Dienstag, 23. September 2025

Besuch bei der Schlitzer Destillerie mit Blending Session (Barrel Stories)

Inzwischen ist es schon zu einer echten Tradition geworden, dass meine Frau und ich im Herbst eine Rundreise durch Deutschland machen, um verschiedene Destillerien, Messen und Events zu besuchen. Auch in diesem Jahr haben wir wieder darauf hingefiebert, dass die Sommerferien zu Ende gehen und somit im September endlich unser längster Urlaub des Jahres beginnt. Von meinen drei freien Wochen verbringe ich in diesem Jahr zwei Wochen gemeinsam mit meiner Frau auf der Tour durch Deutschland. Unser erster Stopp war dabei ein inzwischen schon fast vertrauter Ort, schließlich haben wir die tolle Ferienwohnung in der Hinterburg in Schlitz erst im Frühjahr für ein paar Tage bezogen, als dort das Festival des deutschen Whiskys stattfand. Dort hatten wir mit Kai Hofmann, der sich u.a. um Marketing und Events bei der Brennerei kümmert, vereinbart, dass wir uns im Herbst zu einer Blending Session in der Schlitzer Destillerie wiedertreffen. So machten wir uns an einem schönen Montagmorgen pünktlich um 10:00 Uhr auf den Weg zur Destillerie, um uns dort mit Kai und Florian Susemichel durch die Fässer zu probieren.


Nachdem wir uns kurz noch im Shop der Destillerie umgesehen hatten, ging es dann auf direktem Wege zum neuen Fasslager, das im Hahnekiez liegt, wo auch schon das Festival des deutschen Whiskys stattgefunden hat. Kai berichtete uns von der neuen Serie, in der in unregelmäßigen Abständen besondere Abfüllungen in kleinen Auflagen erscheinen sollen. Die Serie soll den Namen Barrel Stories erhalten und die erste Abfüllung soll ein Triple Wood sein, für den Florian drei verschiedene Fässer ausgewählt hat, bei denen die würzigen Noten des Holzes im Vordergrund stehen sollen. Dieser Whisky soll noch in diesem Jahr erscheinen. Die Fässer, die wir heute auswählen sollten, würden dann für die voraussichtlich zu Beginn des kommenden Jahres erscheinende zweite Ausgabe der Serie verwendet werden. Dabei gab es zunächst keine Vorgaben, in welche Richtung der Whisky gehen soll, wir hatten also freie Hand bei der Auswahl der Fässer.

Die Bandbreite der verschiedenen Fässer im Lager der Schlitzer Destillerie ist riesengroß und beinhaltet sowohl Malt wie auch Grain Whiskys, zum Teil auch aus besonderen Getreidesorten wie Hafer oder Emmer, die man nicht so häufig findet. Aber gerade in Bezug auf die unterschiedlichen Fassarten gibt es wahnsinnig viel zu entdecken, denn neben klassischen Bourbonfässern werden u.a. auch solche verwendet, die zuvor Rot- oder Weißwein, Tequila, rauchigen Islay-Whisky, Rum oder Portwein enthielten. Da die neu zu kreierende Abfüllung im Frühjahr erscheinen soll und in Abhängigkeit von der Batch-Größe vermutlich auch über den Sommer erhältlich sein wird, hatte ich die Idee, dass man ein Rum- oder ein fruchtiges Rotweinfass als Grundlage verwenden könnte, das durch einen älteren Grain aus dem Bourbonfass mit einer feinen Süße ergänzt wird.

Im Fasslager zeigte uns dann Florian zunächst einmal, welche Fässer wo im Lager zu finden sind, bevor wir dann einige spannende Tropfen auswählten, von denen wir Proben aus den Fässern zogen. Obwohl mir manchmal schon bei kleineren Höhen unwohl wird, habe ich todesmutig die kleine fahrbare Leiter erklommen und eine Probe aus einem in dritter Reihe liegenden Rotweinfass geholt. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Aus der weinigen Richtung kamen noch ein Portfass und ein Weißweinfass hinzu, außerdem holten wir u.a. noch ein paar Tropfen aus einem Rumfass sowie aus einem schon fast zehn Jahre alten Bourbonfass. Nach so viel Arbeit musste aber dann natürlich auch endlich probiert und vor allem ausprobiert werden, welche Fässer es letztlich in den Blend schaffen könnten.

Tatsächlich bot das Rotweinfass, bei dem es sich um einen Grain Whisky handelt, tolle Fruchtnoten mit einem leicht tanninigen Abgang, den ich mir sehr gut in Kombination mit einem süßeren Fass vorstellen konnte. Das Portfass war ebenfalls toll, wäre aber in der Kombination mit den anderen Fässern eher untergegangen, weil es fast schon zu elegant war. Der Malt Whisky aus dem Rumfass hingegen, das zuvor Barbados-Rum enthielt, konnte mit seinen tropischen Früchten und seiner ausgeprägten Süße absolut überzeugen. Hätte es diesen Whisky im Shop gegeben, ich hätte ihn sofort gekauft. Überraschend gut harmonierte der Rum aber in unseren Versuchen mit dem Rotwein, so dass wir zwar noch mit anderen Fasskombinationen spielten, am Ende aber immer wieder bei Rotwein und Rum hängenblieben.

Den beiden gewählten Fässern wollten wir aber noch eine gute Grundlage geben und probierten es mit einem Blend mit dem älteren Whisky aus dem Bourbonfass. Dieses hatte für mich aber schon pur eine Richtung eingeschlagen, die zwar spannend ist, aber auch sehr dominant sein kann mit leichtem Menthol-Einschlag, Karamell und vor allem auch schon herber Eiche im Abgang. Dieser Whisky überlagert die anderen beiden Fässer selbst bei einem Mischverhältnis von 2:2:1 noch, so dass wir uns nach einer jüngeren Alternative umsahen, die dann tatsächlich deutlich harmonischer ins Gesamtbild passte. Süße Karamellnoten, Vanille und ein wenig Frucht unterstützen die üppigeren Noten der beiden anderen Fässer sehr gut.

Wie spielten natürlich auch noch mit anderen Fässern und Kombinationen und stellten fest, dass gleich mehrere Varianten mit einem gewissen Anteil an einem Whisky aus einem medizinisch-rauchigen Islay-Fass sehr gut funktionierten. Dies ist allerdings eher für die dritte Abfüllung der Serie eine Option, weil zum Beispiel eine Kombination aus diesem Fass mit Port, Rum oder Rotwein eher in die herbstliche Zeit passt. Hier hätte die sommerliche Frische gefehlt, die wir uns für die zweite Ausgabe gewünscht haben. Das Weißweinfass übrigens hat sich in keine der Kombinationen gut eingefügt, weil es einfach zu dominant gewesen wäre. Allerdings ist dieses Fass für sich allein gesehen grandios, so dass ich hoffe, dass es diesen Whisky irgendwann als Einzelfassabfüllung geben wird. Wenn ich Florians Gesichtsausdruck beim Probieren richtig gedeutet habe, dann ist die Chance darauf ziemlich groß.

So landeten wir am Ende bei einer etwas ungewöhnlichen Kombination aus einem Grain Whisky aus dem Rotweinfass sowie zwei Malt Whiskys aus dem Rum- bzw. Bourbonfass. Bei der Alkoholstärke haben wir ein paar Varianten zwischen echter Fassstärke und 48% ausprobiert, am Ende wird des optimale Ergebnis vermutlich bei 53 bis 57% liegen, das wird aber erst kurz vor der Abfüllung final festgelegt. Meine Vorfreude auf den ersten Blended Whisky, an dem ich ganz aktiv mitarbeiten durfte, ist aber in jedem Falle riesengroß. Auch für das Label haben wir schon über verschiedene Ideen philosophiert, auch hier bin ich sehr auf das finale Ergebnis gespannt. Für den Moment gilt es nun aber erst einmal, noch etwas Geduld zu haben, denn guter Whisky braucht natürlich Zeit.

Bei einem gemeinsamen Essen (in Schlitz kostet ein Dönerteller tatsächlich nur EUR 9,50) ließen wir den Tag noch einmal Revue passieren und sprachen die nächsten Schritte ab. Bevor meine Frau und ich uns dann auf den Rückweg in unsere Wohnung in der Hinterburg machten, probierten wir noch gemeinsam den aktuellen Blended Whisky der Schlitzer Destillerie, der von Florian kreiert wurde. Diesen werde ich aber auch noch einmal in Ruhe und ohne Einfluss eines Dönertellers zu Hause probieren, so dass ich den Whisky dann auch hier ganz ausführlich vorstellen kann. Unser ganz herzlicher Dank geht an Kai und Florian für die Einladung in die Destillerie und die Möglichkeit, an einer echten Abfüllung mitzuarbeiten. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht bei Euch!

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