Mittwoch, 13. Oktober 2021

Besuch bei der Kinzigbrennerei in Biberach (Schwarzwald)

Auf unserer Rundreise durch Deutschland bezogen meine Frau und ich auch für zwei Tage Quartier in Biberach im Schwarzwald. Das hatte natürlich seinen Grund, denn ein Besuch bei der Kinzigbrennerei war fest eingeplant. Gute zwanzig Minuten Fußweg von unserer Unterkunft entfernt begrüßte uns Martin Brosamer, der die Brennerei gemeinsam mit seiner Frau führt, zu einem Blick in Produktionsanlagen und Fasslager sowie zu einer umfangreichen Geschmacksprobe. Dass er das, was er hier auf die Beine gestellt hat, mit viel Herzblut macht, ist bei jedem Satz spürbar. Ganz besonders deutlich wird das beim Fassmanagement, bei dem Martin Brosamer sehr klare Vorstellungen hat, wie sich der Whisky so entwickeln kann, wie er es sich vorstellt. Dass trotzdem Raum für Experimente bleibt, macht es dann in Summe umso spannender.


Obwohl Martin an diesem Abend noch eine Gesellschaft zu Besuch hatte, die auch noch eine Führung und ein Tasting mit ihm machen wollten, nahm er sich wirklich sehr ausführlich Zeit für uns. Zunächst ging es zur kleinen Brennanlage von Arnold Holstein mit einem Fassungsvermögen von knapp unter 200 Litern. Gebrannt wird zweifach, die Kolonne bleibt dabei offen. Viel wichtiger ist für Martin allerdings die spätere Reifung im Fass, denn hier wird viel Wert darauf gelegt, dass der Whisky die richtigen Aromen aufnimmt, die zum Destillat passen. Dafür wechselt der Spirit immer mal wieder das Fass. Grundsätzlich sind die Fässer im Lager so angeordnet, dass keine Fässer entfernt werden müssen, also immer wieder zum Einsatz kommen können. Dahinter steckt auch der Nachhaltigkeitsgedanke, gleichzeitig aber auch der Fokus auf Regionalität. So werden zum Beispiel Fässer aus Schwarzwald-Eichen hergestellt, für die das Holz aber zunächst 36 Monate beim Küfer unter freiem Himmel lagern muss, damit die strengen Tannine von Regen und Witterung ausgespült werden, trotzdem aber noch viel Aroma für den späteren Whisky bleibt.

Das Destillat durchläuft dann später tatsächlich verschiedene Fässer und darf immer mindestens vier Jahre reifen. Bei den Abfüllungen aus frischer Eiche verbleibt das Destillat für 1 1/4 bis 1 1/2 Jahre in zuvor unbelegten Fässern, dann geht es in 2nd Fill Fässer, danach dann auch noch in 3rd Fill Fässer. So nimmt der spätere Whisky zwar sehr viele Aromen auf, gerät aber nicht zu holzig oder transportiert zu viele Tannine. Darüber hinaus gibt es aber auch noch einige andere Fässer, wobei ein Weinfass von 1953, das aufwändig und für viel Geld restauriert wurde, wohl das Kurioseste ist, was sich im Lager findet. Darin schlummert aktuell ein Riesling, aber in Kürze darf dort ein Whisky einziehen, der sicherlich in Zukunft für eine spannende Sonderabfüllung sorgen wird.

Nach dem Besuch im Fasslager durften wir uns dann einmal durch das aktuelle Sortiment der Brennerei probieren, zu dem derzeit acht Abfüllungen gehören. Den Auftakt machte der Rye aus ungemälztem Roggen, der ausschließlich in deutscher Eiche lagerte, aber in dem oben beschriebenen Verfahren. Das Roggenaroma bleibt dabei natürlich präsent, dazu kommen aber würzige und süße Aromen. Noch etwas süßer wird es dann beim Select No. 5 Single Barrel, der auf Mais-Basis hergestellt wird und in Bourbon und Kastanie lagert. Dieser Whisky ist tatsächlich sehr nah an einem Bourbon, was sicherlich nicht jedem Single Malt Fan gefallen wird, aber trotzdem qualitativ sehr hochwertig bleibt. Beim dritten Tropfen des Abends gab es den Badischen Blend, für den Gerste und Weizen verwendet wurde, die Reifung ist identisch mit dem Rye. Das ergibt in Summe einen sehr gefälligen Whisky, der nicht überfordert, aber durchaus Spaß macht.

Ebenfalls auf einem guten Niveau für Einsteiger in die Welt des (deutschen) Whiskys bewegt sich der Biberacher Single Malt, der auch wieder die Kaskade durch die Fässer aus deutscher Eiche durchlaufen hat. Hier wird es allerdings schon deutlich fruchtiger mit Pfirsich und gelber Pflaume. Der dann folgende No. 8 Select Single Cask ist bereits acht Jahre alt und hat ebenfalls die Eichen-Runde durchlaufen, allerdings wurde hier sofort mit einem 100l-Fass gestartet anstelle des sonst verwendeten 50l-Fasses. Somit wird die Lagerung des New Makes direkt von Beginn an an die geplante Reifezeit angepasst. Danach folgten noch Lagerungen im Bourbon- und Sherry-Fass. Der Grundcharakter vom Biberacher ist hier noch sehr schön zu erkennen, allerdings kommt hier die Fruchtigkeit noch deutlicher durch, dazu gesellen sich angenehme Haselnuss-Aromen. Zum Abschluss der ungetorften Abfüllungen gab es dann noch den XV, der zunächst zehn Jahre in deutscher Eiche verbrachte, aber auch sieben Mal umgelagert wurde. Danach folgte ein fünfjähriges Finish im Oloroso-Fass. Das sorgt selbst bei "nur" 40% noch für sehr viel Komplexität, wobei der Whisky sehr weich daherkommt.

Zum Abschluss gab es noch zwei rauchige Abfüllungen. Den Auftakt machte der Kinzigtäler Single Malt Smoke 4yo. Wieder gibt es hier die typische Reifung in frischer Eiche mit entsprechender Umlagerung, was dann letztlich für sehr ausgeprägte Lederaromen gesorgt hat, die mich an einen gerade geöffneten Schuhkarton erinnern. Dazu kommt aber auch eine schöne Süße sowie feine Tabakaromen. Das Finale bildete dann der Geroldsecker Single Malt in Fassstärke. Hier gibt es eine sechsjährige Reifezeit zunächst in frischer Eiche und anschließend im Port-Fass. Diese Kombination entspricht eigentlich genau meinem Geschmack und tatsächlich gefällt mir die Kombination aus fruchtig-rauchigen Noten und etwas Marzipan richtig gut. Ich bedanke mich hier noch einmal ganz herzlich bei der Familie Brosamer für die Zeit, die wir in der Destillerie verbringen durften und natürlich auch für das ausführliche Tasting im Anschluss. Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die Abfüllungen weiterentwickeln und freue mich besonders darauf, in ein paar Jahren den Whisky aus dem alten Weinfass probieren zu können. Ich hoffe, dass ich diese Chance nicht verpasse...

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