Unseren diesjährigen Sommerurlaub haben meine Frau und ich bei uns zu Hause in der Region verbracht. Neben einer entspannten Woche auf Helgoland stand unter anderem auch ein Kurzausflug nach Flensburg an. Und was liegt da für einen Whisky-Nerd und Fan deutscher Whiskys näher, als einen Abstecher ins nahegelegene Dollerup zu machen, wo die Dolleruper Destille seit einigen Jahren neben diversen anderen Bränden, Geisten, Likören, Gin und Rum auch Whisky produziert. Darüber hinaus wird bei einer befreundeten Brauerei nach dem Rezept der beiden Geschäftsführer Werner Sauer und Dr. Axel Hartwig, die beide aus dem Brauwesen stammen, das Bio-Bier Urstrom gebraut, das es in drei verschiedenen Varianten gibt. Bei strahlendem Sonnenschein, was für uns hier im Norden nicht selbstverständlich ist, wurden wir von Paul Hahlbohm, der seit einigen Monaten für die Dolleruper Destille tätig ist und den ich bereits von der Kieler Whiskymesse kannte, empfangen. Neben einem kleinen Rundgang mit zahlreichen Hintergrundinformationen zur Brennerei stand natürlich auch eine Kostprobe der verschiedenen Produkte auf dem Plan. Zum Abschluss gab es eine kleine Premiere, denn zum ersten Mal hat meine Frau bei einem Brennereibesuch mehr Geld ausgegeben als ich.
Sonntag, 11. Juli 2021
Besuch bei der Dolleruper Destille inkl. Flight durch die aktuelle Whisky-Range (Molt Whisky, Corn Whisky, Whisky Blend)
Nachdem wir einen ersten kurzen Blick in den Shop geworfen hatten, führte uns Paul zunächst einmal zur Brennanlage. Zum Einsatz kommt hier eine Brennblase mit aufgesetzter Kolonne, deren Böden nach Bedarf zu- oder abgeschaltet werden können. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es keine großen Unterschiede gibt, wenn nicht alle Böden genutzt werden, so dass beim Whisky alle Böden zum Einsatz kommen. Ein Großteil der Produkte hat Bio-Qualität und trägt dementsprechend auch das dazugehörige Siegel. Das ist beim Whisky nicht immer der Fall, aber zumindest der Five trägt dieses Siegel ebenfalls. Die Corona-Krise hat der Destille übrigens merklich zugesetzt und es wurde lange Zeit kurzgearbeitet. Schließlich kann man keine Produkte verkaufen, wenn man keine Gäste empfangen darf. Wenn dann die Läger erst einmal voll sind, macht es wenig Sinn, weiter zu produzieren. Als aber im vergangenen Jahr die Desinfektionsmittel knapp wurden, wurde die Brennanlage hierfür genutzt. Den gesetzlichen Vorgaben entsprechend wurde die Produktion von einem Apotheker begleitet. Inzwischen wird aber in Dollerup wieder wie vor der Pandemie fast täglich gebrannt.
Im Mittelpunkt des Nachmittags sollten aber natürlich die eigentlichen Produkte stehen. So machten wir zwar noch kurz Station im Lager und bei den übrigen Anlagen, danach ging es aber in den ersten Stock, wo in gemütlicher Runde Tastings stattfinden können. Dabei hat man einen tollen Rundumblick auf die Brennanlage und den Shop. Den einen oder anderen Tropfen konnten meine Frau und ich hier probieren, wir bekamen aber von allen aktuellen Abfüllungen auch ein paar cl mit nach Hause, so dass ich an dieser Stelle meine Eindrücke aus heimischer Atmosphäre schildern kann. Den Beginn macht der Whisky Blend, dessen Name etwas irreführend ist, denn er besteht aus unterschiedlich gedarrten Malzen und wurde in verschiedenen kleinen Fässern gelagert, natürlich kommen aber alle Inhalte von der Dolleruper Destille. Dabei stellt dieser Blend einen Querschnitt durch das Whisky-Sortiment der Dolleruper Destille dar. In der Nase wechseln sich hier malzige, getreidige Noten und fruchtige Birnenaromen ab. Im Hintergrund erkenne ich eine Mischung aus Heu und leichtem Rauch. Geschmacklich geht es ganz ähnlich zu, wobei die Getreidenoten nun etwas stärker zum Vorschein kommen. Auch der Rauch hat mehr Raum und wird von etwas Eiche und Menthol unterstützt.
Danach kommt eine absolute Neuheit ins Glas, die aktuell noch gar nicht im Handel erhältlich ist. Der Dolleruper Molt Roggenwhisky reifte drei Jahre in Virgin Oak. Das hat für einen Mix aus frischem Roggenbrot, Rosinen und viel Honigsüße in der Nase gesorgt, was am Gaumen dann noch durch etwas Milchkaffee, dunkle Schokolade und Eichennoten ergänzt wird. Roggen- und Kaffeefans dürfen sich hier gleichermaßen angesprochen fühlen. Bevor wir dann zu den Single Malts kommen, folgt noch ein Corn Whisky, der aber eine etwas ungewöhnliche Reifung erfahren durfte, schließlich verbrachte er etwas mehr als drei Jahre im Kirschweinfass - wie immer bei der Dolleruper Destillerie im nicht weit entfernten Kappeln an der Schlei. Ich glaube nicht, dass mir diese sehr spannende Kombination schon einmal untergekommen ist. In der Nase wirkt der Whisky süß und floral, wobei das Kirschweinfass eindeutige Spuren hinterlassen und dem Whisky ein spannendes Kirschlolli-Aroma mitgegeben hat, das sich leicht mit etwas Marzipan vermischt. Die Kirsche wird dann am Gaumen sogar noch intensiver, nun aber begleitet von etwas Eiche und Kaffee. Dieser Tropfen konnte mich schon vor Ort begeistern und gefällt mir auch zu Hause noch immer richtig gut.
Es folgen die drei ungetorften Malt Whiskys, von denen ich mir zuerst den Typ SPX einschenke, der nach der Lagerung in französischer Eiche ein Finish im Pedro Ximenez Fass erhalten hat. Neben sehr viel Vanille und hellen Früchten kommt bei mir hier vielleicht sogar etwas zu viel Eiche in der Nase an. Mit etwas Zeit kommt vor allem die Vanille immer mehr zum Vorschein und wird von einer tollen Cremigkeit begleitet. Geschmacklich wird es dann deutlich süßer, wobei zunächst ein klassischer Vanillepudding im Vordergrund steht, der dann von einem bunten Fruchtkorb mit Birnen, Aprikosen und Kirschen begleitet wird. Danach folgt der Typ WS, der ebenfalls zunächst in französischer Eiche lagerte und dann ein Finish im White Sherry Fass erhalten hat. Hier fallen mir in der Nase zu Beginn süße Brotaromen und Puderzucker auf, dazu kommen aber auch Rosinen, frische Mandeln und etwas Eiche. Geschmacklich tritt die Mandel sogar noch mehr in den Vordergrund, dazu kommt aber auch eine gute Portion Honig. Kombiniert wird das Ganze mit sehr vielen würzigen Noten, im Abgang kommt dann das Eichenaroma wieder deutlich zum Vorschein.
Der folgende Five ist eine kleine Kuriosität, denn zum einen ist er ausschließlich aus schleswig-holsteinischer Bio-Gerste gebrannt, so dass er ein Bio-Zertifikat tragen darf, zum anderen hat er im Fass, das ausnahmsweise noch im Lager direkt bei der Destille reifte, sogar an Alkoholstärke hinzugewonnen, so dass er jetzt mit kräftigen 70,4% in die Flasche kam. Die Lagerung erfolgte hier ausschließlich in einem Refill Sherry Fass, mit fünf Jahren ist er der bisher älteste abgefüllte Whisky aus Dollerup. In der Nase gibt es wieder recht florale Noten, die mit hellen Früchten kombiniert werden. Der hohe Alkoholwert macht sich durchaus bemerkbar, ist aber nicht so ausgeprägt, wie ich es vermutet hätte. Am Gaumen ändert sich das, denn hier ist der Alkohol deutlich erkennbar, allerdings kommt auch eine ausgeprägte Kaffeenote zum Vorschein. Etwas Wasser muss her, dann wird er zunächst süß und scharf, mit noch einem zweiten Schuss Wasser treten Süße und Fruchtigkeit deutlich mehr in den Vordergrund.
Zum Abschluss gibt es dann die beiden rauchigen Abfüllungen. Anders als bei den nicht rauchigen Whiskys stammt das Malz hierfür nicht aus Deutschland, sondern wird aus Schottland importiert. Ich starte mit dem Typ SPX, der wieder zunächst in französischer Eiche reifte, bevor er in ein PX Fass umziehen durfte. In der Nase steht der Rauch hier gar nicht so sehr im Vordergrund, stattdessen gibt es viele florale Aromen in Kombination mit dunklen Früchten. Auch am Gaumen gibt es dann viel fruchtige Süße, die sich in Form von Pflaumen, Kirschen und Brombeeren bemerkbar macht. Mit der Zeit macht sich etwas Kakao bemerkbar, erst am Ende taucht auch der dezente Rauch auf. Das ist bisher mein Favorit und ich bin gespannt, ob der finale Typ KW, der in französischer Eiche reifte und ein Finish im Kirschwein Fass erhielt, mithalten kann. Hier gibt es auf jeden Fall ein deutlicheres Raucharoma in der Nase, das sich toll mit etwas Erdnuss verbindet. Kirsche und Mandel sind ebenfalls vorhanden, bleiben aber zunächst im Hintergrund. Am Gaumen ist die Kirsche noch deutlich intensiver, Mandel und Rauch tauchen auch wieder auf, brauchen aber etwas mehr Zeit.
Ich fand sowohl den Besuch vor Ort sehr spannend wie auch die Möglichkeit, mich zu Hause noch einmal durch die gesamte Range probieren zu können. Neben dem Corn Whisky ist der Typ SPX rauchig mein Favorit, aber auch bei allen anderen Whiskys gibt es spannende Noten zu entdecken. Probieren konnte ich zwischenzeitlich natürlich auch die drei Urstrom-Varianten, wobei mir das Wit besonders gut gefallen hat mit dem Orangen- und Koriander-Einfluss. Bevor wir übrigens unseren Besuch vor Ort beendet haben, konnten wir uns noch einmal ausführlich im Shop umsehen und auch dort noch den einen oder anderen Tropfen probieren. Auch abseits von Bier und Whisky gibt es hier richtig tolle Tropfen zu entdecken. Meine Frau konnte sich für den süßen Marzipan-Sahne-Likör begeistern, aber auch den Vanilla Fudge, einen Whisky Likör, fand sie sehr gut. Ich persönlich fand den Erdnussgeist richtig gut, aber auch Liebhaber von Kakao (dazu in den nächsten Wochen definitiv mehr!), Haselnuss, verschiedenen Früchten, Kräutern oder Ingwer kommen auf ihre Kosten. Wer also mal in der Nähe der dänischen Grenze unterwegs ist, dem sei ein Besuch in Dollerup absolut ans Herz gelegt.
Übersicht der verkosteten Whiskys:
Whisky Blend, 3yo, 46%, EUR 19,- (0,2l)
Molt Whisky Roggen, Straight Rye Whisky, Virgin Oak, 3yo, 46%, EUR 59,- (0,5l)
Dolleruper Corn Whisky, Corn Whisky, Kirschweinfass, 3yo, 46%, EUR 39,- (0,5l)
Dolleruper Molt Whisky Typ SPX, Single Malt Whisky, französische Eiche und Finish im PX Fass, 4yo, 57,6%, EUR 79,- (0,5l)
Dolleruper Molt Whisky Typ WS, Single Malt Whisky, französische Eiche und Finish im White Sherry Fass, 4yo, 60,2%, EUR 79,- (0,5l)
Dolleruper Molt Whisky Five, Single Malt Whisky, Refill Sherry Fass, 5yo, 70,4%, EUR 99,- (0,5l)
Dolleruper Molt Whisky Typ SPX rauchig, Single Malt Whisky, französische Eiche und Finish im PX Fass, 4yo, 52,4%, EUR 79,- (0,5l)
Dolleruper Molt Whisky Typ KW rauchig, Single Malt Whisky, französische Eiche und Finish im Kirschweinfass, 4yo, 57,7%, EUR 79,- (0,5l)
Die Proben wurden mir freundlicherweise kostenlos von der Dolleruper Destille kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Whisky kann auch online unter Dolleruper Destille bezogen werden.
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