Mittwoch, 18. September 2019

Besuch bei der Creag Dearg Distillery auf Helgoland

Das Schaffen von Thomas Wüppermann verfolge ich nun schon seit ein paar Jahren. Zunächst ist er meiner Frau und mir durch seine extrem leckeren Whisky-Trüffel aufgefallen, die es auch heute noch bei ihm auf Helgoland zu kaufen gibt. Vor ziemlich genau zwei Jahren konnte er mich mit einem tollen Helgoländer Whisky-Bier überzeugen, dass er mit getorfter Gerste aus Schottland gebraut hat. Da war der nächste Schritt dann recht naheliegend, so dass schnell die Idee aufkam, eine eigene Destillerie auf Deutschlands einziger Hochseeinsel zu eröffnen. Nachdem es beim ersten Versuch im alten Ladengeschäft im Unterland einige Anlaufschwierigkeiten gab, hat Wüppi inzwischen im Oberland ein neues Zuhause gefunden. Dort hat er im Sommer die Creag Dearg Distillery eröffnet, die noch in diesem Jahr die Arbeit aufnehmen soll, wenn die letzten Formalitäten mit den Behörden erledigt sind.

Das große Ziel der Creag Dearg Distillery ist es, definitiv im Jahr 2022 den ersten Single Malt abzufüllen. Das bedeutet in der logischen Folge, dass bis zum Jahresende das erste Destillat aus den Brennblasen laufen muss und anschließend der erste New Make ins Fass kommt. Dafür fehlen nur noch wenige Schritte, denn grundsätzlich wäre man startklar. Eine letzte Abnahme durch den TÜV fehlt noch, anschließend müssen die entsprechenden Unterlagen bei den Behörden eingereicht werden. Hierfür hat Creag Dearg noch bis zum 29. September 2019 Zeit, die Voraussetzungen werden aber schon deutlich früher erfüllt sein. Sobald dann das letzte OK vorliegt, wird die Produktion starten.

Um die Zeit bis dahin zu überbrücken ist Wüppi natürlich nicht untätig. Weiterhin gibt es direkt in der Destillerie die tollen Schokoladen und die überragenden Whisky-Trüffel, darüber hinaus experimentiert er aber bereits mit Nachreifungen in eigenen Fässern und mit eigenen Blends. Direkt im Laden steht ein kleines 5l-Fass mit einem eigenen Blend, außerdem ist aktuell ein Blended Scotch Malt Whisky aus acht verschiedenen Destillerien in Trinkstärke mit 45% erhältlich. Welche das sind, wird leider nicht verraten, aber ein Sample, um mir ein eigenes Bild zu machen, habe ich neben mir stehen. Vor allem, da Wüppi selbst gar keinen Alkohol trinkt, sondern sowohl beim Blenden wie bei der Herstellung seiner Pralinen ausschließlich mit seiner Nase arbeitet, bin ich auf diesen Tropfen sehr gespannt.

In der Nase wirkt der Whisky zunächst recht mild mit viel Vanille, Honig und Karamell. Dazu kommt ein leichtes Raucharoma, das sich mit der Zeit mit immer mehr Fruchtaromen mischt, wobei vorrangig Apfel, Birne und Aprikose zu erkennen sind. Am Gaumen hat man kurz das Gefühl, einen sehr zuckrigen Apfelsaft zu trinken, allerdings kommen dann die rauchigen Noten mit ins Spiel. Auch hier sind wieder viel Vanille und Honig zu finden. Im vergleichsweise langen Abgang tauchen dann schärfere Elemente wie Pfeffer und Ingwer auf, allerdings sind auch hier wieder Apfel, Honig und Rauch am präsentesten.

Insgesamt ist es das Ziel der Destillerie, monatlich rund zehn Fässer zu befüllen. Dabei soll aber nicht nur Whisky produziert werden, sondern es wird auch Rum, Gin und Edelbrände geben. Ungefähr fünf bis sechs der monatlich zu befüllenden Fässer sollen Whisky enthalten, die anderen Fässer sind für die übrigen Spirituosen reserviert, denn auch Gin und Edelbrände sollen eine Fasslagerung erhalten. Das hat letztlich für die Destillerie den großen Vorteil, dass man eben nicht nur Whisky aus Sherry-, Port-, Rum- und Ex-Islay-Fässern anbieten kann, sondern auch mit Ginfässern und Fässern, die vorher beispielsweise Apfel- und Maulbeerbrand enthielten, experimentieren kann. Dass dabei nicht jede Fassreifung ein Erfolg wird, davon geht Wüppi schon fast sicher aus. Für diese Fälle wird es direkt in der Destillerie ein lebendes Fass geben, in das alle nicht gänzlich gelungenen Projekte umgefüllt werden. Hieraus können Gäste der Destillerie ständig probieren. Und wer weiß, vielleicht ergibt sich in der Mischung ja dann doch ein spannender Whisky.

Aktuell ist geplant, drei verschieden stark getorfte Gersten zu nutzen. Neben einer schwach und einer mäßig getorften Gerste soll eine stark getorfte Variante zum Einsatz kommen, die größtenteils für die Reifung im Ex-Islay-Fass vorgesehen ist. Die Fässer werden zunächst vorrangig im Keller unter der Destillerie lagern, es gibt aber auch zahlreiche Ideen, welche Orte zusätzlich genutzt werden könnten. So gibt es bereits eine Absprache mit der MS Helgoland, die täglich zwischen Cuxhaven und Helgoland fährt, dass an Bord ein Fass für einen gewissen Zeitraum gelagert werden kann. Auch mit RWE wird verhandelt, um Fässer im Offshore-Park vor Helgoland unterzubringen - entweder im Sockel oder sogar auf der Plattform in luftiger Höhe der Windräder. Neben einem Lagerplatz in Friedrichshafen gibt es außerdem auch direkt auf der Insel Höhlen, die nur bei Ebbe zugänglich sind. Man sieht also schon, der Fantasie und Experimentierfreude sind bei Creag Dearg keine Grenzen gesetzt. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, sollen alle Whiskys später in Fassstärke abgefüllt werden, was mir ausgesprochen gut gefällt.


Die Kreativität beschränkt sich aber nicht nur auf den Whisky, auch beim Gin gibt es bereits zahlreiche Ideen, wie dieser an den Mann bzw. an die Frau gebracht werden soll. Zwar wird es im Laden eine Hausabfüllung geben, die sicherlich einen großen Wacholdereinfluss haben wird, allerdings sind auch große Abfüllbehälter im Laden geplant, an denen man sich seinen Wunsch-Gin direkt vor Ort zusammenstellen kann. Neben der stark Wacholder-lastigen Variante soll zum Beispiel ein Gin auf Basis von Zimt und verschiedenen Hölzern sowie ein Gin mit Zitrusfrüchten zur Verfügung stehen. Um dann auch noch den Bezug zur Insel Helgoland herzustellen, gibt es auch die Idee, auf nur auf der Insel zu findende Produkte zu setzen. So könnten zum Beispiel der ausschließlich auf Helgoland wachsende Klippenrandkohl oder die Früchte des großen Maulbeerbaums der Insel zum Einsatz kommen.

Man merkt also schon, dass Wüppi mit seinem Team einiges vorhat mit der Destillerie. Zusätzlich zu den flüssigen Produkten wird es auch weiterhin das jährliche Whisky-Festival auf der Insel geben, in das die Destillerie zukünftig deutlich stärker einbezogen werden soll. Außerdem wird es im Fasslager im Keller auch einen Raum mit Sitzmöglichkeiten geben, in dem man Fassproben aus bestimmten Fässern verkosten kann, die man selbst aus den Fässern zieht. Als weiteres Element mit Event-Charakter wird es zudem Destillier-Seminare geben, in denen die Teilnehmer auf sehr kleinen Anlagen selbst brennen und das Destillat anschließend mit nach Hause nehmen können. Da natürlich niemand sein Augenlicht verlieren soll, werden die Destillate, die eventuell sogar in kleinen 1l-Fässern herausgegeben werden, genauso wie alle von Wüppi gebrannten Produkte vor Nutzung im unabhängigen Labor auf Unbedenklichkeit geprüft.


Es gibt also ausreichend zu tun und sogar noch mehr Ideen in der neuen Kreativzelle auf Helgoland. Ich freue mich auf jeden Fall sehr darüber, den Weg der Destillerie von Anfang an mitverfolgen zu können. Bei jedem meiner Besuche auf Helgoland wird es sicherlich wieder einen weiteren Fortschritt zu sehen und zu schmecken geben. Denn dass ich auch regelmäßig die verschiedenen Produkte in der Destillerie probieren werde, steht außer Frage. Dir und Deinem Team, lieber Wüppi, wünsche ich auf jeden Fall ganz viel Erfolg bei diesem extrem spannenden Projekt!

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