Dienstag, 16. Februar 2021

The GlenAllachie Online-Tasting (Wood Finish Series, 15yo und exklusive Single Casks)

Zum Start ins Wochenende lud Kirsch Whisky zu einem wirklich spannenden Blind Tasting ein, das nicht so ganz blind war, denn zumindest die Destillerie war bei allen sieben präsentierten Abfüllungen bekannt. Es handelte sich um The GlenAllachie und somit eine Brennerei, die zuletzt in Deutschland sehr präsent war. Das bedeutete aber nicht, dass wir hier 08/15-Abfüllungen ins Glas bekamen (sofern es die bei GlenAllachie überhaupt gibt), vielmehr gab es einen sehr spannenden Ritt durch die Wood Finish Series und die aktuellen Single Casks für den deutschen Markt. Dass ich die Abfüllungen von GlenAllachie sehr mag, ist kein Geheimnis, trotzdem war ich sehr gespannt, was uns in diesem Tasting so alles erwarten würde. Als kleinen Spoiler vorab kann ich verraten, dass wir hier nicht enttäuscht wurden und zum Abschluss auch noch ein absolutes Highlight probieren durften, Zwischen schlanken neun Jahren und gediegenen 30 Jahren war alles dabei, was das GlenAllachie-Nerd-Herz höher schlagen lässt. Wenn dann neben leckerem Popcorn auch noch der Whisky Druide als Host am Start ist, dann gibt es nicht nur für meine Frau kein Halten mehr.


Die erste Stunde des Tastings gehörte noch Distillery bzw. Operations Manager Richard Beattie und Sales Managerin Juliette Buchan, die das Tasting eröffneten und einige Hintergründe zur Destillerie erläuterten. Damit das nicht zu trocken wurde, gab es natürlich auch gleich den ersten Whisky ins Glas. Der neun Jahre alte Rye Wood Finish reifte zunächst in Bourbonfässern, bevor er dann für 18 Monate in ein Kentucky Rye-Fass umziehen durfte. Das hat für Vanille, Honig, Toffee und eine leichte Würze in der Nase gesorgt, die dann am Gaumen durch Orange, Zitrusnoten, Malz, Gewürze und weißen Pfeffer ergänzt wurden. Dabei hatte der Whisky am Gaumen deutlich mehr Würze als nach der Nase zu erwarten war. Ganz nebenbei lernten wir aber auch, dass das Logo nicht an die Flintstones erinnern soll, sondern vielmehr auf den Namen, der im Englischen Valley of the Rocks bedeutet, anspielen soll. Das Jahr 2017 bedeutete für die Destillerie einen absoluten Neustart, als Billie Walker das Ruder vom vorherigen Besitzer Pernod Ricard übernommen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde vorrangig für die Blend-Industrie produziert, was heute überhaupt nicht mehr der Fall ist. Die Produktionskapazität von 4,2 Millionen Litern wird aber bei Weitem nicht ausgeschöpft. Neben dem klassischen ungetorften Whisky wird inzwischen auch bei 20% der Produktion auf Peated Malt gesetzt. Wie torfig es wirklich zugeht, wollten die beiden nicht verraten, aber man kann von rund 80ppm ausgehen, wobei der Whisky nicht eindimensional torfig werden soll, sondern auch eine schöne Süße behalten wird.

Wichtig ist dabei in jedem Fall das Fassmanagement. Seitdem Billie Walker bei GlenAllachie ist, wird hierauf deutlich mehr Wert gelegt. Rund 50% der aktuellen Produktion wird derzeit in Bourbon-Fässern gelagert, 30% in Sherry-Fässern und der Rest in frischer Eiche, Rotwein und verschiedenen anderen Fässern. Insgesamt liegen in den Warehouses derzeit rund 90.000 Fässer, die aber nicht alle zum eigenen Bestand zählen. Spannend fand ich auch die Tatsache, wie unterschiedlich die einzelnen Märkte sind. So wird in Frankreich und Italien Whisky vorrangig vor dem Essen getrunken, so dass dort trockene Whiskys sehr beliebt sind. In Deutschland mag man es eher süß und fruchtig mit PX, Oloroso, Port und Madeira, was das Vorurteil des deutschen Farbtrinkers auch noch einmal beheizt. Die Skandinavier wiederum sind eher bei rauchigen und würzigen Aromen zu Hause und mögen Virgin Oak-Abfüllungen. Wenn ich meinen persönlichen Geschmack in dieses Raster einordne, dann bin ich wohl tatsächlich typisch deutsch...

Ab dem zweiten Whisky übernahm dann der Druide und präsentierte uns zunächst einen Tropfen, der in der Nase Karamell, Kirschen, Rum-Rosinen und Pflaumen zu bieten hatte. Geschmacklich ging die Fruchtigkeit etwas zurück und machte Platz für Mandeln, Haselnüsse, Pfeffer und eine schöne Würze. Es handelte sich dabei um das inzwischen meistverkaufte Produkt der Destillerie, nämlich den 15yo aus der Standard-Range, der aber auch wirklich richtig stark ist. Wichtig zu wissen ist dabei aber natürlich, dass es immer noch ein Zugriff auf Altbestände ist. Mit dem ersten Whisky, der unter der neuen Führung destilliert wurde, dürfen wir wohl frühestens in rund fünf bis sieben Jahren rechnen. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass in den Warehouses noch tolle Tropfen schlummern. Beim folgenden 12yo Madeira aus der Wood Finish Series bot die Nase Aprikosen, Äpfel, Kräuter und etwas Holz, während am Gaumen die Früchte erneut auftauchten, nun aber von Pfeffer und Honig sowie einer sehr ausgeprägten Würze begleitet wurden. Besonders auffällig ist bei diesem Tropfen der trockene Abgang. Auch hier war das Finish wieder 18 Monate lang, die Abfüllung ist auf 4.800 Flaschen limitiert.

Mit dem Blind Sample #4 wurde dann mein persönliches Highlight des Tastings eingeschenkt. Die Nase überzeugte hier mit Vanille, Zuckerwatte, Karamell und Creme Brullee, während dann am Gaumen auch Kirschen, Pflaumen und süße rote Trauben mit ins Spiel kamen. Diese fruchtig-süßen Aromen wurden mit etwas Zitrone und Ingwer gemischt, erst mit der Zeit kamen Kräuter und würzige Aromen hinzu, die vor allem durch die Zugabe von Wasser deutlicher wurden. Diese 2011 Franconian Edition reifte im Port Pipe und ist exklusiv im Schnapsstodl erhältlich. Auch bei den restlichen Abfüllungen handelte es sich um Einzelfassabfüllungen, die exklusiv für den deutschen Markt abgefüllt wurden, allerdings nicht ausschließlich beim Schnapsstodl (aber auch) zu haben sind. Das Sample #5 ist neun Jahre alt und stammt aus einem Marsala Fass. Das hat im Aroma für Biskuit, Zucker, Honig, Kräuter und Honigmelone gesorgt, während am Gaumen zunächst Zitrusnoten und Pfeffer im Vordergrund stehen. Dazu kommen wieder Honig und Kräuter, die vor allem im Abgang stark zur Geltung kommen. Gleichzeitig sind Orangen, Limetten und Fudge zu erkennen.

Bei der letzten Abfüllung vor dem großen Finale wurden wir zunächst auf eine falsche Fährte gelockt. Man muss aber sagen, dass die Essignoten aus der Nase durchaus auch ein Gurkenfass-Finish zugelassen hätten. Dieses gab es aber bislang (leider?) noch nicht, sondern es war ein Aprilscherz aus dem vergangenen Jahr. Neben Essig gab es hier aber auch Klebstoff, eine Bourbon-Note und vergorenen Pfirsich. Geschmacklich war der 12 Jahre alte Whisky aus dem Pinot Noir Fass dann aber deutlich angenehmer mit Honig, viel Süße, Trauben, etwas Holz und leichten Kräuteraromen. Je länger der Whisky im Glas bleibt, desto stärker tritt die Süße in den Vordergrund. Danach gab es dann das große Highlight des Tastings, nämlich einen stolze 30 Jahre alten Tropfen aus dem PX Hogshead. Insgesamt waren hier 339 Flaschen verfügbar, weil mehrere Fässer im Hogshead vermählt wurden. In der Nase gibt es mit Traubenzucker gesüßten Traubensaft, süße Kirschen, Johannisbeersaft und etwas Orange. Geschmacklich spiegelt sich die Süße der genannten Fruchtaromen ebenfalls wieder, aber hier gibt es außerdem etwas Würze. Erst im Abgang kommt dann eine leichte Eichenwürze hinzu, die sich mit schwarzer Johannisbeere mischt und dann auch das hohe Alter des Whiskys erkennen lässt.

Das Tasting hat richtig viel Spaß gemacht und dabei mal wieder gezeigt, was für tolle Fässer bei GlenAllachie schlummern. Mir persönlich hatte das Pinot Noir Bottling ein wenig zu viel Essig im Aroma, aber darüber hinaus haben mir alle Whiskys sehr gut gefallen. Die PX-Abfüllung war natürlich ein echtes Highlight, auch wenn es preislich nicht ganz in meinem Rahmen liegt. Der Sieger des Abends war für mich aber die Franconian Edition aus dem Port Pipe mit seiner Mischung aus süßen, fruchtigen und würzigen Aromen. Das könnte ich mir auch als Großsample in meinem Whiskyregal gefallen lassen! Die Abfüllung aus der Wood Finish Series aus dem Rye Fass werde ich außerdem in den nächsten Wochen noch einmal gesondert vorstellen und bin gespannt, ob meine Kurzeindrücke aus dem Tasting bestätigt werden. Vielen Dank auf jeden Fall an Basti von whiskygermany (guckt mal bei Instagram) für die Organisation, Kirsch Import, Richard und Juliette sowie natürlich den Whisky Druiden Michel Reick für den grandiosen Abend. GlenAllachie hat mir mal wieder gezeigt, warum die Destillerie ganz oben auf meiner Favoritenliste mit dabei ist!

Übersicht der verkosteten Whiskeys:

The GlenAllachie 9yo Rye Wood Finish, Wood Finish Series #2, Single Malt Scotch Whisky, 9yo, 48%, EUR 55,-
The GlenAllchachie 15yo, 1st Fill Bourbon, PX- und Olosoro-Finish, Single Malt Scotch Whisky, 15yo, 46%, EUR 62,-
The GlenAllachie 12yo Madeira Wood Finish, Wood Finish Series #2, Single Malt Scotch Whisky, 12yo, 48%, EUR 62,-
The GlenAllachie 9yo Franconian Edition, Single Malt Scotch Whisky, 9yo, Port Pipe, 59,1%, EUR 85,-
The GlenAllachie 2010 Single Cask for Germany, Single Malt Scotch Whisky, 9yo, Marsala Cask, 63,1%, EUR 80,-
The GlenAllachie  2008 Single Cask for Germany, Single Malt Scotch Whisky, 12yo, Pinot Noir Cask, 55,4%, EUR 90,-
The GlenAllachie  1990 Single Cask for Germany, Single Malt Scotch Whisky, 30yo, PX Hogshead, 51,2%, EUR 495,-

Die Samples wurden mir freundlicherweise von Kirsch Import - House of Spirits kostenlos zur Verfügung gestellt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen