Nach einem Jahr Corona-bedingter Pause darf in diesem Jahr endlich wieder der Bottle Market in Bremen stattfinden. Der Messefreitag war zwar nicht so gut besucht, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war, aber gerade für Besucher hatte das natürlich große Vorteile. Einerseits war es so möglich, jederzeit ausreichend Abstand zu anderen Personen zu halten, andererseits hatten die Aussteller auch etwas mehr Zeit für einen kleinen Austausch. Trotzdem habe ich von den Ausstellern immer wieder gehört, dass sie sehr zufrieden waren, denn sowohl im Ausschank wie im Flaschenverkauf lief das Geschäft sehr gut. Für meine Frau und mich gab es natürlich auch den einen oder anderen Dram, zum Beispiel beim fantastischen Sansibar Tasting, bei dem fünf der Geburtstagsabfüllungen vorgestellt wurden, aber auch an einigen der unzähligen, spannenden Stände. So sind fünf Messestunden wie im Flug vergangen.
Samstag, 20. November 2021
Messebericht Bottle Market Bremen 2021 Tag 1 (mit Sansibar Tasting)
Nachdem wir uns durch das wirklich gut durchdachte Einlasssystem geschleust hatten, machten wir zunächst Station bei Vibrant Stills bzw. Alba Import. Ich hatte schon im Vorfeld die leise Hoffnung, dass bis zur Messe der erste Whisky der Clydeside Distillery in Glasgow nach Deutschland kommt. Nachdem ich die Destillerie vor zwei Jahren besucht hatte, war ich extrem gespannt auf den Stobcross, der aufgrund von Corona nun unplanmäßig sogar vier statt drei Jahre reifte. Tatsächlich bekam ich den Stobcross dann auch ins Glas und hatte damit einen perfekten Messeeinstieg gefunden. Natürlich ist das ein junger Whisky, der noch nicht sonderlich viel Komplexität entwickelt hat, aber die tollen Fruchtaromen haben mir wirklich gut gefallen. Leider hatten wir am Stand nur wenig Zeit, weil wir gleich 30 Minuten nach Einlass ein Tasting gebucht hatten. Und dort wurde richtig aufgefahren! Jens Drewitz von Sansibar präsentierte fünf seiner Geburtstagsabfüllungen, von denen keine jünger als 19 Jahre war. Als ich in den Tastingraum kam, war ich zunächst enttäuscht, dass es nur 1cl pro Abfüllung gab, im Nachgang hat sich das aber als goldrichtig herausgestellt. Die Whiskys waren so spannend und fordernd, dass man innerhalb von einer Stunde gar nicht jeweils 2cl hätte trinken können, ohne dem Whisky die gebotene Wertschätzung verwehren zu müssen.
Insgesamt gibt es zum zehnjährigen Jubiläum von Sansibar Whisky sogar zwölf Whisky- und zwei Rumfässer, die abgefüllt wurden. Fünf davon hat Jens persönlich ausgesucht und die Labels und Verpackungen von der schottischen Künstlerin Ronnie Cruwys designen lassen. Diese Verbindung ist übrigens eher zufällig zustande gekommen, denn Jens hat Ronnie in einem Pub angesprochen, weil ihm aufgefallen ist, dass sie dort zeichnet. Ein gemeinsamer Dram führte dann zur Zusammenarbeit. Dass Ronnie eine bekannte Künstlerin ist, wusste Jens zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Den Start ins Tasting machte ein 30 Jahre alter Jura aus dem Bourbonfass. Karamell, Ananas, Eisbonbons und Kräuter sind die Aromen, die mir am meisten auffallen. Das macht den Whisky tatsächlich etwas eigenwillig, aber wahrscheinlich auch gerade deswegen sehr spannend. Auf den ältesten Whisky des Tastings folgte mit einem 19 Jahre alten Tomatin aus dem PX-Fass dann auch gleich der jüngste. Hier stehen viel Karamell, Mokka, Maggi, Nougat und Nüsse im Vordergrund, wobei vor allem die Nussigkeit mit der Zeit im Glas immer mehr zunimmt.
Der folgende Mortlach durfte 22 Jahre lang im Sherry Butt reifen, was für extrem viel Vanille gesorgt hat. Das Aroma geht fast schon in Richtung von Vanillekipferl, dazu kommen aber auch Karamell und Erdbeeren mit Sahne. Am Gaumen gibt es dann deutlich mehr Säure, denn Orangen, Grapefruits und Zitronen mischen sich unter die Erdbeeren und Gewürze. Der Clynelish 24yo aus dem Bourbonfass hatte es danach erst einmal schwer, denn er wirkt deutlich dezenter und fragiler. Fruchtig und floral mit vielen Äpfeln und Birnen kommt er in der Nase daher, während diese Noten am Gaumen dann noch durch Karamell, Zitrus und eine leichte Grasigkeit ergänzt werden. Im Abgang taucht außerdem eine Mischung aus mildem Pfeffer und Ingwer auf. Das Tasting-Finale stellte ein 24 Jahre alter Springbank aus dem Sherryfass mit Madeira-Finish dar. Diese Mischung klingt zunächst ungewöhnlich, aber Jens hat das Fass erst vor einiger Zeit gekauft und der vorherige Besitzer dachte sich, dass es eine gute Idee wäre, mit dem Madeira-Fass für weihnachtliche Aromen zu sorgen, denn Madeira wird in Schottland sehr gerne zu Weihnachten getrunken. In der Nase startet der Whisky dann mit Aprikose, Maggi und einem leichten Kellermuff, bevor am Gaumen dann rote Früchte, Beeren, Trockenfrüchte, Orangen und Zimt hinzukommen. Allein für diesen Whisky hätte die Teilnahme am Tasting schon gelohnt, aber auch die anderen vier wussten durchgängig zu überzeugen.
Mir war eigentlich klar, dass der nächste Whisky es sehr schwer haben würde nach diesem grandiosen Tasting, aber bei Sebastian Büssing am Stand von Loch Lomond gab es eine von ihm selbst ausgewählte Einzelfassabfüllung, die mir richtig gut gefallen hat. Der knappe dreizehn Jahre alte Whisky stammt aus einem First Fill Pineau des Charentes Hogshead und bringt eine Mischung fruchtigen Aromen, Honig und etwas Würze mit. Danach mussten wir natürlich auch unserem Lieblingsdruiden Michel Reick am Stand von Kirsch Import einen Besuch abstatten. Kaum am Stand angekommen, hatten wir auch schon die Messeabfüllung von Kirsch im Glas, nämlich einen fünf Jahre alten Emperor´s Way aus dem PX Fass unter dem Label vom Whisky Druid. Hier hat Michel mal wieder ein sehr gutes Händchen bei der Fassauswahl gehabt, denn die Mischung aus fruchtigen Noten und Räucherschinken gefällt mir richtig gut. Das galt übrigens auch für den sechs Jahre alten Smögen, der ebenfalls aus einem PX Fass stammt, aber deutlich stärker in die rauchige Richtung tendiert, dies jedoch auch in einer spannenden Kombination mit dunklen Früchten.
Bei Stork machten wir es uns dann auf dem beiden Gartenstühlen am Stand gemütlich und hielten einen kleinen Plausch mit Sebastian Brack, einem der drei Gründer der Destillerie. Dabei bekamen wir den neuen Rye Malt Whiskey ins Glas, der etwas milder, süßer und weniger kantig wirkte als der bereits länger auf dem Markt befindliche Rye Whiskey. Für mich ist das ein Whisky, auf den sich vermutlich sowohl Fans von Rye wie auch von Single Malts einigen können. Kurz vor Ende des ersten Messetages war dann natürlich noch ein Besuch bei der Sauerländer Edelbrennerei Pflicht. Natürlich hatten die Jungs wieder ein kleines 30-Liter-Fass mitgebracht, aus dem man am Stand probieren und sich auch eine eigene Flasche abfüllen konnte. Der fassstarke Whisky der Brennerei wurde Ende September in das kleine Sherryfass umgefüllt und schon in dieser kurzen Zeit hat das Fass eine tolle Fruchtigkeit und Würze in den Whisky gezaubert. Wer vielleicht mal an einem solchen Fass der Sauerländer vorbeikommt, sollte auf jeden Fall einen Schluck riskieren. Grundsätzlich haben die Whiskys der Brennerei für ihr relativ junges Alter schon eine wirklich tolle Aromenvielfalt.
Wie immer in Bremen gibt es auch wieder eine eigene Messeabfüllung. Wobei das nicht ganz richtig ist, denn in diesem Jahr wurden sogar gleich zwei Fässer abgefüllt. Ein neun Jahre alter Benrinnes aus dem Bourbonfass hält eigentlich genau das, was er verspricht. Helle Früchte, Vanille und Karamell machen ihn zu einem wirklich guten Trinkwhisky, der allerdings auch nicht mit der ganz großen Komplexität aufwarten kann. Gleiches gilt für den ein Jahr älteren Tomatin aus dem Sherry Hogshead. Dunkelfruchtig, Würze und Kräuter zeichnen diesen Tropfen aus. Preislich muss man hier ein echtes Kompliment machen, denn nicht nur der Dram für zwei Euro ist erschwinglich, sondern auch die Preise für die Flaschen sind mit EUR 54,- für den Benrinnes und EUR 59,- für den Tomatin mehr als fair. Danach ging es dann für meine Frau und mich zurück zum Hotel, das glücklicherweise gleich auf der anderen Straßenseite liegt. Schließlich gilt es nun, Kräfte für den zweiten Messetag zu sammeln, auf den wir uns schon sehr freuen. Schließlich gibt es noch so viele spannende Abfüllungen und Stände, die wir zum Teil noch gar nicht gesehen haben.
Die Tickets für die Messe wurden mir freundlicherweise kostenlos zur Verfügung gestellt.
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