum Abschluss besuchten wir kurz die eigentliche Brauerei und Brennerei, wo in einem Film die Herstellung von Bier, Bierbrand und Whisky erklärt wurde. Als besonders zu erwähnen ist auf jeden Fall die Tatsache, dass der Whisky genau wie der Bierbrand dreifach destilliert wird und sich damit schon von den meisten seiner schottischen Kollegen unterscheidet.


Da wir ohnehin einen Tisch im Anschluss an unsere Führung gebucht hatten, gingen wir vom Whisky-Lager, wo auch viele kleine Privatfässer lagen, direkt in den Innenhof, wo wir uns erst einmal mit Nürnberger Rostbratwürstchen stärkten. Während meine Frau sich für warmen Kartoffelsalat entschied, nahm ich das Sauerkraut zu den Würstchen. Somit hatte ich den gesamten Grundnahrungsbereich der früheren Zeit auf meinem Tisch, denn neben Bier zählten auch Würste und eingelegtes Kraut dazu. Obwohl ich nicht jeden Tag Fleisch essen muss, gefällt mir diese Kombination insgesamt sehr gut, denn mir hat alles richtig gut geschmeckt. Bei meinem Bierbrettchen mit vier Bieren in Probiergröße hat mir die Rote Weiße am besten gefallen, ein Weizenbier mit 50% rotem Malz, aber auch Rotbier, Schwarzbier und Helles müssen sich nicht verstecken. Der dazugehörige Bockbierbrand war mir persönlich jedoch etwas zu herb.


Wenn ich aber in einer Destillerie unterwegs bin, dann will ich natürlich auch den lokalen Whisky probieren. Dafür bot die Karte einen Whisky Flight, mit dem man zumindest drei der insgesamt acht Whiskys der aktuellen Karte probieren konnte. Da wir nach der Anreise und der Tour durch die Keller schon recht müde waren, entschieden wir uns entgegen unseres ursprünglichen Plans dafür, dass wir uns nur einen Flight teilen würden, anstatt jeder einen eigenen Flight zu bestellen. Auf unserem kleinen Brettchen stand letztlich neben dem Ruby Port Finish und dem Louis XVI noch der Alligator. Probiert hatte ich bis dahin noch keine Abfüllung der Destillerie, aber ich habe schon sehr viel Gutes darüber gehört. Leider gab es weder während der Führung noch am Tisch jemanden, der etwas über das allerdings recht gut präsentierte Heftchen in der Auslage hinaus hätte sagen können. Auf meine bereits vier Wochen im Voraus gestellte Anfrage in diesem Zusammenhang habe ich leider keine Rückmeldung bekommen.


Meine Frau und ich wagten uns beim Flight dann zunächst an den Ruby Port. In der Nase wirkt der Whisky fruchtig-süß mit Gummibären, roten Beeren und etwas Eiche. Geschmacklich kann er dann mit der tollen Nase leider nicht ganz mithalten, denn die Süße geht nun deutlich zurück, dafür treten Eiche und Würze deutlich mehr in den Vordergrund. Außerdem sind Johannisbeeren und etwas Honig zu erkennen. Genau andersherum war es dann beim folgenden Louis XVI mit Cognac-Finish. In der Nase wirkte der Whisky im ersten Moment eher etwas langweilig und hatte mir etwas zu viel Eichenaroma. Karamell, malzige Noten, Vanille und Pfirsich waren zwar auch zu erkennen, blieben aber sehr dezent. Geschmacklich überholt die Süße dann die Eiche, gleichzeitig tritt eine tolle Zitrusnote auf, die von viel Karamell begleitet wird. Dieser Tropfen hat mir tatsächlich mit jedem Schluck ein wenig besser gefallen.


Sowohl in der Nase wie auch am Gaumen überzeugen konnte dann letztlich der Alligator aus dem stark ausgebrannten Virgin American Oak Fass. Wie die beiden vorherigen Abfüllungen war dieser Whisky fünf Jahre alt, hatte aber mit 57,7% etwas mehr Wumms als die beiden anderen mit 54% bzw. 52,8%. In der Nase gibt es eine extrem ausgeprägte Vanillenote, wie ich sie bisher selten bei einem Whisky wahrgenommen habe. Dazu kommen viel Karamell, Süße, Baiser und Vanilleeis, was sich auch am Gaumen widerspiegelt. Darüber hinaus tauchen dann aber auch noch Kräuter, etwas Eiche und eine leichte Pfeffernote auf. Schade, dass der Whisky im Brauerei-Shop nicht mehr zu bekommen war. Davon hätte ich mir gerne eine Flasche mit nach Hause genommen. Insgesamt kann ich den Besuch im Altstadthof definitiv empfehlen. Die Führung war sehr spannend und auch ohne persönliche Anleitung kann man sich mit den auf dem Tisch liegenden Infos gut durch die verschiedenen Biere, Brände und Whiskys testen. Da ich auch noch das Essen sehr lecker fand, werde ich mit Sicherheit bei meinem nächsten Besuch in Nürnberg mal wieder vorbeigucken.

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