Freitag, 4. März 2022

Besuch bei der Nordik Edelbrennerei in Horneburg

Von meinem Wohnort aus ist es nur eine knappe Stunde Fahrt bis ins Alte Land. Trotzdem hatte ich es bis vor einigen Tagen noch nicht geschafft, die Nordik Edelbrennerei in Horneburg zu besuchen. Im vergangenen Jahr hatte ich zwar schon einmal angefragt, ob ein Besuch möglich wäre, zu diesem Zeitpunkt befand sich die Brennerei aber gerade mitten im Umzug von Jork nach Horneburg sowie der damit zusammenhängenden Renovierung der neuen Räumlichkeiten direkt am Horneburger Bahnhof. Vor wenigen Wochen wurde nun Vollzug gemeldet und ich hatte meine Augen schon nach einem passenden Termin aufgehalten. Da kam dann mein Geburtstag, an dem ich laut meiner Frau das komplette Tagesprogramm gestalten durfte, gerade richtig. Am späten Vormittag machten wir uns auf den Weg ins nur wenige Kilometer von Horneburg entfernte Stade mit seiner schönen und gemütlichen Altstadt. Nach einem leckeren Mittagessen stand dann der Besuch der Brennerei auf dem Programm, wo uns Inhaber und Destillateurmeister Arndt Weßel erwartete.


Angekommen in dem kleinen Örtchen in den Elbmarschen war die Brennerei schnell gefunden, ausreichend Parkplätze direkt vor der Tür standen ebenfalls zur Verfügung. Wer aber von Hamburg aus mit der Bahn kommen möchte, der kann mit der S3 oder dem Regionalexpress ab Hauptbahnhof in deutlich weniger als einer Stunde bis direkt vor die Tür der Brennerei durchfahren. Da Arndt Weßel noch andere Gäste hatte, konnten wir die Zeit nutzen, um uns zunächst einmal im rustikal und mit viel Liebe zum Detail eingerichteten Shop umzusehen. Hier steht natürlich nicht nur Whisky im Regal, denn die fassgelagerten Spirituosen machen für Nordik weiterhin nur einen geringen Anteil an Produktion und Umsatz aus. Trotzdem werden sie nicht mit weniger Leidenschaft hergestellt, was im späteren Gespräch mit Arndt Weßel jederzeit spürbar war. Verschiedene Brände, Geiste und Liköre finden sich ebenso im Sortiment wie norddeutsche Klassiker wie Korn, Akvavit oder Eierlikör in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Warum auch mehrere Produkte der Brennerei Wild aus dem Schwarzwald zum Sortiment gehören, wird später aufgelöst.

Arndt Weßel führte uns dann vorbei an der Theke und durch den Gastraum zu den Brennanlagen. Zunächst läuft man hier auf die alte 100l-Brennblase von Kleinschmidt zu, die bis vor Kurzem noch in den alten Räumlichkeiten in Jork zum Einsatz kam, aber schon im Hintergrund kann man die neuen Brennblasen von Arnold Holstein erkennen, die nun für Roh- und Feinbrand eingesetzt werden, letztere mit dem für die Produktion von Whisky typischen Aromahut. Tatsächlich wurde auf der neuen Anlage bisher aber noch kein Whisky produziert, denn zunächst musste bei anderen Produkten für Nachschub gesorgt werden. Am Tag meines Besuches wurde aber vormittags eine Ladung Malz zur Hamburger Brauerei Landgang gebracht, wo dieses eingemaischt wurde. Das Einmaischen wurde in der Vergangenheit immer direkt in der Brennerei vorgenommen, aufgrund der diesmal benötigten großen Menge wurde jedoch ein Partner ins Boot geholt.

Das Getreide für den Whisky wurde bisher über den Großhandel bezogen, wobei für den rauchigen Whisky Malz aus Schottland importiert wurde, für den nicht-rauchigen Whisky stammte dieses bisher aus Deutschland. In Zukunft will Nordik aber noch deutlich mehr auf Regionalität setzen und wird versuchen, das benötigte Getreide nach Möglichkeit aus der Region zu beziehen. Gemeinsam mit einem in der näheren Umgebung ansässigen Landwirt wird auch überlegt, inwiefern man eventuell alte Gerstensorten wieder aufleben lassen kann, um auch diese für die Whiskyproduktion einzusetzen. Definitiv wird es spannend sein, hier die weiteren Entwicklungen zu verfolgen. Ich finde es sehr spannend zu sehen, ob und wie sich verschiedene Getreidesorten auf das spätere Produkt auswirken. Für einen wirklichen Direktvergleich müsste man aber natürlich zunächst auf Whisky aus den neuen Brennblasen warten. Ich würde es sehr spannend finde, wenn in einigen Jahren ein Set auf den Markt kommen würde, in dem jeweils ein Whisky aus Großhandels-Getreide und ein Whisky aus regionaler Gerste mit identischer Fassreifung enthalten wäre.

Im Anschluss durften meine Frau und ich uns das Fasslager im Untergeschoss ansehen, das aktuell jedoch noch nicht voll eingerichtet ist. Knappe 30 Fässer lagen hier bereits, rund 80 Stück befinden sich aktuell noch im alten Fasslager in Jork, welches auch für die Zukunft aufgrund der hervorragenden klimatischen Bedingungen bestehen bleiben soll. Im Lager in Horneburg wird es später auch die Möglichkeit geben, an Tastings teilzunehmen, die dann im Eingangsbereich stattfinden können. Im Fasslager fiel dann auch zum wiederholten Male der Name Wild, denn ein Großteil des Whiskys der Nordik Edelbrennerei reift in Rotweinfässern, die von Wild im Schwarzwald kommen. Die Verbindung zur Familie Wild, zu der ja nicht nur eine Brennerei sondern auch noch ein Weingut gehört, ist sehr eng und freundschaftlich. Früher wurde bei Wild der Rohbrand für Nordik hergestellt, heute erhält Nordik immer noch einen Großteil der Fässer von dort. Das bedeutet aber nicht, dass im Fasslager ausschließlich Weinfässer lagern, denn es gibt hier auch Sherry-, Bourbon- und andere Fässer, so dass es auch immer wieder Nachschub an verschiedenen spannenden Abfüllungen geben kann.

Bei der anschließenden Verkostung musste ich mich natürlich zurückhalten, denn ich musste uns ja noch sicher mit dem Auto zurück nach Hause bringen. An den vier aktuell erhältlichen Whiskys schnuppern und einen winzigen Probierschluck davon nehmen, konnte ich dann aber trotzdem, denn meine Frau hat sich ganz selbstlos dazu bereit erklärt, die Whiskys auszutrinken. In der Regel sind die Whiskys bei Nordik übrigens vier bis fünf Jahre alt, reifen also länger als die vorgeschriebenen drei Jahre im Fass. Den Start machte der Deichrichter aus dem Marsala-Fass, der eine Art Dauerbrenner bei Nordik ist und den Einstieg ins Sortiment darstellt. Mir hat hier vor allem die nussige Note, die in Kombination mit der Süße an Marzipan erinnert, sehr gut gefallen. Für meine Frau war diese Abfüllung auch direkt der Favorit. Es folgte die Abfüllung aus dem Rotweinfass mit fruchtigen Aromen und schönen Kakao-Noten im Abgang. Für den Sherry/Torf kam, wie der Name vermuten lässt, rauchiges Malz zum Einsatz, das allerdings eher dezente Rauchnoten in den Whisky transportiert hat. In Kombination mit der fruchtigen Würze des Sherry-Fasses gefällt mir das aber sehr gut.

Gemeinsam mit der Saline Lüneburg, die bis zu Beginn der 80er Jahre der Salzgewinnung diente, gibt es außerdem eine Sonderabfüllung, die allerdings in der aktuellen Auflage fast ausverkauft ist. Der ungetorfte Whisky aus dem Rotweinfass wird ein Jahr vor Ende der Reifezeit nach Lüneburg gebracht und dort in der Salzmine final gelagert. Ich fand es sehr überraschend, wie groß der Unterschied zwischen den beiden Rotweinfass-Abfüllungen letztlich war. Beim Saline war der schokoladige Abgang fast vollständig verschwunden, dafür kamen ausgeprägte mineralische Noten zum Vorschein. Den salzigen Einfluss kann man erahnen, aber das mag auch daran liegen, dass mir die Geschichte des Whiskys bekannt war. Insgesamt hatten aber alle vier Abfüllungen ihren Reiz. Da es die Abfüllungen von Nordik in der Regel auch in 10cl-Flaschen zu kaufen gibt, musste ich am Ende gar nicht lange überlegen, welchen Whisky ich mitnehme, denn es sind einfach alle vier geworden. Dementsprechend wird man sicherlich auch hier auf Drams United noch einmal ausführlicher über die eine oder andere Abfüllung lesen können.

Zum Abschluss möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Arndt Weßel bedanken, der sich viel Zeit für uns genommen hat. Mit der größeren Brennanlage wird sicherlich in Zukunft auch mehr Whisky zur Verfügung stehen, trotzdem möchte man sich zunächst weiter regional einen Namen machen. Für mehr werden vermutlich auch in den neuen Räumlichkeiten die Kapazitäten gar nicht ausreichen. Falls Arndt Weßel dann irgendwann in den wohlverdienten Ruhestand gehen möchte, dann steht die nächste Generation schon bereit. Seine Tochter Lea hat im Jahr 2020 als eine der jüngsten überhaupt die Ausbildung zur Destillateurin abgeschlossen und ist inzwischen mit in den Betrieb eingestiegen. Wir können uns also auch auf sehr lange Sicht noch auf die Produkte der Nordik Edelbrennerei freuen. Ich werde die Entwicklung und natürlich vorrangig neue Whisky-Abfüllungen sehr genau im Blick behalten. Ich bin mir sehr sicher, dass sich das lohnen wird.

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