Mittwoch, 4. Mai 2022

Festival des deutschen Whiskys auf Burg Scharfenstein (Verband deutscher Whiskybrenner) Tag 2

Vor einigen Tagen habe ich an dieser Stelle schon vom ersten Tag des Festivals des deutschen Whiskys in der Whiskywelt Burg Scharfenstein berichtet, der schon zahlreiche Highlights bot. Heute möchte ich vom zweiten Messetag berichten, der mit einer Öffnungszeit von prallen zehn Stunden nicht nur deutlich länger als der erste Tag war, sondern auch genauso viele spannende Tropfen in mein Glas gespült und für sehr interessante Gespräche an den Ständen gesorgt hat. Dazu kommen auch wieder zwei Tastings im Laufe des Messetages, nämlich ein weiteres Battle mit vier verschiedenen Ausstellern sowie einer Masterclass mit Bernd Ehbrecht, dem Mann hinter The Nine Springs. Schon um kurz nach 10:00 Uhr wurden meine Frau und ich von unserem Hotel im wenige Kilometer entfernten Wingerode abgeholt, so dass wir schon eine gute halbe Stunde vor Messeöffnung auf dem Gelände waren und den einen oder anderen Aussteller zum kleinen Plausch treffen konnten. Für einige war die Nacht offenbar recht kurz, denn bis spät in die Nacht wurde am Vortag gegessen, getrunken und gefeiert. Nur zu verständlich, denn so viele deutsche Brenner auf einem Haufen hat man nicht alle Tage und die letzten zwei Jahre haben auch hier für Entbehrungen gesorgt. Trotzdem waren alle voller Vorfreude auf die zweite Runde mit vielen Gästen, die sich für deutschen Whisky interessieren.


Sozusagen zum zweiten Frühstück hatten wir versprochen, gleich zu Beginn noch einmal bei der Gutsbrennerei Geuting vorbeizuschauen, wo wir einen zehn Jahr alten fassgelagerten Korn probierten. Außerdem gab es für meine Frau einen wirklich spannenden Whisky-Kräuter-Likör ins Glas, der mit einer nicht zu ausgeprägten Süße und schönen Kräuteraromen daherkam, wobei Anis hier am deutlichsten hervorstach. Dermaßen gut gestärkt holten wir noch unsere Tickets für das erste Tasting des Tages ab. Bevor dieses startete machten wir aber noch einen Abstecher zur Sauerländer Edelbrennerei mit ihrem Thousand Mountains, den ich wirklich sehr schätze. Als spezielle Messeabfüllung hatten sie ein kleines Fässchen dabei, in dem der fassstarke McRaven noch vier Monate in einem Laphroaig-Fass nachreifte. Herausgekommen ist ein toller Tropfen, den man eigentlich als einen 3in1 bezeichnen kann, denn zunächst ist er sehr süß, entwickelt dann im Mundraum eine spannende Würze und im Abgang kommt dann der Rauch zum Vorschein, der aber nicht zu überladen und zum Glück auch nicht medizinisch wirkte.

Im Anschluss schauten wir bei der Feinbrennerei Simon vorbei, wo wir zunächst einen spannenden Whiskey American Style, der im Charakter eines Bourbons gebrannt wurde, ins Glas bekamen. Bourbon ist generell nicht meine favorisierte Richtung, dieser Tropfen wirkte aber deutlich gefälliger und das Zusammenspiel aus süßen und würzigen Aromen gefiel mir sehr gut. Der folgende Pur Emmer brachte schöne Getreidenoten hervor, das Highlight war dann aber der brandneue Whisky is Art, der ein Finish im Triple Sec Orangenlikör Fass erhielt, was eine tolle Orangennote ins Glas gezaubert hat. Diesen Whisky werde ich in Kürze an dieser Stelle noch einmal genauer vorstellen. Danach rief aber das erste Tasting, in dem sich finch, die Schlitzer Destillerie, die Feinbrennerei Sasse und Tecker duellieren sollten. Sasse schickte den ersten eigenen Whisky ins Rennen, der auf Roggenbasis gebrannt wurde. Tatsächlich hat das für einen sehr gefälligen Tropfen gesorgt, der in der 1-Liter-Karaffe daherkommt, die später weiterverwendet werden kann. Seine 48% merkt man ihm nicht an, denn der Alkohol ist hervorragend eingebunden. Die Schlitzer Destillerie präsentierte anschließend den fünf Jahre alten Woody mit 51%, bei dem der Name Programm ist, denn neben viel Süße gibt es hier ausgeprägte Eichennoten.

Mein persönlicher Favorit der Runde war der folgende finch PrivateEdition Two Cask, der sich aus einem Rotwein- und einem Bourbon-Fass zusammensetzte. Beide Fässer lagen schon zehn Jahre lang im riesigen Fasslager der Brennerei nebeneinander und Hans-Gerhard Fink brachte einfach nicht übers Herz, sie zu trennen. Zu gut hatten sie sich die ganze Zeit über verstanden und auch die Vermählung ist als mehr als gelungen zu bezeichnen. Karamell, Kokos und Honig wurden später von dunkler Schokolade begleitet. So ein Whisky macht richtig viel Spaß! Abschließend präsentierte Tecker einen elf Jahre alten Single Grain als Vollreifung in einem Sauternes-Fass, das mit kräftigen 62,1% daherkam. Leider ist dieser Whisky inzwischen vergriffen, trotzdem werde ich ihn in Kürze noch einmal hier auf Herz und Nieren prüfen, denn ich konnte einen letzten Dram davon im Altglas zu mir nach Hause retten. Diesem Whisky tut aber sicherlich etwas Zeit im Glas sehr gut, die man natürlich auf einer Messe und vor allem im Messetasting nicht immer hat. Mir hat die Abfüllung trotzdem sehr gut gefallen.

Bei St. Kilian gab es neben dem neuen "Terence Hill The Hero - Voll auf die Nuss", einem sehr leckeren Haselnusslikör auf New Make-Basis, der am gleichen Abend erst im Online-Tasting live aus dem Bud Spencer Museum in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte, zwei besondere Abfüllungen. Zum einen wurde die aktuelle Distillery Only-Abfüllung ausgeschenkt, die im Rumfass reifen durfte. Hier hat der Rum deutliche Spuren hinterlassen und tolle Aromen exotischer Früchte ins Destillat gezaubert. Außerdem gab es eine besondere Messe-Abfüllung auf Basis des Peated aus ungarischer Eiche. Hier hatte ich viel Eiche erwartet, stattdessen fand ich eine tolle Mischung aus Rauch und viel Süße vor. Nach dem positiven Eindruck aus dem Tasting musste ich außerdem noch einmal bei Tecker vorbeischauen, wo es noch einen Single Grain aus Islay- und Amarone-Fass gab. Auch dieses süß-rauchige Erlebnis hat mich davon überzeugt, dass ich auch diese Brennerei zukünftig besser im Blick behalten muss.

Die Brennerei Farny aus dem Allgäu kannte ich schon vom Falken Whisky, der mich im letzten Jahr sehr überzeugt hat. Für die Messe gab es eine Sonderabfüllung, die zusätzlich vier Monate im Akazienfass gefinished wurde, was die süßen Fruchtaromen um Nüsse und Würze erweitert hat. Danach ließ Bernd Ehbrecht in der Masterclass von The Nine Springs seine Muskeln spielen und präsentierte fünf wirklich hervorragende Abfüllungen, darunter auch der grandiose Rioja aus der Single Cask Collection, den ich vor einigen Tagen an dieser Stelle vorgestellt habe. Außerdem wurden zwei Tropfen aus dem Portfass, ein Woodford Reserve Fass mit Moscatel-Finish sowie mit der Messeabfüllung der einzige rauchige Whisky des Tastings vorgestellt, der in europäischer Eiche und Bourbonfässern reifte und dann ein Finish in Moscatel und Madeira Fässern erhielt. Dazu plauderte Bernd über den Einfluss von Rohstoffen, Verarbeitung und Fassreifung, wobei er den Einfluss des Fasses für deutlich geringer hält, als von vielen angenommen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass nur ein gutes Endprodukt aus dem Fass kommen kann, wenn auch guter New Make zur Reifung ins Fass kommt. Und dessen kann man sich bei Nine Springs absolut sicher sein.

Bevor wir den Weg zurück ins Hotel antraten, stand noch ein kurzer Besuch bei Steinhauser mit dem Brigantia Bodensee Whisky an. Hier standen unter anderem verschiedene Finishes zur Auswahl, darunter auch ein Rum-, ein Sherry- und ein Gin-Finish, letzteres stammt aus Fässern, die zuvor den hauseigenen SeeGin enthalten haben. Alle drei haben durch die Finishes einen Extra-Twist bekommen, seien es exotische Fruchtaromen beim Rum, dunkle Früchte und Nüsse beim Sherry oder überraschend viel Süße und glücklicherweise nur dezenter Wacholder beim Gin. Ein besonderes Highlight war aber das Cognac Single Cask in Fassstärke. Mit dieser Destillerie werde ich mich in Zukunft definitiv noch genauer auseinandersetzen. Damit gingen dann aber auch wirklich zwei tolle Messetage zu Ende, die so viele neue Eindrücke mit sich gebracht haben, dass die Nachlese sicherlich noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird. Ich hoffe sehr darauf, dass die Messe auch im nächsten Jahr stattfinden wird, denn eine solch tolle Atmosphäre, die einen so spannenden Austausch mit den Ausstellern zulässt, findet man nur sehr selten.

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