Auf unserer Rundreise durch Deutschland führte uns unser Weg für den zweiten Stopp über die hessisch-bayrische Landesgrenze, denn unsere nächste Unterkunft lag in Mömbris in der Nähe von Aschaffenburg. Unser eigentliches Ziel waren allerdings die Dörsthöfe im benachbarten Alzenau, wo Severin Simon gemeinsam mit seiner Frau Susanne Simon´s Feinbrennerei betreibt. Unsere Anreise war relativ kurz, schließlich liegt Schlitz, wo wir zuvor die Schlitzer Destillerie besucht haben, nur eine gute Autostunde entfernt. So konnten wir ganz gemütlich Richtung Süden fahren und wurden am frühen Nachmittag schon auf dem Hof, auf dem in der verpachteten Gastronomie an diesem Tag zeitgleich auch eine Einschulungsparty stattfand, von Severin begrüßt.
Wir hatten nicht das beste Wetter für unseren Besuch erwischt, aber als wir ankamen, war es gerade relativ freundlich, so dass wir mit Severin zunächst ein paar Meter über den Hof gingen, um kurz am Weinberg und der Streuobstwiese Halt zu machen. Hier erzählte uns Severin zunächst ein wenig zur Geschichte des Hofs und seiner eigenen Philosophie. Tatsächlich haben sich schon vor mehreren hundert Jahren die ersten Menschen an den heutigen Dörsthöfen angesiedelt, wie verschiedene historische Funde belegen. Aber auch Severins Familie betreibt den Hof inzwischen schon seit über 200 Jahren, wobei sich immer wieder unterschiedliche Schwerpunkte herauskristallisiert haben, die von Wein über Holz und Obst bis zur Brennerei reichen.
Bevor Severin den Hof übernommen hat, lag der Schwerpunkt zuletzt auf Wein, aber für ihn war schon sehr früh klar, dass der Weinanbau nicht ausgebaut werden sollte. Das hatte verschiedene Gründe, aber natürlich spielt auch hier der Klimawandel eine große Rolle. Stattdessen wollte sich Severin mehr auf die Brennerei fokussieren, in der in der Vergangenheit auch schon diverse Brände hergestellt wurden. Allerdings sollten es für die Zukunft nicht ausschließlich Obst-, Getreide- oder Weinbrände sein, sondern Severin hat schon früh gefallen an fassgelagerten Spirituosen wie Whisky und Rum gefunden. Besonders Rum ist schon lange eine Leidenschaft, seitdem er mit 20 Jahren auf einer Reise das Getränk kennen- und schätzen gelernt hat.
So hat Severin auch schon versucht, auf den eigenen Feldern Zuckerrohr anzubauen. Aufgrund der steigenden Temperaturen auch in Deutschland ist der Anbau inzwischen tatsächlich möglich, aber da es nachts oft noch zu kalt wird mit weniger als 15 Grad im Sommer, bildet das Zuckerrohr keinen Zucker. So wird der Rohstoff inzwischen direkt aus Südamerika importiert, wenn der Frachtsegler Avontuur noch freie Ladekapazitäten auf dem Rückweg nach Europa hat. So bekommt Severin nicht nur erstklassige Rohstoffe, sondern arbeitet hier wie auf dem gesamten Hof sehr nachhaltig.
Gleiches gilt dann auch für die Brennblase der Firma Holstein, die vor rund 15 Jahren für die neuen Schwerpunktprodukte angeschafft wurde. Diese wird nämlich ganz klassisch mit Holz beheizt, was man ansonsten so gut wie gar nicht in Deutschland sieht. Um eine konstante Temperatur zu erhalten, wird die 300 Liter fassende Brennblase mit 350 Litern Kühlwasser betrieben. Diese Entscheidung wurde ganz bewusst getroffen, weil es die ressourcenschonendste Methode ist, denn das Holz stammt aus dem eigenen Wald. Außerdem ist die Brennerei dadurch unabhängig von steigenden Gas- oder Ölpreisen. Der erste New Make für den eigenen Whisky floss dann im Jahr 2012 aus der Brennblase. Eines der seinerzeit befüllten Fässer liegt heute noch im Fasslager.
Dieses wurde vor einiger Zeit erweitert bzw. verlagert, denn der ursprüngliche Raum wurde deutlich zu klein und war den Temperaturschwankungen zu sehr ausgesetzt. Das kann zwar ein gutes Mittel sein, um viel Austausch mit dem Fass zu erhalten, allerdings sorgt das natürlich auch für einen sehr hohen Angels Share. Im umgebauten Silo ist das nicht der Fall, denn ein Großteil der Lagerfläche liegt sehr tief mit deutlich geringeren Temperaturunterschieden. Natürlich durften wir auch hier einen Blick riskieren und glücklicherweise auch den einen oder anderen Schluck aus den Fässern probieren. Wobei das Probieren leider hauptsächlich meiner Frau vorbehalten war, ich musste noch fahren und durfte deshalb nur schnuppern und winzige Tröpfchen genießen.
Gleich zum Start holte Severin einen echten Kracher aus dem Fass! Ein Single Malt, der zum Teil in einem PX Cask vorgelagert war, holte sich gerade sein Finish in einem Amarone Cask ab. Ich hoffe, ich bekomme es rechtzeitig mit, wenn diese Kombination abgefüllt wird, denn diese Mischung aus verschiedenen Fruchtaromen, viel Süße, etwas Würze und Honig ist wirklich toll. Danach gab es aber auch noch verschiedene Rauchvarianten ins Glas, wobei wir mit über Eichenrauch getrockneter Gerste im Bourbon Cask starteten, bevor es dann einen Whisky mit Buchenrauch aus dem PX Cask gab. Diese Kombination finde ich ja ohnehin immer besonders spannend, weil ich den Mix aus speckigen Aromen und dunklen Früchten mag.
Auch Torfrauch darf natürlich nicht fehlen, aber anders als bei vielen anderen deutschen Brennereien kommt das Malz dafür nicht aus Schottland oder gar Belgien, sondern Severin arbeitet mit einer kleinen Mälzerei in der bayrischen Rhön zusammen, die seine Gerste mit Torfrauch aus der Region trocknen kann. Das daraus entstandene Destillat lagert in einem Walnussfass, was schon nach nur einem Jahr viel Holz an den zukünftigen Whisky abgegeben hat. Das war Severin aber bewusst und dieses Risiko ist er bewusst eingegangen, weil er es spannend findet, mit verschiedenen Hölzern, Vorbelegungen und Destillaten zu spielen. Sicherlich wird der torfige Whisky aber nicht mehr allzu lange im Walnussfass bleiben, sondern in ein etwas gemäßigteres Fass umziehen.
Zum Abschluss gab es dann noch zwei Brandys, die natürlich auch zum Portfolio der Brennerei gehören und die ebenfalls sehr spannend sind. Zunächst probierten wir die klassische Mischung mit Vorlagerung im Weinfass und Finish im Rum Cask. Das macht in Fassstärke richtig viel Spaß, weiß aber auch in Trinkstärke, die wir später noch im Shop bei Severins Frau Susanne probieren durften, zu gefallen. Den Abschluss im Fasslager bildete dann ein Brandy aus dem Tabasco Cask. Das ist erst relativ süß am Gaumen, aber kurz danach kommt die deutliche Schärfe zum Vorschein. Severin kann sich sehr gut vorstellen, dass der fertige Brandy später zum Beispiel für Food Pairings sehr gut eingesetzt werden könnte. Um sich einen ganzen Abend daran festzuhalten, hat der Brandy dann aber doch zu viel Schärfe.
Im Shop der Destillerie bei Susanne hat sich meine Frau dann noch einen süßen Weißwein ausgesucht, der ihr beim Probieren sehr gefallen hat, aber auch die neueste Abfüllung aus der Whisky is Art-Reihe landete am Ende im Kofferraum. Dass wir auch an dem Brandy nicht vorbeikamen, hat vermutlich schon der letzte Absatz gezeigt. Uns hat der Besuch auf dem Hof und der Destillerie jedenfalls sehr viel Spaß gemacht und wir haben sehr spannende Einblicke bekommen. Unser Dank geht deshalb an Severin, der sich wirklich viel Zeit für uns genommen hat, und seine Frau. Wenn wir mal wieder in der Nähe sind, gucken wir sicherlich mal wieder im Hofladen vorbei, denn da findet sich immer ein toller Tropfen.









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