Sonntag, 11. Oktober 2020

Besuch bei der Sauerländer Edelbrennerei (mit Mc Raven / Thousand Mountains)

Ein letzter Stopp blieb meiner Frau und mir noch, bevor unsere elftägige Rundreise durch Deutschland schon wieder zu Ende gehen sollte. Einquartiert haben wir uns im Romantikhotel Knippschild in Kallenhardt, einem Ortsteil von Rüthen im Sauerland. Und hier muss ich gleich vorwegnehmen, dass dieses Hotel und das angeschlossene Restaurant absolute Empfehlungen sind! Toller Service, gemütliche Zimmer und eine hervorragende Küche lassen uns auf jeden Fall wieder hier einkehren. Wir waren im Nachgang sehr froh, dass wir hier gleich drei Nächte verbracht haben, obwohl der kleine Ort ansonsten relativ wenig zu bieten hat. Ein zweites Highlight gibt es aber noch in Kallenhardt, denn nur wenige Gehminuten entfernt - wahlweise mit Abkürzung über den Friedhof - befindet sich die Sauerländer Edelbrennerei. Der Besuch dort war wirklich ein gelungener Abschluss für unseren Urlaub. Nicht nur gibt es dort ein sehr sympathisches Team, es gibt hier auch wirklich tolle Produkte, die sich nicht nur auf Whisky beschränken.

Bereits am Sonntag sind wir von Oberhausen aus nach Kallenhardt gefahren, obwohl wir erst am Dienstag unseren Besuchstermin in der Brennerei hatten. So konnten wir aber einer weiteren Fahrt über die vollgestopften Autobahnen im Pott an einem Werktag entgehen. Nach unserer Ankunft im Hotel konnte ich meine Frau zu einem kurzen Spaziergang durch den Ort überreden, was im Nachhinein ein Glücksfalls war. Auf unserem Weg wollten wir nämlich auch schon einmal einen ersten Blick auf die Brennerei werfen. Als wir ganz frech durch die Fenster guckten, ging plötzlich die Tür auf und wir wurden spontan hereingebeten. Es wurde gerade Whisky gebrannt und wir bekamen die Möglichkeit, uns das Ganze einmal aus nächster Nähe anzusehen. Damit hatten wir nicht gerechnet, haben uns aber natürlich sehr über diese Möglichkeit gefreut. Schließlich habe ich zwar inzwischen schon recht viele deutsche Destillerien gesehen, war aber noch nie beim tatsächlichen Brennvorgang dabei. Das hier dann so hautnah und exklusiv zu erleben, hat mich tatsächlich begeistert und fasziniert.

Wir lernten bei dieser Gelegenheit, dass in der Regel montags Würze von der Herforder Brauerei angeliefert wird, die diese nach Rezept der Sauerländer Edelbrennerei herstellt. Die Würze kommt dann in die zwei Maischebottiche aus Edelstahl, damit dann ab Donnerstag Abend bis Sonntag gebrannt werden kann. Ein Durchlauf nimmt dabei gute vier bis fünf Stunden in Anspruch. Wir hatten das Glück, genau den Moment abgepasst zu haben, in dem ein Brennvorgang beendet wurde, so dass die Brennblase gespült und anschließend mit frischer Maische neu befüllt werden musste. Vor- und Nachlauf werden dabei halbautomatisch abgetrennt und in großen Bottichen gesammelt, um später vom Zoll abgenommen und in dessen Anwesenheit entsorgt zu werden. Danach war auch noch ein kurzer Rundgang durch die Brennerei drin, bei dem wir bei der Abfüllanlage eine absolute Produktneuheit fanden. Der HerGINg ist ein gemeinsam mit Johannes Lafer entwickelter Gin aus dem Heringsfass, der mir, der ich eigentlich nicht besonders gerne Gin trinke, wirklich gut gefallen hat.

Außerdem durften wir, bevor wir zu Kaffee und Kuchen ins Hotel zurück mussten, die Alte Mirabelle probieren. Dieser Brand wurde vor gut zehn Jahren irgendwo im Lager vergessen und tauchte jetzt wieder auf. Nach einer finalen Lagerung im Maronenfass wurde dieser tolle Tropfen nun abgefüllt. Für mich ist das ein flüssiger Dominostein mit fruchtigen Aromen, einer leichten Marzipannote und sogar etwas Würze wie im Lebkuchen. Man kann sich ziemlich sicher sein, dass es eine solche Abfüllung kein zweites Mal geben wird. Ich musste mir davon natürlich vor Abreise noch eine Flasche sichern. Das sollte es dann aber für den Sonntag gewesen sein, schließlich wollten wir auch nicht zu sehr auf unseren eigentlichen Besuch am Dienstag vorgreifen. Hier waren wir nämlich mit Thomas Lesniowski, einem der drei Geschäftsführer und zuständig vorrangig für Marketing und Vertrieb, verabredet, der sich auch noch einmal sehr ausführlich Zeit für uns genommen hat.

Auch hier gab es an der tollen Bar direkt neben den verschiedenen Brennblasen zunächst einmal ein paar spannende Brände ins Glas. Nachdem wir noch einmal mit der Alten Mirabelle starten durften, gab es anschließend Möhren-, Zuckerrüben- und Heubrand ins Glas. Alle drei Brände sind sehr ungewöhnlich, aber gerade dadurch extrem spannend. Vor allem den Möhrenbrand mochte ich sehr gern. Nebenbei ging es aber natürlich auch immer wieder um die Herstellung der verschiedenen Spirituosen. Da lag es natürlich nahe, auch über die verschiedenen Brennblasen im Raum zu sprechen. Zunächst gab es dort die ursprüngliche Anlage, auf der auch die ersten Schritte noch in einer Doppelgarage im Ort gemacht wurden. Als man diese damals kaufen wollte, musste man erst einmal lernen, dass man nicht "einfach so" loslegen darf. Ohne Brennlizenz darf man in Deutschland keinen Alkohol brennen. Diese aber zu bekommen, war gar nicht so einfach. Im Jahr 2000 erhielt man dann aber die Verschlussbrennrechte, was es bis dahin in Nordrhein-Westfalen nicht gab. Gründer Ulrich Wolfkühler, den wir ebenfalls kennenlernen durften und der nebenbei bemerkt extrem sympathisch ist, erstritt sich aber die in Teilen Ostdeutschlands bereits üblichen Rechte nach diesem Verfahren, so dass man nach etwas Wartezeit endlich loslegen konnte.

Schon damals entstand auch die Idee, neben den Bränden auch Whisky herzustellen. Dass für die Fasslagerung aber die Doppelgarage nicht ausreichen würde, wurde sehr schnell klar. Dementsprechend kaufte man ein schon längere Zeit stillgelegtes Sägewerk im Ort und baute dieses innerhalb von zwei Jahren zur Destillerie um. Einige Elemente sind auch heute noch im Original erhalten, so dass man einen tollen Kontrast zwischen Vergangenheit und moderner Technik und der Kunst von Otmar Alt erhält, der allgegenwärtig ist, schließlich gestaltet er auch die Labels der verschiedenen Brände. Mit der Zeit kam dann aber noch eine größere Brennblase hinzu, später dann auch noch eine Brennblase in Kombination mit einer Column Still, worauf ausschließlich Whisky gebrannt wird. Jetzt wollten wir aber natürlich auch wissen, wie denn die Ergebnisse sind, die aus dieser Anlage für den Whisky fließen. Den fruchtig-nussigen New Make durften wir später noch probieren, vorher ging es aber erst einmal in das nur wenige Schritte entfernte Warehouse. Auf dem Weg dorthin durften wir auch noch einen Blick auf die weiteren Anlagen, die u.a. auch für die Verarbeitung von Obst vorgesehen sind, werfen. Auf dem Hof warteten außerdem einige Fässer auf ihre Befüllung. Diese stammen zu einem guten Teil von Heaven Hill, die man vor einiger Zeit besucht und gute Beziehungen dorthin aufgebaut hat. Die ebenfalls häufig verwendeten Rotweinfässer stammen aus Südeuropa, da die deutschen Winzer keine gleichbleibend hohe Qualität in ausreichender Menge zur Verfügung stellen können.

Das Fasslager wirkte dann wie ein kleines Paradies, in dessen Mitte zwei gemütliche Sessel aufgestellt waren. Kurzerhand öffnete Thomas mehrere Fässer für uns, damit wir einen Eindruck der Bandbreite bekommen konnten. Besonders überzeugen konnte mich eine noch recht junge Bourbonfassreifung, die bereits enorm viele Aromen entwickelt hatte. Auch ein Sherry- und ein Rotweinfass boten tolle Aromen, präsentierten sich aber natürlich ganz anders als das Bourbonfass. Das zeigt schon, wie viel Potenzial und was für eine Bandbreite hier lagert. Da werden uns in Zukunft sicherlich noch einige tolle Tropfen erwarten! Insgesamt könnte man im Fasslager rund 600 Fässer unterbringen, diese Menge ist aber noch nicht voll ausgeschöpft. Ob das aber überhaupt passieren soll, ist auch fraglich, da man auch nicht das Risiko eingehen möchte, dass die Last auf die Fässer zu groß wird und ein Fass zerstört wird.

Zurück an der Bar durften wir dann noch die beiden aktuellen Abfüllungen vom Mc Raven probieren. Diese reifen zunächst ein Jahr im Rotweinfass und werden dann in Bourbonfässer umgelagert. Abgefüllt wird einmal in Trinkstärke mit 46,2% und einmal in der jeweiligen Fassstärke. Beide Abfüllungen bieten eine schöne Mischung aus dunklen Früchten, einer tollen Würze und viel Schokolade. Letztere kommt besonders bei der fassstarken Variante extrem gut zur Geltung. Sehr wahrscheinlich wird es in diesem Jahr noch eine Sonderabfüllung geben, zu der Thomas aber noch nichts verraten wollte. Ich hoffe aber sehr darauf, dass ich auch hier einmal die Möglichkeit bekomme, zu probieren, denn die beiden aktuellen Abfüllungen haben mir schon sehr zugesagt.

Natürlich konnte Thomas uns aber nicht ohne einen süßen Nachtisch gehen lassen. Da ich großer Fan von Haselnuss-Spirituosen bin, durfte ich zunächst diese probieren. Da hier etwas Zucker zugesetzt werden muss, darf die Haselnuss eben nicht als Brand verkauft werden. Noch süßer wurde es dann mit einem Gewürzapfel- und einem Weinberg-Pfirsich-Likör, die beide ebenfalls sehr lecker waren, mir persönlich aber zu süß. Der Gewürzapfel kam trotzdem mit in den Rucksack, weil er besonders meiner Frau extrem gut gefallen hat und besonders gut in die schon bald anstehende Vorweihnachtszeit passt. Aufgefüllt mit etwas Sekt kann ich mir das tatsächlich ganz gut vorstellen. Da Thomas später zur Elternversammlung des Kindergartens musste und wir auch einen Tisch fürs Abendessen reserviert hatten, ging unser Besuch dann zu Ende. Uns hat es wirklich sehr gut gefallen und meine Frau und ich bedanken uns ganz herzlich bei allen Beteiligten, die uns so viel gezeigt und erklärt haben. Aktuell wird an einem Anbau gearbeitet, in dem auch größere Veranstaltungen stattfinden können. Wenn dieser im Laufe des nächsten Jahres eröffnet wird und dort ein erstes Event stattfindet, machen wir uns gerne wieder auf den Weg nach Kallenhardt. Eine gute Unterkunft haben wir dort ja bereits gefunden.

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