Freitag, 12. November 2021

Whisky & Rum Festival im Bordershop Puttgarden/Fehmarn (November 2021)

Normalerweise findet im Bordershop, dem schwimmenden Einkaufsparadies am Fähranleger in Puttgarden auf Fehmarn, zweimal jährlich das Whisky & Rum Festival statt. Pandemie-bedingt mussten die letzten drei Ausgaben ausfallen, aber in diesem Herbst konnte die Messe unter 3G-Bedingungen wieder stattfinden. Wie gewohnt tummelten sich hier wieder zahlreiche Besucher aus Dänemark, Schweden und Deutschland, diesmal aber in merklich geringerer Zahl als bei den vorherigen Auflagen. Zu sehr fairen Preisen konnte man einen Großteil des riesigen Sortiments des Bordershops an den verschiedenen Ständen probieren, gleichzeitig gab es aber auch wieder die Möglichkeit zur Teilnahme an spannenden Masterclasses. So haben meine Frau und ich wieder zwei spannende Tage auf der Messe verbracht und dabei überraschende Highlights ins Glas bekommen.


Am Freitag waren wir dank eines Urlaubstags rechtzeitig zum Einlass um 13:00 Uhr im Bordershop. Dort bekommt man traditionell einen Welcome Dram in die Hand, der diesmal von Aberlour stammte. Der Double Cask Matured ist ein fruchtig-süßer Einstiegswhisky, der genau richtig war, um sich auf das Messe-Wochenende einzustimmen. Nachdem wir uns dann Tickets für drei der Masterclasses besorgt hatten, die über das ganze Wochenende verteilt stattfanden, wollte meine Frau unbedingt einen Jameson Bow Street trinken, der sie einfach jedes Mal wieder begeistert. Ich habe mir zeitgleich den Westland Colere einschenken lassen. Von dieser Destillerie hatte ich bis dahin noch gar nichts im Glas, war aber sehr begeistert von dem Duft nach Fliederbeersuppe mit Klößen und dem fruchtig-süßen Aroma, das durch würzige Noten ergänzt wird. Grundsätzlich wird bei dieser Destillerie aus Seattle die Besonderheit verschiedener Gerstesorten in den Vordergrund gestellt. Leider sind die Sondereditionen von Westland, zu denen neben dem Colere auch der Gayana gehört, in Deutschland kaum erhältlich. Das wäre sicherlich mal wieder ein Grund für einen weiteren Ausflug nach Fehmarn, allerdings ist die Flasche mit rund EUR 125,- auch nicht ganz günstig.

Anschließend startete die Bruichladdich Masterclass. Eigentlich hätte es hier auch den brandneuen Octomore 12.2 geben sollen, leider ist die Ware aber nicht rechtzeitig angekommen. Trotzdem präsentierte uns der skandinavische Brand Ambassador Magnus Nyström fünf tolle Abfüllungen, die vom Einsteiger Laddie Eight mit nur 8ppm Rauchgehalt in der Gerste über den gleichaltrigen Islay Barley 2012, für den das Getreide auf sechs Islay-Farmen angebaut wurde und der weniger fruchtig und etwas süßer, maritimer und würziger daherkommt, bis zum 1990/27 reichte. Letzterer reifte zunächst zehn Jahre im Bourbonfass und zog dann in Weinfässer um. Das hat für würzige Aromen, Karamell und dunkle Beeren gesorgt. Natürlich sollten aber auch die Freunde torfiger Whiskys nicht zu kurz kommen, deswegen gab es auch noch den Port Charlotte MC:01, der neun Jahre in Marsala-Fässern verbrachte. Mir gefällt die Entwicklung im Glas beginnend mit süß und fruchtig über nussig hin zu rauchigen Aromen sehr gut. Danach folgte noch der relativ neue PAC:01 mit einem Alter von acht Jahren und einer Reifung in Pauillac-Fässern. Dunkle Früchte verbinden sich hier sehr schön mit Marzipan und Rauch.

Bevor der erste Messetag sich dem Ende neigte, schauten wir noch am Stand der Anora Group vorbei, die unter anderem die Marken der Distell Group nach Skandinavien importiert. Hier probierten wir mit einem 21 Jahre alten Manzanilla Finish und einem 22 Jahre alten Port Finish zwei wirklich hervorragende Tropfen. Bis vor zwei Jahren habe ich die Abfüllungen in diesem Alter mit EUR 140,- bis EUR 180,- noch als teuer empfunden, inzwischen muss man sagen, dass man bei sehr vielen anderen Destillerien für vergleichbare Tropfen deutlich mehr zahlen muss. Ein echtes und für mich wie einleitend schon erwähnt sehr überraschendes Highlight sollte aber noch folgen. Bei Brown-Forman ließ ich mir ohne große Erwartungen einen Jack Daniel´s Single Barrel Barrel Strength einschenken und war begeistert! Natürlich hat der Whiskey mit seinen 64,5% ordentlich Power, aber das transportiert auch sehr schön seine Mischung aus süßen und fast schon Sirup-artigen Aromen und der angenehmen Würze. Es sollte am Ende die einzige Flasche bleiben, die im Rucksack mit nach Hause durfte.

Das soll aber nicht heißen, dass der zweite Messetag nicht noch weitere leckere Tropfen ins Glas gespült hat. Eine weitere sehr positive Überraschung war für mich der Abschluss der ersten Masterclass des Tages, bei der Macallan Brand Ambassador Nordics Jonas Gram sechs verschiedene Abfüllungen der Destillerie aus der Speyside präsentierte, die mir in aller Regel zu sehr auf Luxus ausgelegt ist, dabei aber ein gesundes Preis-Leistungs-Verhältnis aus dem Blick verliert. So startete auch das Tasting mit einem aufwändigen Imagefilm und wurde von einer Hochglanz-Präsentation unterstützt, allerdings passte das in Kombination mit dem Charme von Jonas sehr gut zur Marke. Den Start machte der neue A Night on Earth, bei dem für mich persönlich die gebotenen Aromen mit jungen und malzigen Aromen, Karamell und Shortbread nicht zum aufgerufenen Preis von über EUR 100,- passen. Bei den Double Wood Abfüllungen, die zum Teil erst seit vergangenem Jahr auf dem Markt sind, hat man sehr schön die Entwicklung vom 12yo über 15yo zum 18yo erschnuppern und erschmecken können. Während es bei den jüngeren Abfüllungen mit Karamell und Apfel noch fruchtig-süß zugeht, kommt beim 15er schon etwas Würze in Kombination mit Kakao hinzu. Der 18er wird dann noch komplexer mit zusätzlichen Rosinen, Muskat und noch mehr Kakao und Würze. Auch hier zahlt man aber einen mir deutlich zu üppigen Aufschlag für den Namen Macallan.

Auf dem Gelände von Macallan gibt es übrigens auch noch vier Felder, auf denen eigene Gerste angebaut wird. Diese wird natürlich für besondere Abfüllungen wie den Estate verwendet, wobei die eigene Gerste nur einen kleinen Anteil am Whisky ausmacht. Die Homegrown Barley würde nur für rund 1.000 Flaschen pro Jahr reichen. Geschmacklich fühlte ich mich hier an ein Twix in Kombination mit frischen und getrockneten Beeren erinnert. Das Finale mit dem Harmony Collection Rich Cacao war dann richtig überzeugend. Der Whisky wurde gemeinsam mit einem Chocolatier entwickelt und der Kakao soll ganz klar im Vordergrund stehen. Geschmacklich gibt es eine Mischung aus Kakao und Malz, was mich an Ovomaltine erinnert. Geschmacklich wird die Schokolade dann überraschend hell und dementsprechend süß. Einziger Wermutstropfen ist aber leider auch hier wieder der Preis. Danach trafen wir uns dann mit meinem Schwager Tobi (von Barleymania, sein Messebericht ist ebenfalls schon online), seiner Frau und seinem kleinen Sohn auf ein neutralisierendes Bier bei Tuborg. Das jährliche Weihnachtsbier hat mir richtig gut gefallen, aber leider dürfen Dosen aufgrund des fehlenden Pfandsymbols im Bordershop nur von Skandinaviern für den Export gekauft werden. Mein Eindruck war jedenfalls, dass das Weihnachtsbier für unsere nördlichen Nachbarn deutlich dunkler ist, als die Version, die man in Deutschland im Supermarkt kaufen kann.

Später wartete dann noch eine zweite Masterclass auf uns, für die Senior Brand Ambassador Martin Markvardsen sechs Abfüllungen von Highland Park ausgesucht hat. Wieder ging es mit einem Standard in Form des 10yo los, der wenig Rauch, Vanille und Zitrusnoten bietet. Den folgenden Dragon Legend kannte ich schon und habe ihn mir daher für zu Hause abgefüllt. Das Cask Strength Release No. 2 bot dann sehr viele Fruchtaromen mit Apfel, Birne und Zitrus, gleichzeitig aber auch sehr viel Karamell. Der recht hohe Alkoholgehalt von 63,9% ist hier spürbar, steht aber nicht im Vordergrund. Der folgende Old Viking Heart ist 15 Jahre alt und noch recht frisch auf dem Markt. Die wirklich sehr schicke Keramikflasche soll an alte Zeiten erinnern, als alles in Keramik abgefüllt wurde. Wieder gab es Karamell und Zitrusfrüchte, im Vergleich zu den anderen Whisky wirkt diese Abfüllung aber deutlich süßer mit Honig und hellen Früchten. Der 21yo hatte dann wieder etwas mehr Raucharoma zu bieten, außerdem gesellten sich zu den ausgeprägten Karamellnoten auch wieder schöne Würzaromen. Der 21er wurde übrigens im Jahr 2017 eingestellt, kam aber im November 2019 zurück auf den Markt. Für das aktuelle Batch wurden neun Sherry Seasoned Fässer, acht Bourbonfässer und sieben weitere Fässer, die Martin nicht weiter benennen wollte, zusammengeführt. Das Finale bildete dann der Ragnvald, der zwar keine Altersangabe trägt, aber laut Martin ca. 30 Jahre alt sein soll. Viel Würze, leichter Rauch, Süße und fruchtige Aromen sorgen hier für einen sehr spannenden Aromenmix.

Zum Abschluss geht mein Dank an die Crew vom Bordershop und die zahlreichen Aussteller, die uns ein wirklich tolles Messewochenende beschert haben. Es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht, nach so langer Zeit mal wieder beim Festival im Bordershop sein zu können und ich freue mich schon darauf, Ende April bei der nächsten Auflage wieder einen Ausflug nach Fehmarn zu machen. Sicherlich werde ich auch da wieder einige Schätzchen entdecken, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Dass vielleicht der Westland Colere schon früher bei mir zu Hause einzieht, möchte ich aber nicht ausschließen. Angeblich sollen in den nächsten Wochen auch einige Flaschen den Weg nach Deutschland finden.

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