Mittwoch, 14. April 2021

Carlos I Brandy de Jerez Online Tasting (Solera Gran Reserva, Amontillado, Pedro Ximenez, Imperial XO und 1520)

Bisher hatte ich mit Brandy herzlich wenig Berührungspunkte. Ja, ich weiß, dass Brandy genau wie deutscher Weinbrand oder französischer Cognac eine Spirituose aus einem Weindestillat ist, das in Fässern reift. Da hört so langsam mein Wissen über Brandy aber auch schon auf. Deshalb war ich sofort Feuer und Flamme, als ich von Brand Ambassador Michael Lutz von Carlos I zu einem Online-Tasting eingeladen wurde, in dem insgesamt fünf Abfüllungen der bekannten Bodega im Sherry-Dreieck in Andalusien vorgestellt wurden. Genau diese Herkunft sorgt auch dafür, dass sich der Brandy von Carlos I Brandy de Jerez nennen darf. Zur Reifung kommen natürlich ausschließlich Sherryfässer zum Einsatz, dabei wird nach dem Solera-Verfahren gelagert. In übereinander liegenden Fässern wird immer nur von ganz unten Brandy entnommen, allerdings immer nur rund 25% des Inhalts. Danach wird von oben nach unten umgelagert, so dass in der obersten Fassreihe wieder Platz für neues Destillat ist. So lässt sich natürlich das genaue Alter des Brandys relativ schwer bestimmen, um sich Solera nennen zu dürfen, muss er aber mindestens sechs Monate im Fass sein, für Solera Reserva mindestens zwölf Monate und für Solera Gran Reserva mindestens 36 Monate. In der Realität verbringt das Destillat aber in aller Regel deutlich mehr Zeit in den sogenannten Andanas. Bei Carlos I wird dabei ausschließlich als Solera Gran Reserva mit einer deutlich längeren Reifezeit abgefüllt. Die gesetzliche Mindestmenge an Alkohol liegt bei 36%, diese wird aber bei Carlos I mit mindestens 40% ebenfalls überboten.


Bevor wir aber zu tief in die Materie einstiegen gab es erst einmal etwas in die Gläser. Es ging los mit dem Marktführer für importierte Brandys in Deutschland, dem Carlos I Solera Gran Reserva mit 40%. Dieser wurde aber nicht pur genossen, sondern mit Eis und Soda Libre Elderflower aufgefüllt, was einen sehr erfrischenden Sommerdrink ergibt. Überhaupt ist das Soda Libre Elderflower für mich eine tolle Alternative zu Tonic (weil nicht bitter) oder Ginger Ale (weil nicht so süß). Nebenbei lernten wir noch, dass die verwendeten Fässer ausschließlich aus der hauseigenen Küferei stammen und grundsätzlich nie für die Lagerung von z.B. Whisky abgegeben werden. Außerdem darf Brandy de Jerez zwar außerhalb des Sherry-Dreiecks gebrannt werden, muss aber immer im Solera-Verfahren und innerhalb des Sherry-Dreiecks gelagert werden. Danach probierten wir den Carlos I Amontillado, der ein zusätzliches Finish in Fässern der 1857 gegründeten Solera La Honda erhielt. Das durchschnittliche Alter der Fässer bei Osborne beträgt rund 60 Jahre. Der Brandy wirkt sehr fruchtig mit viel Rosine, Marzipan, nussigen Aromen und Karamell. Geschmacklich geht es mit viel Süße weiter, nun kommen zu Karamell und Rosine aber auch noch Honig, rote Trockenfrüchte und süße Orangen. Im Abgang taucht plötzlich noch eine salzige Note auf.

Alle Fässer, die für Carlos I verwendet werden, enthielten zuvor Sherry von Osborne, die Lagerung erfolgt in sogenannten Kathedralen. Allein die Begrifflichkeit zeigt, wie wichtig Sherry und Brandy für die Spanier sind. In diesen Kathedralen erkennt man einige Details wieder, die es auch in schottischen Lagerhäusern gibt. So gibt es auch hier den schwarzen Hefepilz, gleichzeitig aber auch winzige Spinnen, die Ungeziefer wie Termiten fressen. Der folgende Carlos I PX hat genauso wie der Amontillado ein Finish erhalten, diesmal logischerweise jedoch in Pedro Ximenez Fässern. In der Nase ist der PX sehr gut erkennbar mit viel Süße, süßen Trauben, Rosinen und dunklen Trockenfrüchten. Ähnlich ist das Bild am Gaumen, wo es zusätzlich noch Honig, Sirup und Orangen gibt. Erst im Abgang mischt sich eine leichte Würze ins Profil. Bis in die 60er Jahre war es übrigens üblich, Sherry und Brandy im Fass nach Großbritannien zu verkaufen, was für laufenden Nachschub für die Whisky-Industrie sorgte. Seitdem muss jedoch im Sherry-Dreieck abgefüllt werden und die Preise für Sherry-Fässer sind für die Whisky-Destillerien deutlich in die Höhe gegangen.

Der Anlass zur Abfüllung des folgenden Imperial XO war der 400. Todestag von Carlos I, der in Deutschland auch als Karl V bekannt ist. Den Namen des Königs hat man für den Brandy auch deswegen gewählt, weil Carlos I den Anspruch hat, der König der Brandys zu sein. Der Imperial XO enthält Anteile, die bis zu 20 Jahre alt sind und wirkt in der Nase würzig-ledrig mit Pfirsichen und angenehmen Zitrusnoten. Geschmacklich wird es dann wieder deutlich süßer mit Honig und sehr reifem Bergpfirsich. Je länger der Brandy im Glas bleibt, desto stärker kommen Zitrusnoten und Salz zum Vorschein. Der Abgang bietet dann sogar noch ein wenig Schokolade. Auf die Frage, warum Brandy nie in Fassstärke abgefüllt wird, gab es auch eine einfache Antwort. Das Klima in Andalusien sorgt dafür, dass der Angel´s Share eher aus Wasser und kaum aus Alkohol besteht. Da so der Alkoholgehalt im Fass meist steigt, wird vor dem Abfüllungen verdünnt. Außerdem ist die Zielgruppe von Brandy eher bei den Weintrinkern zu finden, die sich an Spirituosen herantasten wollen. Hier würde sicherlich eine Fassstärke eher abschreckend wirken. Bei Carlos I möchte man sich aber auch an Whisky-Trinker richten, denn eine Vollreifung im Sherry-Fass ist im Vergleich zu Whisky deutlich erschwinglicher.

Das Finale des Abends bildete dann der 1520, der mit seiner Flaschenform an einen Reiter auf seinem Pferd erinnern soll. Natürlich darf auch die Krone nicht fehlen, die in den Deckel eingearbeitet ist. Der Brandy für diese Abfüllung wurde aus mehreren sehr alten Soleras entnommen und dann vom Master Blender zusammengestellt. Wieder kamen über zwanzig Jahre alte Brandys zum Einsatz. Sehr intensive rote Trockenfrüchte, Rosinen, Honig, Karamell und eine leichte Würze sorgen für einen tollen Antritt in der Nase. Trotzdem wirkt der Brandy weniger süß als die vorherigen Abfüllungen. Am Gaumen ist der 1520 zunächst süß, bevor Platz für Schokolade und rote Früchte gemacht wird. Nach einiger Zeit taucht auch die typische Orange wieder auf, gleichzeitig wird die Schokolade mit jeder Minute im Glas immer dunkler. Im Abgang gibt es sogar ein leicht minziges Aroma. Zusammenfassend hat mit der Abend sehr viel Spaß gemacht und der Blick über den Tellerrand war sehr spannend. Ich habe viel Neues dazugelernt, denn Michael Lutz hat uns mit viel Fach- und Hintergrundwissen versorgt. Und ganz nebenbei hatte ich natürlich auch noch fünf tolle Tropfen im Glas. Carlos I ist für mich eine echte Alternative - sowohl im Longdrink wie auch pur!

Übersicht der verkosteten Brandys:

Carlos I Solera Gran Reserva, Brandy de Jerez, 40%, ca. EUR 22,-
Carlos I Amontillado, Brandy de Jerez, 40,3%, ca. EUR 43,-
Carlos I Pedro Ximenez, Brandy de Jerez, 40,3%, ca. EUR 43,-
Carlos I Imperial XO, Brandy de Jerez, 40%, ca. EUR 44,-
Carlos I 1520, Brandy de Jerez, 41,1%, ca. EUR 98,-

Ich wurde freundlicherweise von Michael Lutz kostenlos zu dem Tasting eingeladen.

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